Die Spitzenkandidaten-Runde im TV: Platzhirsch und Leberwurst
Die Spitzenkandidaten stellten sich einem Kreuzverhör im rbb-Fernsehen. Renate Künast bemühte dabei vor allem Durchhalteparolen.
Die wirklich spannende Nachricht verpackte Renate Künast in ein "Wenn und Aber". Alle anderen Spitzenkandidaten hatten auf die Frage nach der A 100 eine klare Botschaft parat: dafür oder dagegen. Die Grüne aber, deren Partei den Weiterbau der umstrittenen Autobahn zum Lackmustest für ein Bündnis mit der SPD machen will, stockte. Plauderte über zehn Punkte, mit denen sie Berlin nicht nur verstehen möchte, sondern auch handeln. Die mögliche Botschaft: An der A 100 soll es nicht scheitern, wenn die Rechnung bei den anderen neun Punkten stimmt.
Der Auftritt der Spitzenkandidaten von SPD, CDU, Grünen, Linkspartei und FDP bei der Sendung "Klipp und klar" am Dienstag war der Auftakt der Wahlberichterstattung im rbb-Fernsehen. Statt eines Streitgesprächs der Kandidaten hatte der Sender diese von zwei Moderatoren ins Kreuzverhör nehmen lassen. Blieb die Frage, wer sich dabei am besten schlagen würde: Klaus Wowereit (SPD), Frank Henkel (CDU), Künast, Harald Wolf (Linke) oder Christoph Meyer (FDP)?
Um es vorwegzunehmen: Künast war es nicht. Sätze wie "Ich habe in langer politischer Arbeit gelernt, dass am Wahltag entscheiden wird" klingen angesichts aktueller Umfragen wie abgedroschene Durchhalteparolen. Erst recht, wenn man ihre Aussagen bei der Nominierung in Erinnerung ruft: "Ich setze auf Sieg. Ich setze nur auf Sieg."
Nun, da die Niederlage bevorsteht, wirkt Künast unwirsch, lächelt kritische Fragen nicht weg, sondern gibt sich als beleidigte Leberwurst. Unsouverän auch ihre Antwort auf die - erwartbare - Frage nach der Unterstützung einer neuen Olympiabewerbung: "Im Augenblick nicht, man weiß zu wenig über die Konkurrenz."
Weitaus besser war ihr unmittelbarer Konkurrent um Platz zwei. Frank Henkel, CDU-Spitzenkandidat, strahlte jene bedächtige Ruhe aus, die Vertrauen beim Wähler schafft. Grund zum Optimismus hat er, auch wenn seine Partei nach wie vor bei 22 Prozent liegt. Seine Partei, meinte Henkel, "ist inzwischen so stark, dass sie es den drei linken Parteien unmöglich macht, ohne sie zu regieren". Stimmt allerdings nur dann, wenn SPD und Grüne tatsächlich keinen Kompromiss zur A 100 finden und es für Rot-Rot nicht reicht.
Platz zwei und drei gingen an Wowereit und Wolf. Der Regierende musste überwiegend Fragen nach den Autobrandstiftern beantworten - und konnte so kaum seine Charmeoffensive entfalten. Harald Wolf versuchte das gar nicht erst und war mehr Wirtschaftssenator als Spitzenkandidat der Linken.
Ganz am Schluss landete der, der die Sendung begann. Christoph Meyer von der FDP gab das liberale Bürschchen. Nicht weiter tragisch - ins nächste Abgeordnetenhaus wird seine Boygroup wohl nicht einziehen.
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