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Die WahrheitGottkönigs Geburtstag

Der Dalai Lama, der Gottkönig mit der kahlrasierten Birne, wird ausgerechnet am Montag genau runde 80 Jahre: Holy Shit!

Psychisch und meist auch mental ist der Dalai Lama auf dem Stand eines Vierjährigen. Foto: dpa/EPA

Das Jahr 2015, laut tibetischem Kalender das des Holzschafs, steht unter überaus glücksverheißenden Vorzeichen: am 6. Juli feiert „Seine Heiligkeit“ der 14. Dalai Lama, Herrscher über das Land des Schnees und Bewahrer des rechten Glaubens, seinen 80. Geburtstag.

Buddhistischer Berechnung zufolge vollendet er freilich schon sein 624. Lebensjahr, gilt er doch als Wiedergeburt seiner dreizehn Amtsvorgänger, als deren erster er Anfang des 15. Jahrhunderts in das Amt des Großabtes der von seinem Onkel begründeten Sekte der Gelbmützen bestellt worden war, der er bis heute in ungebrochener Reinkarnationsfolge vorsteht.

Er selbst spricht von tausenden und abertausenden aufeinanderfolgender Lebenszyklen, die er bereits durchlaufen habe, letztlich sei er niemand anderer als die leibhaftige Verkörperung der höchsten Gottheit auf dem Dache der Welt, des elfköpfigen und tausendarmigen Chenrezig, der in grauer Vorzeit das Volk der Tibeter gezeugt habe. Zwei Warzen unterhalb seiner Schulterblätter stellten unzweifelhaft eine Art rudimentärer Überbleibsel dessen zusätzlicher neunhundertachtundneunzig Arme dar. Zudem verfüge er über Ohren von einer Größe, wie nur göttliche Wesen sie trügen.

Ständige Hanswurstiaden

Nein, der ältere Herr in der roten Kutte versteht sich keineswegs als Komiker, gleichwohl seine enorme Popularität nicht zuletzt derlei Absurditäten zuzuschreiben ist; samt den Hanswurstiaden, die er fortlaufend veranstaltet: wenn er bei seinen Vorträgen unmotiviert losgackert oder auf seinem Thron hin- und herschaukelt, dass es aussieht, als werde er jeden Augenblick herunterfallen, gerät sein Publikum regelmäßig in Verzückung.

Psychisch und in weiten Teilen auch mental ist der Dalai Lama auf dem Stand eines Vierjährigen.

Er selbst, Jetsun Jamphel Ngawang Lobsang Yeshi Tenzin Gyatso Sisum Wangyur Tsungpa Mepai Dhe Palsangpo, hält sich vollen Ernstes für all das, was sein Endlosname bedeutet: für den Heiligsten, Barmherzigsten, Ruhmreichsten, Sanftesten, Mitleidvollsten, Sprachgewaltigsten und so fort aller, den Dalai Lama eben, Ozean des Weistums und Gottkönig Tibets.

Gottkönig ist der Herr mit der kahlrasierten Birne seit frühester Kindheit. Im Winter 1937/38, er war gerade einmal zweieinhalb Jahre alt, kam ein von der Regierung in Lhasa ausgesandter Suchtrupp in die entlegene Gegend im Nordosten des Landes, auf der Suche nach der Reinkarnation des vier Jahre zuvor verstorbenen 13. Dalai Lama. Tatsächlich wurde der Trupp in der Familie zweier ortsansässiger Mönche fündig, die just einen kleinen Bruder im Alter des gesuchten Kindes hatten.

Sinnfreies Dasein

Im Sommer 1939 wurde der mittlerweile Vierjährige in die tibetische Hauptstadt überstellt und am 22. Februar 1940 offiziell als geistliches Oberhaupt Tibets inthronisiert. Hermetisch abgeschottet gegen jeden äußeren Einfluß wurde er in der Folge zu einem völlig selbst- und weltentfremdeten Autisten hinerzogen, darauf gedrillt, fehlerfrei buddhistische Lehrtexte aus dem 11. oder 12. Jahrhundert zu rezitieren.

Niemals hatte er auch nur den Hauch einer Chance auf einen vernünftigen Gedanken oder eine freie Entscheidung. Psychisch und in großen Teilen auch mental blieb er auf dem Stand eines Vierjährigen stehen: so ist er überzeugt von Karma und Wiedergeburt und glaubt unbeirrbar an Astrologie, Hellseherei, Psychokinese und jedweden sonstigen Esoterikunsinn.

Besonders gerne spricht er von den blutrünstigen Teufeln, Hexen und Dämonen, von denen der tibetische Buddhismus wie kein anderes Religionssystem durchzogen ist. Allein sechzehn Höllen warteten auf den, der die Gebote der Lamas missachtet. In einer davon werde man mit einem brennenden, spitzen Pfahl vom Anus her durchstoßen, bis dieser wieder am Scheitel austritt. In einer anderen falle man in einen stinkenden Sumpf aus Exkrementen, um bis zum Hals darin zu versinken; zugleich werde man von den scharfen Schnäbeln der in diesem Sumpf lebenden Insekten bis aufs Mark zerfressen und zerpickt.

Bis heute erklärt der Dalai Lama, begleitet meist von infantilem Gekichere, dass die in den buddhistischen Texten mit sadistischem Detailreichtum beschriebenen Orte der Qual keineswegs metaphorisch zu verstehen seien, sondern dass die verschiedenen Höllen wirklich existieren. Selbstredend kann der Großmeister aller Geheimwissenschaften auch in die Zukunft blicken. Seinen Traumgesichten zufolge werde er im Alter von 113 Jahren, also im Jahre 2048, von der weltlichen Bühne abtreten.

Indes sei auch seine Wiedergeburt bereits beschlossene Sache. Er werde definitiv als 15. Dalai Lama wiederkehren, ob nun in traditioneller Manier, sprich: reinkarniert als Kind einer tibetischen Familie, oder in modernisierter Form – unmittelbar nach seinem Tode remanifestiert in einem hochrangigen Mönch seines engsten Umfeldes – stehe allerdings noch nicht fest.

Irgendwie kann er einem auch leidtun, der ältere Herr in seiner roten Kutte: ein Leben nach dem anderen gefangen in der surrealen Wahnwelt eines tibetischen Gottkönigs.

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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ein flacher und dümmlicher geistiger Erguss wird nicht dadurch erheiternd oder gar substanzschwanger, dass er in der TAZ als Satire erscheint. Mir ist es nur möglich über Herrn Goldner zu lachen. Der Text selbst ist einfach nur unterirdisch. Aber für den interessierten Leser sei folgender Beitrag empfohlen: http://info-buddhismus.de/Colin_Goldner_Dalai_Lama_Gottkoenig_Wissenschaftsjournalist.html

    By the way: Wenn, wer auch immer, auch nur tendenziell Ähnliches über Herrn Goldner veröffentlichen würde, hätte er ruck zuck eine Abmahnung seiner Anwälte im Kasten. Da versteht Herr Goldner überhaupt keinen Spass....

  • Dass dieser im Ton plumpe, zwischen den Zeilen gehässige und inhaltlich ziemlich substanzlose Artikel ausgerechnet in der Rubrik "Satire" auftaucht - das amüsiert mich schon: Ein Hoch auf die Meinungsfreiheit! Der Autor verstand übrigens vor einigen Jahren überhaupt keinen Humor, als er eine buddhistische Fachzeitschrift in Österreich verklagte, weil sie ihn beinahe in derselben Sprache rezensierte, mit der Herr Goldner über den Dalai Lama und andere Intimfeinde her zog. Erfolglos: Die Bezeichnung "verblendeter Fanatiker" für den Autor des Buches "Dalai Lama - Fall eines Gottkönig" war juristisch nicht zu beanstanden.

     

    Sicher: Man muss nicht alles am Dalai Lama mögen. Aber dass Zorn giftig macht und Lachen gesund ist - mit derlei Statements kann ich mich durchaus anfreunden. (Ganz jenseits irgendwelcher 'religiösen Gefühle'.)

  • Gähn, das kennen wir doch schon...

    Bitte einen neuen Lieblingsfeind. wie wäre es mit den Minions? Die haben auch keine Haare, stehen auf diktatorische Strukturen, kichern blöd und alle haben sie lieb.

  • Dieser Artikel ist eine Zumutung. Auf die vielen inhaltlichen Fehler und billigen Vorurteile will ich hier gar nicht eingehen - dafür wäre der Platz hier nicht ausreichend.

    Auch dass er im gröbsten Maße religiöse Gefühle verletzt und auf dümmliche Weise auf den Traditionen und der Kultur anderer Völker herumtrampelt, will ich hier nicht thematisieren.

    Mich schockiert der Ton und der Geist dahinter. Hier kommt eine erschreckende Intoleranz hervor, die es lange so nicht gegeben hat und erst durch Pegida und andere extremistische Strömungen wieder möglich geworden ist. Wenn jetzt auch in der linken TAZ auf diese Weise gehetzt wird, sehe ich schwarz für die aufgeklärte Gesellschaft.

    • @Nils Clausen:

      "Wenn jetzt auch in der linken TAZ auf diese Weise gehetzt wird, sehe ich schwarz für die aufgeklärte Gesellschaft."

      Ein satirischer Artikel, der sich kritisch mit einer religiösen Person auseinandersetzt ist also eine Gefahr für die aufgeklärte Gesellschaft. Darauf muss man auch erstmal kommen.

    • @Nils Clausen:

      Wahrscheinlich hast du in deiner Schockstarre übersehen, dass der Artikel auf der Wahrheit(=Satire)Seite steht. Abgesehen davon aber: was sind denn die "vielen inhaltlichen Fehler", von denen du sprichtst? Für zwei, drei Beispiele wäre der Platz sicher ausreichend. (Und ich werde dir dann Beispiele aufzählen, weshalb der Dalai Lama und seine kritiklose Verehrung Zumutung sind, z.B. seine freundschaftlichen Kontakte zu SS-Leuten wie Harrer und Beger oder seine Unterstützung des Sektenführers und späteren Massenmörders Asahara; oder seine jahrzehntelange Finanzierung durch die CIA; oder seine enge Freundschaft zu G.W.Bush etc.pp).

  • Das großformatig (auch in der taz) beworbene Buch des Dalai Lama zu seinem 80. Geburtstag ist ein dünnbieriges Uralt-Interview, das der nach rechts weithin offene TV-Journalist Franz Alt (u.a. Autor der Nationalzeitung) mit dem "Gottkönig" geführt hat. Herausgegeben wird das 56-Seiten-Büchlein vom "Benevento"-Verlag, einem Ableger des "Red-Bull"-Energydrink-Herstellers.

     

    Gut, dass wenigstens die "Wahrheit" dem Gesurmse um die tibetischen "Heiligkeit" was entgegengesetzt hat.