Die Wahrheit: Todesengel der Technik
Nicht anfassen! Der Autor dieser Kolumne besitzt ein paar Hände des Schreckens: Was auch immer an technischen Geräten er berührt, brennt durch oder explodiert.
Langsam glaube ich es selbst. Meine Freunde behaupten, ich habe ein Händchen des Todes für elektrische und elektronische Geräte. Zeichner Toms unabstürzbarer Computer stürzte einmal ab, nachdem ich ihn kurz benutzt hatte. Tom war bestürzt. Bei Redakteur Michael Ringels Handy fror der Bildschirm ein, als ich mir ein Foto ansehen wollte. Er blieb erstaunlich gelassen. "Ich will mir morgen ohnehin das neue iPhone kaufen", sagte er. "Glaubst du, sonst hätte ich dir mein Telefon in die Hand gegeben?"
Meinem eigenen schnurlosen Telefon erging es nicht besser. Es war ein Kombigerät, mit dem man auch skypen konnte. Theoretisch jedenfalls. Ich konnte weder skypen noch normale Telefongespräche führen. Mein Freund Aribert, der im Gegensatz zu mir über heilende Hände für allerlei Gerätschaften verfügt, nahm das Telefon mit und brachte es am nächsten Tag mit der Bemerkung zurück: "Bei mir funktioniert es tadellos."
Als ich es ausprobierte, brannte die Basisstation durch. Nach einer Woche traf das Ersatzteil ein, das ebenso wenig mit mir kooperierte, während es bei Aribert einwandfrei arbeitete. Ich schenkte ihm das Telefon, das sich bei ihm sehr wohlfühlt.
Es hatte bei mir schon in jungen Jahren angefangen: Als mein Onkel stolz seine neue Spiegelreflexkamera vorführte und ich ein Foto machen wollte, verklemmte sich der Spiegel. Offenbar beschränken sich meine Unheil bringenden Fähigkeiten aber nicht auf Kleingeräte. Als ich vorige Woche nach Düsseldorf wollte, hatte das Flugzeug zwei Stunden Verspätung - "wegen rätselhafter technischer Probleme". Dabei hatte ich die Maschine nicht mal angefasst.
Der Zug, mit dem ich weiterreisen wollte, wurde in letzter Minute gestrichen - "wegen unerwarteter technischer Probleme". Auf dem Rückweg geschah das Gleiche: Erst musste ein ganzer Eisenbahnwaggon gesperrt werden, weil ihn jemand um acht Uhr morgens vollgekotzt hatte, wofür ich nun wirklich nichts konnte. Dann hatte die Bahn 20 Minuten Verspätung, natürlich wegen technischer Probleme, wodurch ich den Anschlusszug verpasste und ein Taxi nehmen musste, um nicht noch den Flug zu verpassen.
Ich werde Aribert künftig bitten, seine Hände kurz auf meine Flug- und Bahntickets zu legen, um mein schlechtes Karma zu neutralisieren. Ringel meinte, ich solle mich von der Stiftung Warentest anstellen lassen: Falls ein Gerät meine Handhabung übersteht, bekomme es das Gütesiegel "S-geprüft". Tom sagte hingegen, es wäre lukrativer, den Media-Markt zu erpressen: "Du drohst einfach damit, alle Geräte im Laden anzufassen, falls sie dir nicht umgehend Geld geben."
Er empfahl mir den Film "Schrecken der Medusa", eine Mischung aus Thriller, Horror- und Katastrophenfilm. Darin spielt Richard Burton einen Mann, der Katastrophen auslösen kann, zum Beispiel lässt er eine Kathedrale einkrachen, einen Jumbo-Jet abstürzen und eine Mondlandung missglücken. "Im Grunde ist das ein Film über dich", sagte Tom. Ich habe mir den Streifen bestellt. Vermutlich wird der DVD-Spieler explodieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus