Die Wahrheit: Die Schraubzwinge
In unserer Reihe „Schurken, die die Welt beherrschen wollen“ darf eine nicht fehlen: Kulturstaatsministerin Monika „Grusel“ Grütters.
Sie weiß, was sich gehört, und tritt in der Öffentlichkeit stets bekleidet auf. Selbst um den Hals trägt sie eine Perlenkette, damit er nicht nackt ist. Kein Fleck trübt Rock, Bluse und die Person dahinter; die Haare liegen artig zu einer Frisur geordnet auf dem Kopf, ein dezentes Parfüm strömt taktvoll von ihr ab, mitten im Gesicht steckt ein Lächeln: Monika Grütters gilt als moderne, allen Seiten angenehm schmeckende Konservative, um Welten entfernt von den gusseisernen Typen, die einst ihre Partei, die SPD … – Verzeihung, die CDU prägten. So scheint es.
Wenige wissen, wie tief der Schein trügt. In Wirklichkeit ist die Grütters tabulos bis auf die Haut und nach Büroschluss eine grenzenlose Partyschnepfe, die dafür berüchtigt ist, die Nächte durchzuorgeln und auf zügellosen Feten fernab ihrer auf Stromlinie gedimmten Politikerkollegen alles zu naschen, was in ihrem Kreislauf Platz hat. Es heißt, sie tanzt sogar noch unter dem Tisch!
Nur dank ihrer hundertprozentigen Kondition und Disziplin schafft sie es jeden Morgen, egal wie zerknüllt sie ist, aus dem Bett, um sich aufrecht zu waschen, glattzubügeln und ein Taxi nach Hause zu nehmen. Kurz darauf tritt sie wieder als sauber geputzte Politikerin adrett vor die Öffentlichkeit. Schmutzig sind nur ihre Witze!
Gewiss: Dass sie sich statt hochwertiger Kunst gerahmte Nasenpopel an die Wand hängt – von ihren Kabinettskollegen! –, ist gänzlich unbestätigt. Sicher: Dass sie Bücher nur von außen kennt und noch kein Symphoniekonzert von innen gesehen hat, ist bloß ein Gerücht. Zweifellos: Dass sie auf ihrer Website sogenannte Kulturtipps ausstreut, denen zufolge man die Unterwasseraufführung von Johann Peter Hebels „Nibelungen“ im Schwimmbad Niederuffeln/Nordhessen gesehen haben muss, ist eine groteske Ente, die hier nur der Vollständigkeit halber und um der Journalistenpflicht zur Ausgewogenheit Genüge zu tun, erwähnt sei. Nein, wirklich: Monika Grütters ist eine makellos polierte, mit allen gesellschaftlichen Normen geölte Ministerin, die selbstverständlich auch jeden Tag ihre kleinen und großen Geschäfte erledigt!
Im Restnebel der Nacht
Quatsch, soll natürlich heißen: die jeden Tag auch ihre Büroarbeit nach Strich und Faden erledigt, wie es sich gehört! Man darf eben nicht alles glauben, was mit leichter Hand dahingeschrieben wird, auch nicht, dass sie bei den Kabinettssitzungen, wenn erwachsene Minister debattieren, mit unqualifizierten Zwischenrufen dazwischen fährt, weil sie noch vom Restnebel der Nacht regiert wird.
Kaum jemand kennt nun mal den Menschen hinter Monika Grütters: Monika Grütters. Auch Ihr Berichterstatter nicht, nein, ganz und gar nicht. Es gibt da Dinge, die mitzuteilen selbst meine Fantasie sich sträubt!
Warum gerade sie zur Kulturstaatsministerin ernannt wurde, kann im politisch aufgereizten Berlin niemand sagen. Nur Angela Merkel. Obwohl in Wahrheit hetero, arbeitet sie ja seit Langem felsenfest daran, Frauen und noch mehr Frauen an ihren Regierungstisch zu binden! Und eine Frau ist Monika Grütters schon ihr Leben lang, wenigstens diese eine Tatsache muss in diesen völlig verwackelten Artikel rein.
Das heißt, um bei der Wahrheit zu bleiben, in jungen Jahren war sie noch ein Mädchen. Deshalb besuchte sie durchgehend das bischöfliche Mädchengymnasium in Münster, wo sie vornerum gute Noten sammelte und hinterrücks den Lehrerinnen Juckepulver in die Nonnentracht blies oder Löwensenf auf den Stuhl schmierte.
Trieb zur Erkenntnis
Dass sie anschließend Germanistik, Kunstgeschichte, Politikwissenschaft und Blabla studierte und sich, obwohl volljährig, bei der CDU einschrieb – war es wirklich Wissensdurst, Trieb zur Erkenntnis, der selbstlose Wunsch, mit Pauken und Trompeten der Allgemeinheit zu dienen? Nun, die Herren Professoren und Honoratioren wissen sehr gut, warum sie auf meine mehr als bissigen Nachfragen mit lauter roten Köpfen geantwortet hätten. Das wird man ja wohl noch behaupten dürfen!
Wenn nicht, sei steif darauf hingewiesen, dass Monika Grütters schon früh die Strippen schmierte, in den neunziger Jahren in die bekannt reinliche Berliner Politik eintauchte und sich dichtest an Klaus-Rüdiger Landowsky heranschob, der den milliardendicken Skandal um die Bankgesellschaft Berlin anrichtete, während sie als Kulturbeauftragte der Bank niemals keine Ahnung von nichts gehabt haben hatte. So.
Ganz anders jetzt, als Kulturbeauftragte der Bundesregierung! Ob es um die porentief deutsche Stiftung „Flucht, Vertreibung, Verblödung“ geht oder, um ein zweites Beispiel aus der Luft zu greifen, die reibungslose Restitution einer tausendjährigen Kulturnation auf dem unendlichen Globus oder was und wie oder warum auch immer – hier hat sie schon viel getan und noch mehr erreicht.
Und nachdem auch dies ausreichend gewürdigt ist, kann ich diesen aufwendig recherchierten Artikel endlich zuklappen. Sollten Sie mit ihm unzufrieden sein, so lesen Sie ihn bitte gar nicht erst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung