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EIN GRÜNER KLASSIKER KÖNNTE DEN GRÜNEN IHR GERA BESCHERENDie Schubser von Bremen

Man kann dem Grünen-Parteitag heute nur viel Vergnügen wünschen. Mit dem AKW Obrigheim und dem Koalitionsvertrag haben sich die Delegierten gestern schön eingestimmt. Heute dürfen die Grünen entscheiden, ob sie Gera zwei veranstalten wollen. Die PDS hat es auf ihrem Geraer Parteitag geschafft, sich erfolgreich zu zerlegen. In Bremen können die grünen Delegierten einen annährend so eindrucksvollen Effekt erzielen. Dazu genügt ein einfaches Rezept: Jeder schert sich nur um sich, Basis genauso wie Regierungsmannschaft, Parteispitzen wie -rebellen.

Eigentlich handelt es sich bei der geplanten Abstimmung zur Satzung um einen grünen Klassiker – das Verbot für die Parteivorsitzenden, gleichzeitig als Abgeordnete zu arbeiten, soll aufgehoben werden. Diesmal allerdings sorgt eine politische Selbstmorddrohung für wagnerianische Untertöne. Claudia Roth und Fritz Kuhn haben ihre Zukunft mit dem Antrag verbunden. Scheitert er, scheiden sie als Vorsitzende aus. Selten ist eine Erpressung so diskret eingefädelt worden: Im Bundestag sitzen beide schon, eine Satzungsdebatte vor ihrer Nominierung wussten sie zu verhindern.

Die Opposition um Christian Ströbele steht genauso fest. Doch selbst der Zulauf einiger Obrigheim-Frustrierter nützt den Rebellen nichts. Auch wenn sie den Sieg davontrügen, wäre es eine Niederlage: der Parteitag gesprengt, eine seriöse neue Doppelspitze nicht in Sicht – und in der Fraktion sitzen mit Katrin Göring-Eckardt und Krista Sager zwei Vorsitzende ohne große Erfahrung. Wer dann endgültig Alleinherrscher der Grünen ist, ist klar. Egal wie die Rebellen abstimmen, sie bekommen immer Joschka Fischer.

Dass die zwei Vorsitzenden bereit sind, die Grünen ohne Not an den Rand des Abgrunds zu führen, spricht nicht für ihr Verantwortungsgefühl. Wenn Dissidenten dann den entscheidenden Schubs geben, kann man sich auf die wechselseitigen Schuldzuweisungen bereits jetzt freuen. Aber wer letztlich eine Partei ins tiefe Loch stürzt, macht am Ende keinen Unterschied. Auch das kann man von der PDS lernen. PATRIK SCHWARZ

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