Die Wahrheit: Spektakel im Gericht
Neues aus Neuseeland: Zwei gerichtsnotorische Halunken der besonderen Art halten Aotearoa in Atem: Kim Dotcom und Phil Rudd.
E s war die Woche des rotierenden Gerichtsdramoletts – der reinste Showdown down under! Große Namen, schnelle Auftritte, kuriose Szenen, heiße Luft. Viel Action mit wenig Inhalt gab’s zuerst mit AC/DC-Schlagzeuger Phil Rudd. Das 60-jährige Hartmetall-Reptil mit dem bürgerlichen Nachnamen „Witschke Rudzevecuis“ bewegte sich aus seinem mit Tournee-Postern zugekleisterten Haus ins Rampenlicht des Bezirksgericht von Tauranga. Das war schon alles. Aber das dafür bühnenreif.
Der gebürtige Australier, der sich 1983 in die verschlafene Küstenstadt Tauranga abgesetzt hatte, um dort ein Hafenrestaurant zu eröffnen, und in der neuen Heimat vor allem durch seine Vorliebe für Prostituierte, Drogen und schnelle Autos auffiel, musste erneut vor dem Richter antanzen. Anfang des Monats war er festgenommen worden, weil er angeblich Killer angeheuert hatte. Jetzt hängen ihm nur noch eine Morddrohung und der Besitz von Cannabis und Metamphetaminen an.
Rudd, ganz der Rockstar, erschien eine halbe Stunde zu spät im Gericht – zwei Minuten bevor man ihn deshalb erneut verhaften lassen wollte. Sein einziger Kommentar für die Reportermeute war „Bullshit“. Als der Termin vorbei war, sprang der Drummer hinten auf einen seiner Bodyguards und ließ sich huckepack zu seinem Sportwagen tragen. Mit dem Auto setzte er so ruckartig auf die Straße raus, dass er um ein Haar in einen Laster krachte. Trommelwirbelsolo!
In Auckland ging’s weiter, aber im Vergleich dazu geradezu distinguiert. Diesmal mit Kim Dotcom, der sich seit seiner Schlappe bei den Nationalwahlen im September bedeckt hält. Nichts als Pech für den angeblichen Internetpiraten: Auch sein Anwaltsteam hat ihn fallen gelassen. Jetzt wurde im Vorfeld des drohenden Auslieferungsverfahrens seine Kaution neu verhandelt. Hollywood hatte angeblich Druck gemacht, ihn bis zum Prozess im Juni wieder hinter Gitter zu stecken oder ihm zumindest elektronische Fußfesseln anzupassen. Was Dotcom in souveräner Manier vor dem Gerichtsgebäude als Armutszeugnis für die neuseeländische Regierung kommentierte – in einem druckreifen Statement, ganz „Global Player“ mit Nerd-Brille und Dreitagebart statt schriller Bösewicht. Wo er recht hat, hat er recht – ob man ihn mag oder nicht.
In der dreitägigen Anhörung kamen so spannende Details ans Licht wie die Tatsache, dass Dotcom mit einem auf „Kim Schmitz“ ausgestellten Führerschein zu halsbrecherisch gefahren sei. 40 Millionen Neuseeland-Dollar hat der Krösus vor allem durch Anlagen seit seiner hollywoodreifen Festnahme verdient, aber dennoch sei er damit nicht auf der Flucht – was für ihn spreche, so der Richter.
Big Kim bekam als verschärfte Kautionsauflage aufgebrummt, sich ab sofort zweimal pro Woche bei der Polizei zu melden. Er muss seinen Pass abgeben und darf weder ein Schiff noch ein Privatflugzeug betreten. Sein Abgang nach dem Gerichtstermin hatte so gar nichts von AC/DC. Seine letzten Worte: „Jetzt gehe ich nach Hause und spiele mit meinen Kindern.“
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