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Die Situation der Berliner KinosWarten auf den nächsten Film

Crowdfunding, Direktspenden und Gutscheinkarten: Wie die Berliner Programmkinos versuchen, die Corona-Zwangspause zu überbrücken.

Die Tilsiter Lichtspiele haben geschlossen Foto: Stefan Käding

Berlin taz | „Wie keine andere Stadt lebt und liebt Berlin seine Kinos und die europaweite einzigartige Programmvielfalt“, heißt es im Text zu einer Crowdfunding-Kampagne, mit der 36 Berliner Kinos derzeit Geld sammeln. Tatsächlich befindet sich Berlin – trotz aller Klagen über die sich wandelnde Rolle des Kinos und die auf niedrigstem Niveau stagnierende durchschnittliche Zahl der Kinobesuche pro Jahr – in einer beneidenswerten Lage. Doch wie ist die Situation in den Berliner Kinos jetzt, nachdem diese Mitte März schließen mussten?

Fragt man bei den Kinos nach, so zeigt sich zunächst: Es könnte schlimmer sein. Die Hilfe von Wirtschaftsministerium und Medienboard hat das Überleben für die ersten Monate gesichert. Das Krokodil in Prenzlauer Berg schreibt, die Lage sei „kurzfristig unproblematisch. Mittelfristig sehen wir allerdings schwarz.“

Die Medienboard-Hilfe hat zudem den Haken, dass sie mit einer Auszeichnung des Kinos bei den Programmpreisen verrechnet würde. Immerhin: Nicht selten haben sich die Vermieter als kulant und hilfsbereit erwiesen.

Angespannte Lage für Mitarbeiter_innen

Am kritischsten ist es für die Mitarbeiter_innen: Minijobber_innen wurden gekündigt; alle anderen bekommen Kurzarbeitergeld, das wiederum angesichts der ohnehin kargen Löhne im Kino oft sehr knapp ausfällt. Die Situation ist angespannt, für ein paar Monate aber halbwegs stabil.

Die Crowdfunding-Kampagne soll bei Erfolg weitere 10.000 Euro pro Leinwand bringen und damit die überbrückbare Zeit noch ein wenig verlängern. Doch selbst für ein grundgefördertes Kino wie das Arsenal summieren sich die Einnahmeausfälle – zumal aufgrund der Struktur des Kinos als Verein unklar ist, welche Fördermaßnahmen letztlich wirklich greifen.

Weiterhin in Kontakt

Eine erfreuliche Meldung kommt von allen befragten Kinos: Der Kontakt zum Pu­bli­kum ist erhalten geblieben. Das Kreuzberger fsk berichtet, dass 10er-Karten und Geschenkgutscheine regen Absatz finden. „Das lässt hoffen, dass nach Eröffnung doch wieder Besu­che­r*in­nen kommen. Bei Bestellungen aus der Umgebung bringen wir sie auch persönlich vorbei, und plauschen (mit dem nötigen Abstand) ein wenig.“

Auch die Tilsiter Lichtspiele schreiben, die Kinogutscheine würden gut angenommen, zugleich kämen auch Spenden, vor allem von Freund_innen des Hauses Zukunft. Dem Krokodil wünschen Zuschauer_innen, ihnen mögen in der Zwischenzeit der Wodka und die hart gekochten Eier, die es dort zu Vorführungen gibt, nicht ausgehen.

Mit dem Arsenal kann man sich einmal die Woche per Videokonferenz im Publikumsgespräch zu dessen Streamingangebot Arsenal 3 austauschen. Ein Satz aus der Mail der Tilsiter Lichtspiele fasst es zusammen: „Die Beziehungen bestehen fort, nur der gemeinsame Treffpunkt ist ein verbotener Ort.“

Viele Fragezeichen

Die größte Unsicherheit wird beim Blick in die Zukunft offenbar. „Wir wissen noch nicht, wie wir mit möglichen Reglementierungen bei einer gebremsten Aufnahme des Spielbetriebs umgehen können. Kino war für uns zuerst ein sozialer Ort, und Nähe spielte dabei eine entscheidende Rolle“, schreibt das Krokodil. Kino erfordere direkte Präsenz. Auch die baulichen Bedingungen würden sich nicht immer als hilfreich erweisen, wenn es darum gehe, unter Auflagen wieder einen provisorischen Betrieb zu eröffnen.

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Das fsk ergänzt: „Falls die Eröffnung noch im Sommer stattfindet, wird es wahrscheinlich recht öde – da wird eher Ostsee und Freiluft- als Innenraumkino angesagt sein.“ Einige aufgeschobene Filmstarts könnten eventuell in den Freiluftkinos nachgeholt werden, ein Umstand, auf den die Tilsiter Lichtspiele, die das Freiluftkino Pompeji betreiben, eher hoffen.

Vermutlich wird es sich bei nachgeholten Starts allerdings vor allem um kleinere, europäische Produk­tionen handeln. Die großen US-Filmstarts werden mittlerweile weltweit koordiniert, um die Verbreitung illegaler Kopien zu verhindern. Mit dieser Taktik könnten sich die großen ­Studios 2020 in den Fuß schießen. Dass es vor der Entdeckung einer Behandlungsform oder ­eines Impfstoffs gegen das Virus weltweit einen bestimmten Zeitpunkt geben wird, etwa den neuen James-Bond-Film zu starten, ist wenig wahrscheinlich.

Folgen aus der Krise

Was die Zeit danach betrifft, gehen die Meinungen auseinander. Krokodil und Tilsiter Lichtspiele glauben, dass sich beim Kino selbst nicht viel ändern wird. Größere Sorgen macht sich das Krokodil, dass es zu einem „weiteren Rückgang professioneller Filmkritik und eine zunehmende Ausdünnung der Presselandschaft“ komme. Das fsk hofft, „dass sich im Herbst die Sehnsucht nach dem ‚richtigen‘ Kino wieder durchsetzt.“

Die weitreichendsten Folgen sieht das Arsenal: „Wir müssen davon ausgehen, dass sich das Publikum, sein Verhältnis zum Kino und seine Wahrnehmung von Filmen verändern werden, so wie diese Zäsur ja auch an uns, den Kinomacher*innen, nicht spurlos vorübergeht.“

Damit wir alle gemeinsam wann auch immer herausfinden können, wie das Kino nach einer Pandemie aussieht, gilt es, den Kinos über die Zeit zu helfen – mit direkten Spenden vor Ort oder über die eingangs erwähnte Crowdfunding-Kampagne.

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