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Die WahrheitAlles Schlampen außer Oma

Anke Richter
Kolumne
von Anke Richter

Neues aus Neuseeland: Eine Mietwagenfirma lässt ihre Vans mit muffigen Herrenwitzen am Heck durch die Gegend zockeln. Nun regt sich Widerstand.

R ucksacktouristen! Weltenbummler! Plant ihr, den Winter „down under“ zu verbringen? Neuseeland im Campingbus zu umrunden? Prima. Es soll aber sicher kein spießiges Wohnmobil sein – man ist ja kein typischer Tourist –, sondern lieber so ein cooles Surfer-Ding mit Graffiti drauf und Matratze hinten drin, richtig? Dann unbedingt Dreadlocks zurechtfilzen, aber illegale Rauchwaren zu Hause lassen – man bringt ja auch nicht Eis nach Grönland. Und bitte zweimal überlegen, ob es wirklich ein Wagen von „Wicked Campers“ sein muss.

Die Mietwagenfirma ist berühmt für ihre billigen, bunt besprühten Campingbusse. Voll crazy. Darin fühlen sich auch 35-Jährige wieder wie 20. Berüchtigt ist „Wicked Campers“ für die Slogans, die hinten auf den Autos stehen. Die helfen beim Aufreißen von Urlaubsbekanntschaften. Zum Beispiel der hier: „A blow-job is a great last minute gift.“ Das versteht jede, genauso wie „Fat girls are harder to kidnap“. Voll lustig. So ein freches Blas-mich-Mobil ist der reinste Mädchen-Magnet. Nur die Hässlichen flüchten sofort.

Bei Älteren zieht der hier: „Eine Ehefrau: Ein Apparat, den man aufs Bett schraubt, damit die Hausarbeit gemacht wird.“ Menstruation, Muschis und alles, was Männer sonst noch fürchten, findet sich flott formuliert auf dem Autolack wieder. Der Schock-Effekt ist Kalkül, das Geschäft läuft bestens. „Wicked Campers“ haben bisher alle Proteste kaltgelassen. Bis Paula Orbea mit ihrer Tochter in den Blue Mountains unterwegs war. Dort sah die 11-Jährige vor sich einen Campervan und las: „In jeder Prinzessin steckt eine kleine Schlampe, die es gerne mal ausprobieren will.“

Was Oma schockt, gehört geblockt

Das Mädchen war verstört, ihre Mutter wütend. „Dieser Spruch unterstützt Pädophilie“, findet die Lehrerin aus Sydney. Er würde die Sicht von Männern wie dem Sexualstraftäter und Entertainer Rolf Harris wiedergeben, dessen jüngstes Opfer acht Jahre alt war. Paula Orbea startete eine Onlinepetition auf Change.org. Innerhalb von vier Tagen hatte sie über 125.000 Unterschriften aus Australien und Neuseeland zusammen. Der Stadtrat von Christchurch überlegte sogar, die „Wicked“-Vans komplett aus dem Stadtgebiet zu verbannen.

Die Firma knickte unter der Flut von Protest-E-Mails ein, entschuldigte sich öffentlich und versprach, innerhalb von sechs Monaten alle sexistischen Slogans zu entfernen. Auf Facebook sah man eine Frau, die angeblich selber zur Sprühdose griff. Auf dem Bus stand vorher: „Eine Vagina ist wie das Wetter … wenn’s nass ist, geht man rein.“ Jetzt prangt dort: „If ya wouldn’t say it to ya nan … don’t put it on ya van.“ Frei übersetzt: Was Oma schockt, gehört geblockt. Womit sich die „bad boys“ von „Wicked“ weiterhin cool gebärden: Ihre Sprüche sind nur zu krass für alte Langweiler, ansonsten in Ordnung. Schon im Vorfeld der Change.org-Aktion hatten die Van-Vermieter getönt: „Was verboten ist, macht uns interessanter.“ Voll klar.

Da kann man deutschen Neuseeland-Besuchern getrost den Slogan an die Hand geben: „Wicked – Fick it!“

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Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).
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