Die Wahrheit: Seriöse Drogenkuriere gesucht
Der Plan klang gut. Aber man hatte die Boshaftigkeit so mancher Internetnutzer unterschätzt. ...
D er Plan klang gut. Aber man hatte die Boshaftigkeit so mancher Internetnutzer unterschätzt. Der britische Arbeitsminister Iain Duncan Smith hatte am 19. November stolz eine neue Webseite präsentiert, mit deren Hilfe der Arbeitslosigkeit ein Schnippchen geschlagen werden soll. „Universal Jobmatch“ sei ein neuer, kostenloser Service des Ministeriums, der sämtliche bisherigen Einrichtungen für Jobangebote und Arbeitssuchende überflüssig mache, erklärte Duncan Smith: „Diese neue Technologie überprüft die Lebensläufe der Arbeitssuchenden und verbindet sie automatisch und in Windeseile mit dem passenden Jobangebot.“
So weit, so gut. Vorige Woche räumte Duncan Smith ein, dass nach Beschwerden von Nutzern mehr als 6.000 Jobangebote von der Seite gelöscht werden mussten und Hunderten angeblicher Arbeitgeber der Zugang zur Seite gesperrt wurde. Eine der betroffenen Firmen war „CosaNostra Holdings“, die „drei internationale Kuriere mit eigenem Auto“ suchte, um „wertvolle Päckchen von unserem Produktionszentrum in Amsterdam abzuholen und in Großbritannien bei unserem nationalen Verteilernetzwerk abzuliefern“. Der angebotene Lohn war weit überdurchschnittlich.
Die Einrichtung und der Betrieb der Webseite haben bisher 17 Millionen Pfund Steuergelder gekostet. Für einen Moderator der Seite war offenbar kein Geld mehr übrig, das Computerprogramm sollte die Arbeit selbständig erledigen. Ob es passende Bewerberinnen gefunden hat, die für „etwas mehr als den Mindestlohn einen babe chat moderieren“ sollten, ist nicht bekannt. Interessierte Frauen mussten aussagekräftige Fotos an die Pornofirma Bluebird Live einschicken.
Eine andere Firma, die eine „Hilfskraft für ein Jahresgehalt zwischen 17.000 und 25.000 Pfund“ sucht, gibt es gar nicht. Dem Guardian erklärte der zukünftige Geschäftsführer, man werde das Unternehmen gründen, sobald man die Angestellten dafür habe. Vorerst besitze man lediglich ein Postfach.
Für die Datensicherheit hat man ebenfalls kein Geld ausgegeben. So ist es Hackern gelungen, sich auf der Seite die Versicherungsnummern von Bewerbern zu besorgen. Die Internetfirma Monster, die die Webseite im Regierungsauftrag betreibt, hatte bereits vor fünf Jahren Probleme, als die persönlichen Informationen von 1,3 Millionen Menschen ukrainischen Hackern in die Hände fielen.
Ein Beamter sagte, die Kritik an der Seite komme vor allem von arbeitsscheuen Menschen. Doch auch seriöse Unternehmer raufen sich die Haare. Viele haben ihre Jobangebote von der Webseite zurückgezogen, weil sie nicht mit der Mafia oder der Pornoindustrie in Verbindung gebracht werden wollen.
Das neue System stelle eine massive Verbesserung für Arbeitssuchende dar, sagte Duncan Smith trotzig. Er war früher mal Tory-Chef, fiel bei den Parlamentswahlen aber mit Pauken und Trompeten durch. Er sollte sich selbst auf seiner Webseite registrieren. Einen Job als Hilfskraft ohne Computerkenntnisse bekommt er allemal.
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