Die Wahrheit: Ich tolles Tinchen!
91 Prozent der Deutschen wollen die Wulff-Memoiren nicht lesen. Für den Rest hier exklusiv der Vorabdruck der Memoiren von Bettina Wulff.
91 Prozent der Deutschen wollen die Wulff-Memoiren nicht lesen, hat das Lockenwicklermagazin Closer kürzlich bei einer Meinungsumfrage herausgefunden. Aber da die Wahrheit noch nie mit der Masse geschwommen ist, präsentieren wir heute an dieser Stelle weltexklusiv für mindestens neun Prozent der deutschen Bevölkerung einen Vorgeschmack auf die sensationellen Memoiren der ehemaligen First Lady Bettina Wulff.
April 2010
Am Abendbrottisch in der Bulthaup-Küche (29.000 Euro inklusive Montage) in Großburgwedel beraten wir über Christians Jobperspektiven. Vom Kanzler rate ich dringend ab. Das ist richtig schwere Arbeit: früh aufstehen, verdammt schlecht bezahlt (15.832,79 Euro monatlich), und den ganzen Tag hat man nur mit armen Leuten zu tun, Griechen, Hartz-IV-Empfänger (375 Euro) und so weiter. Wie deprimierend! Obwohl ich Merkels dummes Gesicht sehen möchte, wenn Christian ihr das Pöstchen wegschnappt. Aber Bundespräsident wäre schon lukrativer. Sogar Horst meinte neulich, der Job sei „wirklich easy“ und der Ehrensold hinterher eine „feine Sache“.
September 2010
Wir sind Bundespräsident. Der erste Staatsbesuch führt uns – natürlich – in die Schweiz. „Die Deutschen lieben die Schweiz aus vielerlei Gründen“, sagt Christian augenzwinkernd vor Medienvertretern, die wie immer nur Bahnhof verstehen.
Oktober 2010
Wir waren in einem Designer-Outlet bei Wolfsburg. Habe drei neue Jeans (29,90 Euro) gekauft. Christian hat seinen Redenschreiber gefeuert und wieder viele tausend Euro gespart. Werde mir davon den Rollkoffer von Gucci (13.000 Euro) für unsere Türkeireise gönnen und bin in bester Stimmung. Auch das Problem mit der Rede vor dem türkischen Parlament ist gelöst. Warum die alte Rede mit dem Islam-Quatsch nicht noch einmal verwenden? Ich muss meine Kostüme schließlich auch zweimal tragen. Religion kommt immer gut an. Habe mir Annalenas alten Tintenkiller geschnappt und das Manuskript ein bisschen frisiert. „Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei“, steht da jetzt. Klingt doch gut. Apropos frisiert. Ich brauche vor der Reise unbedingt einen Termin bei Udo.
August 2011
Im Schloss Bellevue steht jede Menge altes Gerümpel rum. Voodoo-Masken, chinesische Blumenvasen, Kuckucksuhren, ausgestopfte Tiere. Den Krempel braucht kein Mensch. Hatte die Idee zu einer großen Auktion. Habe uns unter dem Mitgliedsnamen „chris2011“ bei eBay angemeldet und verhökere das Zeug zu Wahnsinnspreisen. Das staubige Hirschgeweih mit der Breschnew-Widmung war der absolute Renner (34.000 Euro).
September 2011
Haben die Diekmanns in Potsdam besucht und im Garten Apfelkuchen gegessen. Ein tolles Haus! Vor allem um den Havelblick beneide ich die beiden total. Unsere Klinkersteinbutze wirkt direkt ärmlich dagegen. Christian hat Kai gleich mal nach günstigen Krediten gefragt. Aber der feine Herr Bild-Chefredakteur hält sich so was von bedeckt. Immerhin haben wir jetzt endlich seine private Handynummer.
November 2011
Es wird ernst. Wir fahren nach Polen. Vergangenheitsbewältigung usw. Christian hat am Morgen seine Stirn in Falten gelegt und geflüstert: „Bettinchen, wir müssen uns dort wirklich gut benehmen.“ Geht klar. Die Goldzähne bleiben dort, wo sie liegen. Heiße ich vielleicht Lea Rosh?
Dezember 2011
Endlich sind die Slingpumps von Vicini (554 Euro) gekommen. Edel, aber verdammt hoch. Christian wird meckern, er mag es nicht, wenn ich größer bin als er. Carla trägt ja aus Rücksicht auf Sarko nur noch ganz flache Schuhe. Pfff … wenn ich ihre Beine hätte, würde ich sogar in Schlappen rumlaufen. Schon geil, die Bruni. Carsten meinte neulich, Vroni und ich sollten einfach auch so eine CD mit erotischen Liedern aufnehmen. Irgendwas mit „Titten gucken, Schniedel gucken“ im Refrain. Vielleicht läuft aber „L’amour et l’argent“ doch besser. Gestern Abend rief noch irgendein Journalist an und fragte, wer eigentlich meine Vicinis bezahlt hat. Das weiß ich doch nicht!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch