piwik no script img

Die WahrheitDie braune Insel

„Star Wars“ beschädigt eine mittelalterliche Klosteranlage, die zum Weltkulturerbe gehört. Und die Politik macht mit.

Die Fans von „Star Wars“, zu Deutsch „Krieg der Sterne“, mögen bitte davon Abstand nehmen, diese Kolumne zu lesen. Ich sage es vorweg: Ich habe mir vor langer Zeit eine der Folgen angesehen, fand sie unendlich langweilig und hakte die Sache für mich ab. Statt dieses Märchens vom andauernden Kampf zwischen Gut und Böse in einer „weit entfernten Galaxie“, verbrämt als Science Fiction, lese ich lieber ein Buch der Brüder Grimm.

Dass ich mich dennoch zu dem Sternenquatsch äußere, hat einen Grund: Im Gegensatz zu „Star Wars“ liegt mir Skellig Michael am Herzen. Auf dem Felsen, der rund zwölf Kilometer vor der Küste Südwestirlands im Atlantik liegt, steht eine mittelalterliche Klosteranlage, die zum Weltkulturerbe gehört. Man erreicht sie über eine Steintreppe mit fast 600 Stufen. Was müssen die Mönche damals geschuftet haben, um die Anlage zu errichten. Und dann mussten sie sich 823 auch noch einem Ansturm der Wikinger erwehren.

Heute wohnt niemand mehr auf der Insel, sie ist aber Brutstätte für Papageientaucher und Trottellummen. Das Parlament in Dublin hingegen ist eine Brutstätte für andere Trottel. Einer von ihnen, der Abgeordnete Jimmy Deenihan, hat die Disney-Filmproduktionsfirma eingeladen, die „Star Wars“-Filme VII und VIII auf Skellig Michael zu drehen. Der eine kommt Dezember in die Kinos, der andere nächstes Jahr.

Ein anderer Trottel, Kulturministerin Heather Humphreys, hatte für die Dreharbeiten ein Marineschiff angefordert. Es sollte Neugierige während der Dreharbeiten von der Insel fernhalten. Humphreys hat keine Ahnung von Kultur, und Irisch kann sie auch nicht, obwohl sie für die Gaeltachts, die irischsprachigen Gebiete, zuständig ist.

Humphreys gab bekannt, Disney erwarte, dass alles geheim bleibe, bis die Filmfirma“bereit sei, die Verlautbarung abzugeben, die sie in Verbindung mit ihren Projekten abgeben will“. Der verschwurbelte Satz bedeutet, dass die Bevölkerung nur dann erfährt, was mit ihrem Weltkulturerbe geschieht, wenn Disney das will.

Disney wollte wohl nicht, dass jemand von den Schäden erfährt, den das Filmteam angerichtet hat. Der Eingang zum Kloster ist beschädigt worden, und acht Stufen müssen ebenfalls repariert werden – auf Kosten der irischen Steuerzahler. Man hat Disney nicht mal eine Gebühr für die Benutzung der Insel oder den Einsatz des Marineschiffs abgeknöpft. Die Arschkriecherei der Politiker vor einem der größten Medienkonzerne der Welt geht so weit, dass die Grüne Insel demnächst in Braune Insel umbenannt wird.

Der Film werde Skellig Michael in der ganzen Welt bekannt machen, rhabarberte Deenihan. „Milliarden Menschen werden die Filme sehen, und Tausende Touristen werden zum Felsen kommen.“ Bisher hatte Skellig Michael nur deshalb intakt überlebt, weil nicht so viele Touristen auf die abgelegene Insel gekommen sind. Möge Disney den Trottel in eine möglichst weit entfernte Galaxie schießen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!