Die Wahrheit über Berlusconi: Mitteilsames Callgirl
Patrizia D'Addario kam letzten Sommer in die Schlagzeilen – als sie eine heiße Nacht mit Italiens Ministerpräsident Berlusconi verbrachte. Jetzt gibt es ein Enthüllungsbuch.
Mal im kleinen Schwarzen, mal im Leopardenshirt, der Blick immer leicht verrucht: Auf ihrer Website präsentiert sich Patrizia D'Addario als wahrer Vamp. In ihrer Kurzbio erzählt sie dann aber von einer recht züchtigen Schauspielkarriere, inklusive Auftritten "humanitärer Natur". Am Ende ist dann noch vom kürzlich erreichten "großen internationalen Erfolg" die Rede - nicht aber davon, wie sie den erreichte.
Die Aufklärung holt D'Addario jetzt nach, mit dem gerade erschienenen Buch "Gradisca Presidente", zu Deutsch etwa "Bitteschön, Herr Präsident". In Italien wissen schon Kinder, wer dieser Präsident im Titel ist: Silvio Berlusconi. Und den 73jährigen hat die 42-Jährige aus Bari weder mit Gesang noch Rezitation unterhalten. Schließlich war sie im Zweitberuf bei Berlusconi vorbeigekommen: als von einem Geschäftsmann für die bunten Abende des Ministerpräsidenten angeheuertes Callgirl.
Die Geschichte erschütterte Italien im letzten Sommer. Das Mädchen kenne er nicht, redete sich Berlusconi heraus, als D'Addario über ausgelassene Nächte im römischen Palazzo Berlusconis auszupacken begann. Dumm nur: Sie hatte auf einem Aufnahmegerät alles mitgeschnitten. Dumm auch, dass ihre im November 2008 erbrachten Dienste dem Callgirl erst das Versprechen auf eine Kandidatur bei den EP-Wahlen, dann einen Listenplatz für die Kommunalwahlen in Bari eingebracht hatten.
Berlusconis Zeitungen und TV-Sender setzten gegen die allzu redselige Frau die mediale Lynchmaschine in Bewegung, denunzierten sie als erpresserische Hure, unterstrichen zugleich, dass der arme Silvio von ihrem unsittlichen Lebenswandel gar nichts gewusst habe. Mit ihrem Buch rückt D'Addario jetzt die Dinge aus ihrer Sicht zurecht. Und wundert sich über die Usancen bei Berlusconi zu Hause. In ihrem Berufsleben habe sie es nie erlebt, dass da ein alter Herr Abende veranstaltet, bei denen er von 20 jungen Damen umgeben ist. Klar habe Silvio gewusst, wie sie ihr Geld verdient – warum habe er sie gefragt, wie ihr "wahrer" Name sei, neben dem "Künstlernamen", unter dem sie ihm vorgestellt wurde? Diesmal blieben Dementis von Berlusconi aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung