Die Wahrheit: Wacht auf, Verdämmte!

Spachteln: Lernen vom Herrn der Ringe, vom Michelinmännchen, davon, wie man das Klima schont und sich Gutes dabei tut.

Bild: Kriki

Ein Jahr des Dämmens bricht an, denn die Politik will den CO2-Ausstoß senken. Doch: „Schimmel, Algen, Kosten – Wie schädlich ist Wärmedämmung?“, dämpft n-tv die Erwartungen. „Teuer, ungesund und leicht entflammbar“, urteilt auch der Bayrische Rundfunk. Sogar von der „großen Lüge von der Wärmedämmung“ muss man in der Lügenpresse (hier die Welt) lesen.

Die Hauptschuldige an der Misere ist schnell ausgemacht, die Dämmplatte: „Das Superartefakt der deutschen Energiewende ist ein Irrweg“ (Spiegel Online). Jenes umstrittene Superartefakt aus Styropor wurde bislang auf 769,1 Millionen Quadratmeter deutscher Hauswände geklebt, eine Fläche, die größer ist als der Stadtstaat Hamburg, wie die Welt errechnet hat.

Eine stolze Bilanz für Stuckateure und Gerüstbauer, aber ein Graus für den Brandschutz: „Der Großbrand von Delmenhorst 2011 war nur einer von 50 Fällen, in denen Fassadendämmungen aus Polystyrol in Flammen aufgingen“ (Welt). Als Gegenmaßnahme empfiehlt eine Dämmkonferenz in Chemnitz ein Merkblatt. Das soll auf die Dämmplatten geklebt werden und dazu anhalten, „feuergefährliche Gegenstände wie Mülltonnen von der Hausfassade abzurücken“ (T-Online berichtete)!

Abrücken sollte auch die Vogelwelt von ihrem gefährlichen Nistverhalten. Besonders gewissenlose Stare und Spechte hacken das weiche Polystyrol gerne auf, um es sich in gut gedämmten Wohnhöhlen an der Hausfassade komfortabel einzurichten. Dadurch dringt Wasser ein und die Wände fangen an, schlimm zu schimmeln!

Dazu kommt, dass die Dämmplatten nach etwa 20 Jahren erneuert werden müssen, weil sie anfangen zu zerbröseln. Und keiner frage nach der Entsorgung. Behandelt mit chemischen Brandhemmern und vollgekotet von der Vogelwelt, müssen sie als Sondermüll entsorgt werden. So etwas nimmt keine seriöse Deponie an, und die Bedenken der Müllwerker müssen mit Geldgeschenken zerstreut werden.

26 Körperringe gleich 13 Grad Raumtemperatur

Kein Wunder, dass Experten jetzt vermehrt auf das Konzept der Eigendämmung setzen. Was Eigendämmung bedeutet, soll uns exemplarisch die Figur des Michelinmännchens klarmachen. Dessen Leib ist aus 26 Schwimmringen zusammengesetzt und verkörpert dergestalt nach Expertenmeinung idealtypisch die optimale Wärmedämmung eines Körpers. Mit anderen Worten, vom Michelinmännchen lernen heißt dämmen lernen! Experten empfehlen deshalb, statt der aufwendigen und teuren Wärmedämmung des Hauses, dass die Bewohner sich selbst dämmen. Das wiederum bedeutet höchst konzentriertes Spachteln!

Mit jedem angefutterten Körperring kann ein Hausbewohner problemlos die Raumtemperatur um 0,5 Grad senken. Bei 26 Körperringen des Dämmungsvorbilds Michelinmännchen kann das Thermostat folglich um satte 13 Grad heruntergedreht werden. Anstatt etwa das schöne Hamburg mit Polystyrol zuzukleben, würde man den gleichen Energiespareffekt durch diszipliniertes Futtern erzielen.

Dazu kommt, dass unser Körperfett preiswert in der Anschaffung ist, biologisch vollkommen abbaubar und nur schwer entflammbar. Es sollte also auch dem Dümmsten dämmern: Eigendämmung ist die Wärmedämmung der Zukunft. Eine verheißungsvolle Zukunft mit einem verheißungsvollen Motto, das wohl jeden überzeugt. Es lautet schlicht: „Dämmen durch Schlemmen!“

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