Die Wahrheit: Nazis unterm Eis
Neues vom Mayakalender: Kein Weltuntergang im Führerbunker.
Im Zuge des demnächst laut Maya-Kalender anstehenden Weltuntergangs werden ältere Katastrophenszenarien plötzlich wieder aktuell. Die kürzliche Entdeckung des fünften Pluto-Mondes war deshalb nicht nur ein wissenschaftliches Ereignis, sondern auch ein wichtiges Update für alternative Sichtweisen auf den Kosmos. Dass der entdeckte Himmelskörper wie auch der Zwergplanet, um den er kreist, offenbar zu beträchtlichen Teilen aus Eis bestehen, lässt nämlich den Schluss zu, dass an der sogenannten Welteislehre doch etwas dran ist.
Die von dem Österreicher Hanns Hörbiger vor hundert Jahren aufgestellte „Glazialkosmogonie“ behauptet, dass das Weltall in Himmelskörper aus Feuer und solche aus Eis aufgeteilt ist. Letztgenannte bestehen aus einem wässrigen Kern, der von einer Eishülle zusammengehalten wird. Die Milchstraße ist also eine gigantische, galaktische Schneelandschaft mit Skipisten, Rodelhängen und Eisbahnen, was zwar erst mal exotisch klingt, angesichts der Herkunft Hörbigers aber nicht weiter verwunderlich.
Da Hörbiger auf der Sonne keine Hinweise auf Eis finden konnte, rechnete er sie den Himmelskörpern aus Feuer zu. Die Erde ist nach seiner Meinung in einem Zwischenstadium zwischen Feuer, Eis und Metall und soll am Anfang ihrer Geschichte von sechs Monden umkreist worden sein.
Im Laufe der Jahrmillionen stürzten die Erdtrabanten der Reihe nach herab und lösten dabei gewaltige Flutkatastrophen aus. Der letzte abstürzende Mond war für die biblische Sintflut verantwortlich. Den Einschlag der riesigen Wassereiskugel überlebten demnach nur Noah mit seiner Arche und ein paar Atlanter, die vorige Abstürze schon heil überstanden hatten.
Vor allem in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts fand diese fantasievolle Welterklärung viele Anhänger. Und auch Atlantis war ein massentaugliches Thema. Der fieberhaft gesuchte Kontinent, der übrigens unterging, weil wieder einmal einer von Hörbigers Monden abstürzte, beherbergte schon vor Milliarden von Jahren eine Zivilisation, die weiter entwickelt war als wir heute.
Führende deutsche Denker, die den Thesen Hörbigers sehr nahestanden, wie zum Beispiel Heinrich Himmler, sahen in Atlantis eine arische Hochkultur, deren Mitglieder sich vor einem der Mondabstürze auf das sogenannte Dach der Welt ins tibetische Hochland gerettet hatten. In den Bergen sollen sie ausgeklügelte unterirdische Höhlensysteme angelegt haben, in denen sie über Jahrmillionen ihr altes Wissen, wie zum Beispiel „Tausend tolle Kartoffelrezepte“ bewahrten.
In direktem Zusammenhang mit der Welteislehre steht vermutlich auch die Theorie der hohlen Erde. Das Wasser aus dem Erdinneren könnte ja ausgelaufen sein. Die beliebte Vorstellung, dass wir auf der Oberfläche eines Hohlkörpers leben, erklärt schlagend die Existenz des legendenumwobenen „Neuschwabenlandes“, auf die immer noch manche Deutschen ihre Hoffnung setzen.
Mit Neuschwabenland ist nicht etwa Prenzlauer Berg gemeint, sondern ein am Südpol gelegenes unterirdisches Nazireich. Dort soll Adolf Hitler im Kreis seiner Getreuen sitzen und wie seine arischen Artgenossen in den Bergen Tibets altes Wissen bewahren, nämlich Bauanleitungen für Reichsflugscheiben, zwei Belegexemplare seines Bestsellers „Mein Kampf“ und „Tausend tolle Kartoffelrezepte für die Weltherrschaft“.
Wie weit die Neuschwabennazis mit der Entwicklung der Reichsflugscheiben schon sind, ist umstritten, aber bei der Menge an UFO-Sichtungen, die jedes Jahr registriert werden, ist zu vermuten, dass sie den Linienbetrieb längst aufgenommen haben und die Weltherrschaft bald an sich reißen. Vielleicht gibt es sogar eine Flugverbindung zur Rückseite des Mondes, die ja bekanntlich auch von Nazis bewohnt wird.
Rosige Zeiten also für Freunde der schwarzen Sonne, sollte man meinen. Es melden sich aber auch skeptische Stimmen zu Wort, die darauf hinweisen, dass die Höhlen unter dem Nordpol vermutlich ebenfalls bewohnt sind. Und zwar von Stalin und Kennedy zusammen. Dieses schlagfertige Duo wartet nur darauf, dass die Altnazis losschlagen. Und sollte sich dann noch herausstellen, dass die Amerikaner doch auf dem Mond waren, dann heißt es: Neuschwabenland, das ist dein Untergang!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?