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Die Seele eines Gen-Kleckses

■ Exklusiv: Ripleys Traum von zeitloser Weiblichkeit und anderen Vorteilen des Monsterlebens – Alien 4 von Jean-Pierre Jeunet

Ich möchte auch ein Alien sein. So stark, so gelenkig, so unabhängig. Männer von Heldenformat fangen nach meinen ersten Liebkosungen an zu weinen, und wenn ich sie voll umgarnt habe, dann hängen sie wie madige Äpfel im Baum und wollen gegessen werden. Kleinere Helden tragen mich eine zeitlang spazieren, und wenn ich ausbrechen will, dann kann man damit auch noch die Dr. Mengeles des Weltalls zerschmettern.

Ich wäre so gerne fähig zu dem Gebrüll einer mißachteten Kolonie von ameisenhaft organisierten Arbeiterinnen, die sich listig gegenseitig töten, um der Gefangenschaft durch sabbernde, menschliche Wissenschaftler zu entkommen, die mich für ihre niederen, kriegerischen Zwecke mißbrauchen wollen. Meine Zwecke dagegen wären edel, hehr und deutlich: Fortpflanzung, Vermehrung, Selbstbehauptung. Die Momente von Liebe und Zuneigung wären zwar kurz, aber dafür um so heftiger. Und da Hollywood mich liebt, würde ich auch nach dieser Folge unsterblich bleiben.

Statt dessen bin ich Ripley, inzwischen aus einem Genklecks generiert, aber erstaunlicherweise mit der alten Seele. Doch etwas ist in mir, das da schon seit Folge 3 schlummert und meinen Traum vielleicht in Folge 5 Wirklichkeit werden läßt. Jetzt aber spiele ich erst einmal bei „Delicatessen im Weltall“mit, wo eine sehr französische Gang von Weltraum-Outlaws im düsteren Licht eines uterischen Raumschiffs mit mir durch all die alten Gänge und Gitter jachtet und dabei arg dezimiert wird. Weltergreifende Organik verfolgt mit Fangarmen die Nester auf zwei Beinen, die davonlaufen wollen, weil sie keine Brutstätte für die schwarzschimmernde, wässernde Kraft sein wollen. Nur ich bin kalt, ich kann fühlen, wo sie sind, ich kann kommunizieren. Deswegen muß es Nest werden.

Richtig menschlich ist von den Rockern nur der Roboter (Wynona Ryder) – wen wundert's? Ist doch dieser ganze Filmzyklus eine Gender-Debatte über Monster-Metaphern. Frauen sind die besseren Männer, Stärke führt in den Tod, herrschaftliche Tugenden verkehren sich zu natürlichen Sünden. Nur die Berechnung der Macht ist stets männlich und dämlich – das Alien muß es richten, denn es ist weiblich und zeitlos. Es ist die Königin, die keinen Widerspruch duldet. Und deswegen werde ich, Ripley, stärker sein. Weil die reine weibliche Stärke gegen die rein männliche immer zur Explosion führt. Ich aber bin ein Widerspruch.

Nur eins wird mir in Zukunft fehlen: Angst. Denn ein Leben ohne Angst, ohne Ekel, aber mit Mitgefühl, ist eine komische Sorte von Kreatürlichkeit. Und hier schweigen die Metaphern, nachdem das Ding besiegt ist. Und die Fragen beginnen: Was ist ein Mensch? Eine currywurstessende Lego-Ausgabe der reinen Evolutionstheorie? Alien 4 gibt einen Zwischenstand zu dieser Frage.

Euer Ripley

Aladin, Auto-Kino, Cinemaxx, City, Fama, Gloria, Grindel, Hansa, Savoy, Spectrum, UFA

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