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Die WahrheitÜBER SCHEITERHAUFEN

Kolumne
von Frank Schäfer

Gute alte Zeit, als man noch an jedem Wochenende die grundstückseigene Köhlerei anwerfen und bedeutungsschwangere Rauchzeichen gen Himmel schicken durfte.

G ute alte Zeit, als man noch an jedem Wochenende die grundstückseigene Köhlerei anwerfen und bedeutungsschwangere Rauchzeichen gen Himmel schicken durfte. Und wenn noch ein alter Treckerreifen oder ein Kanister Altöl übrig war – es hat kein Hahn danach gekräht! Aber vor etwa einem Vierteljahrhundert haben die Behörden das Verbrennen von Abfällen im eigenen Garten mit dem Status der Ordnungswidrigkeit geadelt. Im Dorf zirkuliert eine etwas andere Sprachregelung, die mir der Nachbar kollegial mitteilt. „Es wird jetzt nicht mehr so gern gesehen.“ Will sagen, man darf schon, wenn es sein muss, soll sich aber wenigstens ein bisschen schlecht dabei fühlen.

Und es funktioniert. Weil der Landmensch ein gesundes Unrechtsbewusstsein hat, kaschiert er kleinere Kremierungsaktionen als fröhliche Feuerkorb-Zündelei mit anschließendem Stockbrotbacken für die Kinder. Und die richtige Tabula-rasa-Attacke legt er auf die Woche vor Ostern, um Baum- und Buschschnitt, Gehölz und Geäst anhängerweise zum großen heidnischen und voll legalen Scheiterhaufen zu fahren.

Aber Achtung! „Keine Stuken!“ Davor warnt die lokale Feuerwehr jedes Jahr, denn Baumstümpfe und Wurzelwerk, eben dies meint das schöne plattdeutsche Wort, sind offenbar renitent und verbrennen nicht so rückstandsfrei, wie sich der Blauuniformierte das wünscht.

Ich fuhr also vor, meldete mich ordnungsgemäß bei dem wachhabenden Feuerwehrhauptmann an, und als der meine Ladung sah, begann er zu schimpfen, wie er es von seinem Vater gelernt hatte. „Neeneeenee, hier keine Stuken, damit kannste gleich wieder umdrehen …“ Aber auch ich hatte gut aufgepasst in meiner Kindheit. „Erstmal guten Tach“, antwortete ich und gab dem Mann freimütig die Hand. Die harten Züge des freiwilligen Feuerwehrmanns entspannten sich sofort, wurden weicher, und nach einem Blick in seine rechte Handinnenfläche nachgerade sonnig. Und so säuselte er sanftmütig: „Schmeißte aber schön hoch rauf!“ Sein alter Herr wäre stolz auf ihn gewesen.

Als ich frohen Sinnes wiederkam von meiner Exkursion, erinnerte ich mich an noch eine alte Schullegende. Nach den Osterferien fiel ein Lehrer für unbestimmte Zeit wegen Krankheit aus, und ein Gerücht sickerte zu uns Oberstuflern durch. Suff und österliche Feuersbrunst hatten, so kolportierte es das schadenfrohe Kollegium, seinen Verstand so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass er am Ende der Nacht durch die heruntergebrannte Glut gelaufen war, dreiviertel der Strecke dann auch schon unter schaurigem Geheul und flink wie ein Höllenhund hinter sich gebracht hatte, dann aber doch noch über einen Stuken stolperte und also mit mittleren Verbrennungen ins Kreiskrankenhaus eingeliefert werden musste.

Nach diesem Feuerlauf köchelte die Reputation des Mannes an unserer Schule auf eher kleiner Flamme. Er war verbrannt. Und so musste er etwas später aus reiner Notwehr vor der jungen Sekretärin blankziehen, um endlich auf eine andere Schule strafversetzt zu werden.

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