Die Wahrheit: Vorgeglüht
Schwabinger Krawall: Von diesem ewigen Glühwein, hat der Jackie gesagt, habe er jetzt die Schnauze voll ...
V on diesem ewigen Glühwein, hat der Jackie gesagt, habe er jetzt die Schnauze voll, andererseits sei die Aufnahme warmer Getränke bei null Grad angesichts der Weiträumigkeit der Stadt geradezu unerlässlich, weil man sich sonst auf dem Weg von einer Party zur nächsten den Arsch abfriere.
Der Hubsi hat gesagt, die Alternative liege klar auf der Hand: Er habe auf dem Becker seiner Geburtstagsfeier von einem Schweizer Szene-Bartender erfahren, dass es jetzt auch Glühbier gebe, und finde das im Prinzip eine pfundige Idee. Leider habe er das Rezept vergessen, aber da gehe es ja nur um das Glühen und ein paar winterliche Geschmackszutaten, und er habe sein Talent als Getränkekreateur schon oft unter Beweis gestellt, zum Beispiel beim Matthäus seinem Fünfundvierzigsten, wo der Lothar von seinem Geburtstagscocktail erst nach drei Tagen wieder aufgewacht sei und gar nicht mehr wusste, dass er zwischendurch die 16-jährige Tochter von der Putzfrau geheiratet hatte.
Also sind sie vor der „Smash the Year“-Sause vom Katastrophen-Klaus zum Renato und haben unterwegs zwei BWL-Studentinnen aufgegabelt. Der Jackie hat vier Bier bestellt, aber wie der Hubsi gesagt hat, er brauche Zimt und einen Tauchsieder, hat der Renato gesagt, einen Tauchsieder kenne er nur als Schimpfwort und er sei jedenfalls kein Maggi-Kochstudio.
Da haben sie ihr Bier, ein paar Amarettini und die BWL-Studentinnen mitgenommen, und weil die eine gemeint hat, sie habe keinen Tauchsieder, aber immerhin einen Fön und wohne gleich ums Eck, sind sie zu ihr, wo der Hubsi das Süßgebäck in sein Glas geworfen und den Fön hineingehalten hat. Wie er auf den Knopf gedrückt hat, ist eine kochende Schaumsäule an die Decke geschossen, dann ist das Glas zerplatzt, und wie der Jackie wieder was sagen konnte, hat er gesagt, dass das wohl nicht das richtige Rezept war.
Die eine BWL-Studentin hat wie verrückt an der Schlafzimmertür gerüttelt und gekreischt, sie sei blind und müsse sofort ins Krankenhaus, die andere hat im Bad ihren Kopf unter die Dusche gehalten und war ebenfalls nicht ansprechbar, und so haben sich der Jackie und der Hubsi verzupft und sind zum Katastrophen-Klaus.
Dort haben sie den dicken Kerl von dem Eventheft getroffen, der gemeint hat, München lebe mal wieder vollkommen hinter dem Mond, weil man hier noch Kaltgetränke konsumiere, und in Kitzbühel und New York gehe der Trend seit Jahren woanders hin.
Da hat der Hubsi gebrüllt, er brauche lediglich einen Fön und eine Prise Zimt, dann werde er ihm den geilsten Glüh-Caipi der Welt kredenzen. Weil der Jackie patschnass und müde war, ist er unauffällig gegangen, und wie am nächsten Tag der Hubsi angerufen hat, er habe den Drink des Jahrhunderts erfunden und werde ihn sofort nächste Woche zum Patent anmelden, wenn er beim Klaus mit Renovieren fertig sei, hat der Jackie gesagt, dass er das warme Gewäsch mit seinem empfindlichen Magen sowieso nicht vertrage und deshalb vielleicht insgesamt daheimbleibe, bis dieser Winter vorbei sei.
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