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Die Wahl der Schule ist frei, aber...

■ Wenn sich 2.000 SchülerInnen das Gymnasium aussuchen dürfen, hat die Bildungsbehörde Probleme, und manche Schulen bleiben leer / Jetzt soll das Wahlrecht begrenzt werden

Alle Jahre wieder müssen sich knapp 2.000 jugendliche BremerInnen entscheiden: Auf welcher Schule will ich mein Abitur machen? Welche gymnasiale Oberstufe ist nach dem erfolgreichen Abschluß der 10. Klasse die richtige? Die Entscheidungen der PennälerInnen bei der Schulwahl, die in diesen Tagen für das Schuljahr 1998/99 ansteht, stürzt die Bildungsbehörde und so manchen Schulleiter in Nöte. Denn einige Schulen, besonders die altehrwürdigen Gymnasien der Innenstadt, sind heiß begehrt. Um andere, vor allem in Außenbezirken, machen die BewerberInnen einenBogen.

Die Folge sind volle Kurse in beliebten Schulen. Das ist schlecht für die SchülerInnen und belastet die Lehrkräfte. In schlecht angewählten Schulen laufen Kurse mit fünf TeilnehmerInnen, Räume stehen leer. Das ist teuer für die Bildungsbehörde.

Im Zuge der Kienbaum-Untersuchung zur Effizienz des Lehrereinsatzes will die Behörde nun die freie Wahl der Schulen beschränken. Dazu sollen Kapazitätsobergrenzen für einzelne Schulen definiert werden. Wird die Grenze bei den Anwahlen in diesem Jahr überschritten, hat die Behörde neue Argumente, um BewerberInnen die Aufnahme zu verweigern.

Nach Angaben der Bildungsbehörde mußten im vergangenen Jahr aus der Schulregion Mitte (Altes Gymnasium, Gamnasium Hermann-Böse-Straße, Kippenberg-Gymnasium und Gymnasium Horn) rund 40 BewerberInnen abgewiesen werden. Dabei sei man, wie Schulleiter und Bildungsbeamte versichern, auf Einvernehmlichkeit bedacht.

Aber nicht immer lassen sich BewerberInnen ihr im Schulgesetz verankertes Recht auf freie Schulwahl abhandeln: Regelmäßig versuchen zwei bis drei , sich vor Gericht in ihre Traumpenne einzuklagen, nicht selten mit Erfolg.

Uwe Mester, Leiter des begehrten Gymnasiums Hermann-Böse-Straße, hält die bestehende Regelung für ausreichend. Nach dem Ortsgesetz muß seine Schule zuerst die Jugendlichen aus der eigenen Mittelstufe aufnehmen, dann BewerberInnen aus der Schulregion und erst danach Leute aus anderen Stadtteilen.

Viele Jugendliche treffen ihre Schulwahl vor allem nach den gewünschten Fächerkombinationen der Leistungskurse, die nur in bestimmten Schulen angeboten werden. Daneben spielt der Schulweg eine Rolle und vor allem die Frage, was die Freunde machen.

Besonders „in“ist zur Zeit die gymnasiale Oberstufe im Rübekamp in Walle. Nicht nur dem nahegelegenen Gymnasium Lange Reihe zieht der Rübekamp die BewerberInnen ab, auch in der Innenstadt hat die Schule Fans, ganze Gruppen wechseln von der Gesamtschule Mitte hierher.

Gegen Bewerberschwund hilft oft ein eigenes Profil: Das vor fünf Jahren gegründete Gymnasium Obervieland mit bilingualem Unterricht und Leistungskursen in Wirtschaft oder Soziologie einen Namen gemacht, die Schülerzahlen steigen nach Angaben des Schulleiters rapide, trotz der Randlage.

Auf verlorenem Posten kämpft dagegen die gymnasiale Oberstufe im Schulzentrum Walliser Straße. Keiner will in den vermeintlichen Problemstadtteil Tenever. Auch die Schulzentren in Huchting und in der Neustadt hatten in der Vergangenheit Nachfrage-Probleme. Für die Kienbaum-Gutachter und die CDU ist klar: Ein Gymnasialstandort im Bremer Süden müßte dichtgemacht werden. Joachim Fahrun

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