Die Wahrheit: Götzes Gauchogate
Die Kunde vom bizarren Fanmeilen-Auftritt der deutschen Nationalmannschaft ist bis nach Argentinien vorgedrungen. Das Echo darauf ist gewaltig.
In einer verstörenden Darbietung, die irgendwo zwischen Nazifolklore und dem Lied der Schlümpfe angesiedelt schien, hat der deutsche WM-Kader die Spieler des unterlegenen Final-Gegners als kriechende Gauchos verhöhnt.
„Gauchogate“ titelt nun die größte argentinische Zeitung La Vaca Loca, „Adolf Klose verhöhnt uns!“ schreibt die Gaucho Times. Und der größte Fernsehsender des Landes Empanada-TV sendete eine dreistündige Sondersendung, bei der Aufnahmen Jogi Löws von der Trainerbank mit Hitlerreden unterlegt waren. Bei manchem deutschstämmigen Argentinier älteren Semesters stieß diese Sendung allerdings auf ungeteilte Begeisterung.
Auch auf offizieller Ebene wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt: Der deutsche Botschafter in Argentinien wurde einbestellt und ist seitdem nicht wieder gesehen worden. Man befürchtet das Schlimmste – Zwangsarbeit auf einer Rinderfarm. Zudem verhängte man ein sofortiges Importverbot für deutsches Bier, Bratwurst und Sauerkraut. Restbestände wurden auf öffentlichen Scheiterhaufen im ganzen Land verbrannt. Die Rauchschwaden sollen bis nach Brasilien zu riechen gewesen sein.
In Deutschland bemühte man sich derweil um Versöhnung und Beschwichtigung. Zumindest offiziell. So heißt es in einem Statement des DFB, die Nationalelf habe nur versucht, die argentinischen Gauchos zu würdigen, die schließlich die wahren Helden der Pampa seien. Sie hätten aus dem Land das gemacht, was es heute sei: Eine blühende Nation von Rindviechern. Hinter vorgehaltener Hand hört man jedoch auch andere Meinungen von hochrangigen Fußballfunktionären. „Das geschieht ihnen recht, die sollen sich mal auf das konzentrieren, was sie können – Trockenfleisch statt Tore.“
„Von deutschen Füßen soll nie wieder ein Tanz ausgehen“
Joachim Löw gibt sich zugeknöpft und erklärte nur ganz unverbindlich: „Ich sage mal so, das ist in gewisser Hinsicht auch eine Sache, die wir intern zu diskutieren haben, sagen wir mal demnächst.“ Lionel Messi hingegen tobt und kündigt Vergeltung für das für Spiel Deutschland-Argentinien am 3.9. in Düsseldorf an. Er werde wie ein Stier in die Zweikämpfe gehen und seine Torbilanz aus dem Finale mindestens verdoppeln.
In Buenos Aires trifft man ebenfalls Vorbereitungen für einen Vergeltungsschlag. Denn schlimmer als die Gaucho-Verhöhnung sei nur die erbärmliche Tanzleistung der deutschen Mannschaft gewesen. Eine Rumpelfüßler-Choreographie zum Gruseln habe man da gesehen. „Von deutschen Füßen soll nie wieder ein Tanz ausgehen“, war in Internet-Foren des rhythmusverliebten Landes zu lesen. Zum kommenden Freundschaftsspiel wollen die Argentinier deshalb Tausende als Fußballfans getarnte Tango-Tänzer nach Düsseldorf schleusen, die den Deutschen schmerzhaft und mit Karacho auf die Füße treten sollen.
Davor hat man in Deutschland jedoch keine Angst. „Die sollen mal kommen!“, heißt es von diversen Fanclubs. Man wolle sämtliche Vereine der deutschen Walzerliga mobilisieren und auch den Schuhplattlernachwuchs des FC Bayern rekrutieren. Dann werde man ja sehen, wer wem hier auf die Zehen steigt. Man darf sich sicher sein, dass auch das ein packendes Finale werden wird, bei dem am Ende womöglich wieder Deutschland siegt – und sei es durch die wahnwitzige Steppeinlage eines Allgäuer Wunderkinds in der Verlängerung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett