Die Wahrheit: Sexisten unter sich
Seit dieser doofe Brüderle seine Unterm-Röckchen-tanzt-das-Stöckchen-Dirndlfantasien an Journalistinnen auslebt, ist die Sache mit den Tierbezeichnungen...
S eit dieser doofe Brüderle seine Unterm-Röckchen-tanzt-das-Stöckchen-Dirndlfantasien an Journalistinnen auslebt, ist die Sache mit den Tierbezeichnungen für Mitarbeiterinnen beim allgemeinen Ringen um den Sexistenthron ein bisschen ins Hintertreffen geraten.
Das Kolleginnen-Diskriminieren zitierte nicht mal Heinz Ehrhardts Gedicht über die Sekretärin: „Drum ’großer weißer Vogel‘ nenn ich sie, wenn sie wie’n Zwerg schafft / denn sag ich ’dumme Gans‘ zu ihr, dann geht sie zur Gewerkschaft“. Sondern man schrieb bekanntlich „0,1“, eine derartige Biologen-Insiderbeleidigung, dass ich alte Kuh das nicht mal mitgekriegt hätte, dass das für „Weibchen“ steht.
Ich helfe für das nächste Mal gern mit ein paar zotigeren Verbalinjurien aus, beispielsweise die des kleinen Junge in „Pippi außer Rand und Band“, der Pippi Langstrumpf „das wirklich aller-allerschlimmste Schimpfwort“ ins Ohr flüstert, das er kennt. Pippi schreit es hernach mitten in den idyllisch-schwedischen Bauernhofsommer hinein: „Du dummer alter MISTKÄFER!“
Bauernhof ist mein eigentliches Stichwort: Nur weil sie es kann, hält eine entfernte und entfernt lebende Bekannte von mir nämlich seit einiger Zeit eine Handvoll Hühnchen, leider habe ich die Rasse nicht erfragt, es sind aber keine Hybridhühner, also Hochleistungshühner, die bis zu dreihundert Eier im Jahr legen. Vermutlich sind es eher „Zwiehühner“ – wie der Namen andeutet: zwielichtige kleine Gesellen, die nur legen, wenn sie Lust darauf haben.
Jedenfalls produzieren jene Twilight-Hühner immer noch so große Mengen Eier, dass der Cholesterinwert meiner Bekannten bedenklich gestiegen ist, denn man darf Privateier nicht einfach so an der Autobahnabfahrt verkaufen, und dort im Ländlichen, wo sie wohnt, gibt es weder die Obdachlosentafel noch Waisenhäuser oder Nachbarn, die keine Hühner haben.
„Crème brûlée, Carbonara, Omelettes – ich kann nicht mehr“, jammerte sie. Mein vernünftiger Vorschlag, die Hühner dann als Frikassee zu nutzen, gefiel ihr aber auch nicht, weil man doch so starke Bindungen an die Viecher geknüpft hätte. Ein solches Luxusproblem kann ich nicht recht nachvollziehen. Der Tag muss erst noch kommen, an dem ich keine Crème brûlée mehr sehen kann! Das ist wahrscheinlich der Tag nach dem, an dem mir auch der Champagner bis hier steht, weil mein kleiner Pinot-Noir-Stock auf der Fensterbank so viele Trauben abwirft, dass ich kaum noch hinterherpressen und -degorgieren kann.
Was Bauern können, können eben nur Bauern, was Winzer können, können bestimmt auch Winzerinnen, und apropos Tiernamen: Der viel zu früh verschiedene Who-Bassist John Entwistle wurde wegen seiner stoischen Bühnenpräsenz „The Ox“, „der Ochse“ genicknamed, und im Internet gibt es wundervolle „Isolated Bass Track“-Filmaufnahmen mit der „OxCam“, bei denen man fast vergisst, dass sich „Ochse“ ja auch prima auf den internen Notizen vor den Namen der männlichen Kollegen machen würde. Jedenfalls wenn man Zoochefin wäre.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen