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Die Rolle von Suizid in der GesellschaftSelbstmord als letzte Waffe

Für Milliardär Adolf Merckle war der Suizid das einzige Mittel, seiner Ohnmacht zu entkommen. Insgesamt töten sich in Deutschland fast 10.000 Menschen pro Jahr.

An Rücksichtnahme auf den Zugfahrer denkt kaum ein Selbstmörder mehr, wenn es denn so weit ist. Bild: dpa

Das zentrale Wort ist Ohnmacht. In einer kurzen Erklärung hat sich die Familie zu den Motiven geäußert, warum sich Milliardär Adolf Merckle von einem Zug überrollen ließ. Die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können, habe den leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen.

Ein Leben lang hatte Merckle in seinen Unternehmen als Patriarch geherrscht - nun war er auf Notkredite angewiesen. Es wurde eine wochenlange Betteltour bei Banken und beim Land Baden-Württemberg. Als er Selbstmord beging, wusste Merckle, dass die Notkredite zustande kommen würden, die dann zwei Tage nach seinem Tod offiziell verkündet wurden: Kurz vor seinem Suizid hatte er noch alle nötigen Unterschriften geleistet. Aber die Erniedrigung blieb und auch das Wissen, dass nun die Banken das eigentliche Regiment übernehmen würden.

Zur neuen Ohnmacht gehörte aber auch, dass Merckle sein öffentliches Bild nicht mehr kontrollieren konnte. Bisher war er als Selfmademan bewundert worden, und er litt an der Häme, die ihm entgegenschlug, sobald bekannt wurde, dass er bei VW-Spekulationen bis zu 1 Milliarde Euro verloren haben könnte. "Es macht mich traurig", sagte er erkennbar getroffen, "dass in solchen Zeiten wie der jetzigen Finanzkrise die öffentliche Meinung über Handlungen und Personen schlagartig umschwingen kann."

In dieser Ohnmacht wollte Merckle offenbar noch einmal Macht beweisen - über das eigene Leben und den eigenen Tod.

Selbstmord ist eine radikale Selbstermächtigung, denn es wird keinerlei Rücksicht mehr genommen. Nicht auf die Angehörigen und nicht auf den Zugfahrer, der damit zurechtkommen muss, zum Tötungsinstrument degradiert worden zu sein. Selbstmord ist immer auch Provokation: Familie und Gesellschaft wird die Fähigkeit abgesprochen, zu helfen und zu verstehen.

Wenn man den Suizid als Machtinstrument liest, als letzte Waffe, dann lässt sich vielleicht daraus erklären, warum sich deutlich mehr Männer umbringen als Frauen. Selbstermächtigung passt besser in ihr Rollenbild. Die komplementäre Deutung wäre, dass es Frauen vielleicht leichter fällt, Hilfsangebote zu erkennen und anzunehmen.

In den nackten Zahlen des Statistischen Bundesamtes bietet sich jedenfalls folgendes Bild: 2006 fielen 9.765 Todesfälle in die Kategorie "vorsätzliche Selbstbeschädigung", wie der Suizid amtlich heißt. Betroffen waren 7.225 Männer und 2.540 Frauen. Insgesamt führt der Selbstmord fast doppelt so häufig zum Tod wie ein Verkehrsunfall: Dort wurden 5.339 Fälle gezählt.

Allerdings ist jede Statistik zwangsläufig ungenau, kommen doch auf einen Suizid noch ungefähr zehn gescheiterte Selbstmordversuche. Jeder dürfte sich schon einmal ausgemalt haben, wie es wäre, sich umzubringen, manche nur spielerisch, andere ernsthaft.

Lange war Selbstmord ein Tabu, doch nun beginnt es sich auszuzahlen, dass die Gesellschaft einen pragmatisch-medizinischen Umgang damit sucht. Die Zahl der erfolgreichen Suizide geht zurück - 1980 brachten sich noch fast doppelt so viele Menschen in Deutschland um. Manche Präventionsstrategien waren simpel: Haushaltsgas ist inzwischen giftfrei, und in Überdosis tödliche Medikamente werden nur noch in Minipackungen verschrieben. Außerdem wurde die psychologische Betreuung deutlich besser: Krisentelefone stehen rund um die Uhr bereit, und Depressionen werden als Krankheit ernster genommen.

Für Medien nie leicht einzugestehen: Auch sie mussten ihre Rolle überdenken. Wurde früher noch jeder Selbstmord gemeldet, gilt nun eine Art Selbstverpflichtung, weitgehendes Stillschweigen zu bewahren, um keine Nachahmertaten zu provozieren. Insofern ist dieser Text also ein gewisser Selbstwiderspruch - und nur zu rechtfertigen, weil der Tod eines Konzernlenkers mit 100.000 Beschäftigten sowieso ein Politikum ist.

Letztlich aber bleibt der Selbstmord eine individuelle Tragödie. Auch bei Merckle wird das deutlich, schon durch den Vergleich. Denn anderen Unternehmern war ihr Scheitern nicht besonders peinlich. Jedenfalls nicht öffentlich. So blieb der Medienmogul Leo Kirch betont lakonisch, als sein Imperium zusammenbrach: "Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen." Allerdings war Kirch schon immer ein begabter Selbstdarsteller.

Wie man aus einem Totalbankrott sogar noch eine Erfolgsgeschichte machen kann, führte der Immobilienunternehmer Jürgen Schneider vor. Nach aufwändigen Sanierungen vor allem in Leipzig legte er 1994 eine Milliardenpleite hin und wurde wegen Betrugs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Aber Schneider verstand es, sich als moderner Robin Hood zu inszenieren - und die Banken als Deppen dastehen zu lassen. Das Publikum war angetan.

Doch der Einzelne kann nicht beliebig wählen, welcher Ausweg ihm möglich ist. Merckle fühlte sich ohnmächtig. Gefangen. Da bleibt nur Mitgefühl.

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31 Kommentare

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  • L
    libertin

    @zoidbeck:

    "Die Konsequenz, die er daraus zog, erklärt sich aus seiner Vita und errinnert mich an z.B. Selbstmorde unter Landwirten in Jahren der Mißernte."

    Da hat jemand wohl gar nichts verstanden. Einen Multimillionär mit einem verhungerden Bauern vergleichen? Weia weia...

  • FS
    Frank Stolte

    Liebe taz-Redaktion. Der Artikel fuehrt aus: "Wenn man den Suizid als Machtinstrument liest, als letzte Waffe, dann lässt sich vielleicht daraus erklären, warum sich deutlich mehr Männer umbringen als Frauen." Hat sich jemand in der Redaktion diesen Artikel vor der Veroeffentlichung angesehen? Ist das wirklich die Meinung der taz? Dann sollten sie sich ernsthaft einmal Gedanken ueber ihr Menschenbild, das sie mit ihrer jounalistischen Arbeit vertreten wollen, Gedanken machen. Ein solcher Sexismus, der Selbstmord begehenden Maennern (vohlgemerkt nicht Frauen, obwohl diese viel oefter Selbstmordversuche begehen) nur aufgrund ihres Geschlechtes unterstellt, mit einem Selbstmord Macht ausueben zu wollen und damit mit diesem Akt anderen Menschen ihren Willen aufzudraengen, zeigt ein haessliches Menschenbild ihres/ihrer Autors/Autorin. Alle Menschen (bitte verstehen sie: unabhaengig davon ob sie Frauen oder Maenner sind), die sich selbst umbringen, empfinden sich als in einer ausweglosen Situation. Viele von ihnen sind vereinsamt, haben sich dem Alkohol hingegeben oder sind sonst in einer einfach fuer sie schrecklichen Lebenssituation. Jeder Mensch, der sich in einer solchen Lebenslage befindet, verdient unser Mitgefuehl und unsere Hilfe. Bitte verschonen sie uns in Zukunft mit diesem widerlichen Sexismus, der uns glauben lassen will, dass es sich bei diesen Menschen um Taeter handelt, nur darum weil sie Maenner sind. Danke!

  • Q
    qed

    "Wenn man den Suizid als Machtinstrument liest, als letzte Waffe, dann lässt sich vielleicht daraus erklären, warum sich deutlich mehr Männer umbringen als Frauen. Selbstermächtigung passt besser in ihr Rollenbild. Die komplementäre Deutung wäre, dass es Frauen vielleicht leichter fällt, Hilfsangebote zu erkennen und anzunehmen".

     

    Eine menschenverachtendere Perversität habe ich noch nirgends gelesen.

    Sie entspricht der mörderischen Küchenpsychologie der Frankfurter Schule, die in der taz so en vogue ist- nicht die geringste Ahnung, nur durchideologisierte Phrasen der links- feministischen Art. Für die, die noch alle Tassen im Schrank haben: konsequente Suizidanten sind schlicht nachvollziehbar so unendlich machtlos, daß sie selbst ihr eigenes Leben nicht mehr ertragen können, auch sie wissen, daß sie nur eins haben.

     

    Diametral dem entgegengesetzt der appellative Suizidversuch, der die Helferscharen nur so herbeiströmen läßt: Erpressung auf der Krankheitsgewinnebene. Mit Abstand das Privileg von zumeist weiblichen Gestörten, die mit anderen Mitteln keinen Erfolg mehr haben.

     

    Wird nichts nützen, derlei Wissen: in absehbarer Zeit können wir sicher nach entsprechendem Anlaß hier lesen, daß sich Männer aus Verzweiflung wegen des patriarchalen Machtverlustes suizidieren, frei nach dem Motto Shakespeares: wie es euch gefällt.

  • S
    Selbstmörderversteher

    Einem vollendeten Selbstmord geht immer eine Leidensgeschichte voraus.

     

    Die Überschrift und der Inhalt des Artikel unterstellen eine niedere Motivation. Kennt die Autoren diesen Menschen persönlich und darf sie sich dieses venichtende Urteil erlauben?

     

    In der Bibel steht: "Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet"

     

    Ich finde das geht zu weit und ist eine Beleidigung der Angehörigen und des Toten selbst.

  • HF
    Hans Fränkel

    Zu Zeiten der alten Römer war es für Befehlshaber militärischer Einheiten Pflicht, als einzige verbleibende Möglichkeit, ehrenhaft zu handeln, persönliches Versagen und persönliche Verantwortung mit dem "Tod durch eigene Hand" zu sühnen.

    Herr Merckle ist somit ein Ehrenmann, der sich, völlig anachronistisch, für sein Handeln vollständig und grenzenlos verantwortlich fühlte, sowohl für sich selbst wie auch für alle von seinen Handlungen Betroffenen. Herr Merckle ist ein Ehrenmann. Unterschwelliger Spott und Ironie ist völlig unangebracht.

    Die hier versuchte feministische Deutung, eindimensional und frei jeder Empathie für Männer, hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Selbst Tragödien wie die von Herrn Merckle dienen lediglich der Bestätigung eigener Vorurteile.

  • R
    Roslin

    Aha, Selbstmord als letztes Machtinstrument.

    Jedenfalls dann, wenn ein Mann ihn begeht.

    Man muss wohl feministisch zurecht gegendert sein, um auf diese Deutung zu verfallen.

    Sonst könnte man ja auf die Idee kommen, daß Männer sich oft ohnmächtiger fühlen als Frauen, in vielen Situationen, weil sie die Leistungserwartungen, die die Gesellschaft, sie selbst und nicht zuletzt Frauen an sie richten, nicht mehr erfüllen können.

    Frauen dagegen versuchen sehr viel häufiger einen Selbstmord als Männer, sehr viel häufiger aber auch erfolglos.

    Sind sie ungeschickter?

    Oder sind ihre Selbstmordversuche Machtinstrumente, um ihre Umwelt emotional zu erpressen, oft gar nicht ernst gemeint?

    Aber natürlich nicht.

    Es sind ja Frauen.

    Es müssen also die Hilferufe verzweifelter Opfer sein.

    Anzuerkennen, daß auch Männer oft Rollenwerwartungen zum Opfer fallen, die ihnen u.a. auch von Frauen zugewiesen werden - Frauen, die als Mütter starke Söhne heranziehen wollen, die als Liebende starke Männer begehrenswert finden, keine Wasch - u. Jammerlappen - hieße ja das Dogma von der "unschuldig-ohnmächtigen" Frau und vom "schuldig-mächtigen" Mann in Frage zu stellen, von dem der Feminismus lebt.

    Also müssen sich selbst tötende Männer Macht ausüben wollen.

    Sogar Verzweiflung kann noch denunziert werden.

  • K
    KdN

    Hier Fakten, Kind(er) getötet, Frau überlebt eigenen Selbstmordversuch:

     

    http://redaktion.punkt.ch/fileadmin/userdata/ePaper/2008/2008_09/punkt.ch_LU_20080903.pdf

     

    http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,513771,00.html

     

    http://www.sueddeutsche.de/panorama/781/348617/text/

     

    http://www.lr-online.de/nachrichten/LR-Themen-Kindstoetung-Totes-Baby-Luebben-Prozess-Landgericht-Cottbus;art1065,2074569

     

    http://www.focus.de/panorama/welt/regensburg_aid_230796.html

     

    Erklärungsversuch:

    http://www.wz-newsline.de/?redid=233993

    und noch interessant:

    Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft, ob die Tötung von Kleinkindern in bestimmten Fällen schärfer bestraft werden muss. Nach geltender Rechtsprechung kann das Mordmerkmal der Heimtücke bei Kleinkindern bis drei Jahre nicht vorliegen, weil sie angeblich unfähig sind, Argwohn zu schöpfen und insoweit ihre Arglosigkeit von einem Täter auch nicht heimtückisch ausgenutzt werden kann. Deshalb können Eltern, die ihre Kleinkinder töten, einen anschließenden Selbstmordversuch aber überleben, bislang nicht wegen heimtückischen Mordes bestraft werden.

  • K
    KdN

    @transmet

     

    Experten gehen davon aus, dass „ein paar hundert“ Kinder pro Jahr durch Mütter umgebracht werden. Oftmals versucht danach die Mutter sich selbst umzubringen. Meist klappt es nicht.

    (Z.B. ein Fall in der Schweiz, wo eine Krankenschwester das Kind im Fluss aussetzt, sich danach aber nicht umbringen kann (obwohl sie ja das Kind umgebracht hat, weil sie es nicht alleine lassen wollte!) und dann selbst die Polizei benachrichtigt!!!)

     

    Schau Dir mal diesen Artikel an und erkläre mir, wieso Alice Schwarzer (Emma) sich für die Straffreiheit von Kindsmörderinnen einsetzt!

     

    http://www.emma.de/einsamkeit_der_muetter_2008_5.html

     

    „Ein kurzer Prozess könnte die Wiedereinführung des § 217 sein, aber diesmal nicht eingeschränkt auf die Tötung "unehelicher", sondern für alle Neugeborenen. Der alte § 217, der im 19. Jahrhundert ins Strafgesetzbuch aufgenommen wurde, ging davon aus, dass nur ledige Mütter Probleme haben. Wie wir sehen, ist das ein Irrtum. Doch die juristische Unterscheidung im alten Recht zwischen "Kindsmord" – also der Tötung eines Neugeborenen, direkt nach der Geburt und noch bevor sein Leben beginnt – und der Tötung eines "bereits eigenständig lebenden Kindes oder Erwachsenen war richtig. Es war falsch, diesen Paragraphen ersatzlos abzuschaffen.“

    „Ein neuer § 217 muss her, der diese einsamen und verzweifelten Mütter nicht auch noch für Jahrzehnte ins Gefängnis schickt. Das nutzt nämlich niemandem. Es schützt nicht zukünftige ungewollte Neugeborene vor einer solchen Tat. Es schafft kein Unrechtsbewusstsein in der Gesellschaft, das existiert schon. Und vor allem: Es öffnet den Täterinnen nicht die Augen für ihre Tat, denn die verdrängen entweder weiter oder sterben vor ¬schlechtem Gewissen, so wie Nadja N. und Sabine S.“

    „Übrigens: In den meisten Fällen sind die Frauen, die ein Neugeborenes nicht leben lassen, schon Mütter – und fast immer gute Mütter. Doch in der Regel gehen sie dann ins Gefängnis, und ihre Kinder bleiben bei dem Vater zurück. Bei dem Mann, der wegguckt, schweigt, droht. Und in den meisten Fällen auch schlägt.“

     

    Um den Bogen zum Thema zu spannen, Frauen sollen also ihre Kinder töten dürfen, ohne die Verantwortung zu übernehmen, ist ja auch keine Machtausübung, sondern ... weiss nicht, Notwehr???

    Gruss

    KdN

  • T
    transmet

    @KdN: .....dass immer wieder Frauen es zwar schaffen ihre Kinder zu töten, „leider“ aber nicht sich selbst?

    Ist das dein Ernst? Ich wollte zuerst gar nicht glauben, daß jemand so nen Schwachsinn schreibt.

  • N
    Name

    Macht? - son Blödsinn! Das kann auch nur jemand geschrieben haben der selbst noch net in der Lage war. Wer so weit kommt, der ist so fertig und dem is alles gleichgültig, da spielt Macht sicher überhaupt keine Rolle. Und das den Männern zu zu ordnen ist wirklich sexistisch.

  • B
    Bernjul

    @KdN "Ich würde gerne von Frau Herrmann erfahren, wie es dann kommt, dass viel mehr Frauen sich fast umbringen, aber dann doch noch im letzten Moment gerettet werden? Ist sicher kein „Machtinstrument“, denn Frauen können sich ja viel besser helfen lassen!

    Noch mehr würde mich aber interessieren, wie es kommt, dass immer wieder Frauen es zwar schaffen ihre Kinder zu töten, „leider“ aber nicht sich selbst? Hat sicherlich nichts mit Macht zu tun."

     

    Schön formuliert. Ich hätte darauf auch gerne eine Antwort. Aus meiner Sicht ist ein "Selbstmordversuch" meist ein vorgetäuschter Selbstmord ohne echte Absicht zu sterben. Ein paar Schlaftabletten schlucken ohne wirklich davon auszugehen das man stirbt, ist tatsächlich ein Machtinstument, eine letzte Waffe, denn die überlebenden eines "Selbstmordversuches" können im Gegensatz zu einem Toten damit sehr wohl viel Macht ausüben und erpressen i.d.R. ihre Umgebung damit.

  • T
    transmet

    Habe bereits mehrere Menschen kennengelernt, die einen Selbstmordversuch hinter sich haben. Alles Frauen. Vielleicht erklärt sich daraus die deutlich höhere Selbstmordrate bei Männern.

  • K
    KdN

    „Die komplementäre Deutung wäre, dass es Frauen vielleicht leichter fällt, Hilfsangebote zu erkennen und anzunehmen.“

    "Wenn man den Suizid als Machtinstrument liest, als letzte Waffe, dann lässt sich vielleicht daraus erklären, warum sich deutlich mehr Männer umbringen als Frauen."

    Ich würde gerne von Frau Herrmann erfahren, wie es dann kommt, dass viel mehr Frauen sich fast umbringen, aber dann doch noch im letzten Moment gerettet werden? Ist sicher kein „Machtinstrument“, denn Frauen können sich ja viel besser helfen lassen!

    Noch mehr würde mich aber interessieren, wie es kommt, dass immer wieder Frauen es zwar schaffen ihre Kinder zu töten, „leider“ aber nicht sich selbst? Hat sicherlich nichts mit Macht zu tun.

    Eine ganz ganz schräge Sichtweise von Frau Herrmann.

    Gruss

    KdN

  • RS
    Robert Schneider

    ... wer möchte schon wirklich "richten" über einen Menschen, den man eigentlich nur sehr oberflächlich kennt- eben aus der Zeitung.

    Über die Motive seines "freiwilligen" Ablebens kann daher nur spekuliert werden. Manchmal ist es ja auch nur der eine Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

    Vielleicht trifft der Taz-Artikeln die Dinge aber auch sehr gut.

    Herr Merckl war ein schlechter "Verlierer".

    Der Verlust war groß und die Scham wohl auch.

    Ihm wurde vielleicht klar., das er Mist gemacht hat zu Lasten vieler Menschen.

    Das er am Ende noch möglicherweise den Zugführer mit in sein Drama hineinzog.., spricht dafür, das er vielleicht schon "kopflos".. war.

    Bei aller "Schadenfreude".. , so eine Tragödie verrät viel über Herrn Merckl und die Gesellschaft in der er lebt. Aber auch hier ist alles nur Spekulation !

  • I
    Ignatz

    @anke

    Ein wirklich guter Kommentar. Danke.

     

    Wer meint ein Selbstmörder flieht vor der Verantwortung hat wirklich ein fragwürdiges Bild vom Leben. Für die, die es noch nicht wissen, nach einem gelungenen Selbstmord ist man mausetot und kann weder Erleichterung, Genugtuung oder sonst etwas empfinden. Seltsamerweise stirbt aber die Gefühlswelt der noch lebenden Menschen damit nicht ab. Wobei positive Gefühle, wie Liebe zu achten und respektieren sind. Doch Wut, Hass, Neid, Rachelust, scheinen gerade jetzt aufzuglühen. Wir gönnen einen Menschen den Tod nicht, weil er zu viel verbockt hat. Was bedeutet das eigentlich auf deutsch? Man wünscht diesem Menschen etwas noch schlimmeres als den Tod! Was ist damit gemeint? Was auch immer, es wird keinen Platz in der Moralvorstellung unserer Gesellschaft haben.

     

    Zum anderen sei erwähnt, dass es keine leichte Sache ist, sein Leben selbst zu beenden, wie viele wahrscheinlich meinen. Wenn dies so wäre, dann müßte Deutschland doch von einer Selbstmordwelle erfaßt werden. Schließlich leben in Deutschland viele Menschen, die vom Leben nichts schönes mehr zu erwarten haben und dessen Leben außer Arbeit, Demütigung, Verzweiflung, Alkohol nur noch den Zwecken anderer dient. Läßt sich davon jemand abschrecken?

  • J
    JaK

    Liest jemand die Artikel i.d. Redaktion nochmal bevor sie veröffentlicht werden?

    »Insgesamt führt der Selbstmord fast doppelt so häufig zum Tod wie ein Verkehrsunfall.«

     

    Hat jemand die Autorin mal gefragt, über was sie denn überhaupt schreiben will? Ein grauseliges Themen-Potpourri. Die Stammheimer, Herr Möllemann, die Gotteskrieger, der Führer und seine Kumpanen sind üble Provokateure, die Familie und Gesellschaft die Fähigkeit abgesprochen haben, zu helfen und zu verstehen. Sie alle fehlen in diesem Sammelsurium.

  • S
    SgtAwesome

    @07.01.2009 21:35 Uhr:

    Von Bernjul:

     

    Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können.

  • D
    Denninger

    Ich stimme "07.01.2009 20:37 Uhr: Von anke:" vorbehaltlos zu.

    Der Mensch ist Teil der Gesellschaft. Sein Recht auf Selbstbestimmung ist (vorbehaltlich Delikten und unerlaubten Handlungen) trotzdem ein Grundrecht.

  • L
    Lars

    Es gibt weitaus interessantere Fälle von Hartz 4 Empfängern, die Suizid begehen weil sie von dem wenigen Geld sich und ihre Familie nicht ernähren können.

     

    Es gibt weitaus interessantere Fälle von Flüchtlingen, die sich in deutschen Abschiebeknästen das Leben nehmen aus Angst vor wiederkehrender Folter in ihren Heimatländern.

     

    Es gibt weitaus interessantere Fälle von drangsalierten Jugendlichen, die von Hochhäusern springen weil die Gesellschaft ihr Anderssein nicht akzeptiert weil sie ihr gefestigtes Bild eines normalen Jugendlichen hat.

  • A
    Amos

    Jeder nach seinem Geschmack: Der eine 'gibt sich

    die Kugel'- Merckle hat eben den Zug genommen.

  • RA
    René Artois

    Wie auch immer: Bahnselbstmörder sind höchst asoziale Zeitgenossen, denn sie stürzen die von ihnen instrumentalisierten Triebfahrzeugführer in tiefe seelische Krisen, über die viele ihr Leben lang nicht mehr hinwegkommen.

  • Z
    zoidbeck

    Sehr guter Artikel. Danke dafür.

    Selbstmord ist meiner Meinung nach immer eine Tragödie, aber auch, je nach Situation vielleicht unterschiedlich stark, eine Flucht aus der Verantwortung.

    In diesem Fall ist meiner Ansicht nach die persönliche Niederlage Schuld. Er hat gespielt und verloren. Die Konsequenz, die er daraus zog, erklärt sich aus seiner Vita und errinnert mich an z.B. Selbstmorde unter Landwirten in Jahren der Mißernte.

  • M
    michaelbolz

    Ein emphatischer Artikel, und nicht nur ein Mutmacher. Mehr davon!

  • S
    Sparky

    Es tut mir Leid, aber ich kann dafür kein wirkliches ernstgemeintes Mitleid aufbringen. Dieser Mensch hat tausende von Mitarbeitern mit in den Ruin gestürzt und sich in Geldgier und Sucht nach immer Höherem verspekuliert. Ich finde, es sollte mal anfangen, die hohen Leute, die dort so am Finanzmarkt gepfuscht haben auch einmal vor Gericht zu stellen.

  • B
    Bernhard

    So tragisch der Fall für die Angehörigen sein mag- ganz der Brachialunternehmer, der er war, ließ Merckle selbst in seiner letzten Stunde noch die anderen den Dreck wegräumen. Und die sollen mit den psychischen Folgen schauen, wo sie bleiben. Sehr bezeichnend.

  • DG
    David Großfuss

    Mitgefühl???

    Menschen die im Rahmen von Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu Multimillionären oder gar Milliardären werden und im Zuge dieses Geschehens ähnlich wie ein Alkoholiker, Tabletten, Drogenabhängiger oder Spielsüchtiger „Geldsüchtig“ werden, dann anfangen zu zocken und dabei scheitern, haben aus meiner Sicht kein Mitgefühl verdient. Dieser Unmensch hatte ja auch keinerlei Mitgefühl für an die hunderttausend Mitarbeiter nebst Familie, falls sein Börsenspiel scheitert.

    In einer „gesunden“ Gesellschaft wäre es längst an der Zeit „Geldsucht“ als therapiebedürftige Krankheit anzuerkennen, notfalls mit Zwangseinweisung in entsprechende Einrichtungen.

    Wer es kann und Spaß daran hat soll doch ruhig Geld verdienen und vermehren, aber der private Zugriff sollte begrenzt sein, alles darüber hinaus der Allgemeinheit zugute kommen. Dies würde das Suchtpotential reduzieren einschließlich der daraus resultierenden Folgen. Herr Merckle könnte noch leben und die Mitarbeiter von Ratiopharm, Heidelberg Zement etc. bräuchten nicht um ihren Arbeitsplatz zu bangen.

  • A
    arno

    "Für Milliardär Adolf Merckle...", sind die geschätzten Vermögenswerte eines Menschen für die TAZ jetzt Einordnungskriterium für einen Menschen? Der Mensch Merkle war in erster Linie Unternehmer und wenn die Aussagen vieler Mitarbeiter seiner Firmen stimmen ließ er ihnen sehr viel Raum und vor allem Zeit zum handeln. Langfristig denkend, am Erhalt der Arbeitsplätze und Unternehmenssubstanz interessiert und vor allem nicht an kurzfristiger Gewinnmaximierung orientiert. Bescheiden im Leben von ehemaligen Topmanagern gern als geizig und gierig verschrien, weil er ihnen auch nicht mehr zugestand, als er seinen Betrieben selbst entnahm. Er fuhr 2. Klasse viel Fahrad und häufig seinen alten Golf. Das war natürlich für manche Topmanager in seinen Betrieben schwierig, weil die natürlich für sich gerne ein paar Nummern besser unterwegs waren. Die Banken werden jetzt einen Reibach machen, gute Steuerzahler wie Ratiopharm werden ins Ausland verschachert, wo in Zukunft natürlich auch die Gewinne landen. Da wär es für den Staat und die Mitarbeiter sicherlich besser gewesen evt. zu Bürgen. Merckle hätte zurückgezahlt. Durch den außergewöhnlichen Spekulationsverlust war das natürlich der Öffentlichekeit nicht vermittelbar. Schade und Beileid. Er hat seine Firmen vorangebracht, sein Geld in Deutschland investiert und die wachsende Mitarbeiterzahl teilhaben lassen. Von solchen Menschen bräuchten wir mehr.

  • SS
    Stefan Schumacher

    Selbst-Mord? Wie geht das denn? Wie kann man sich selbst ermorden?

     

    Ein Mord (§ 211 StGB) ist die Tötung eines anderen Menschen, sich selbst kann man also nicht „ermorden“.

  • B
    Bernjul

    "Wenn man den Suizid als Machtinstrument liest, als letzte Waffe, dann lässt sich vielleicht daraus erklären, warum sich deutlich mehr Männer umbringen als Frauen."

     

    Den verzweifelten Suizid eines Mannes als "Machtinstrument und als letzte Waffe" zu sehen, zeugt in meinen Augen von einer bodenlosen Männerverachtung und ist zutiefst sexistisch. Ich persönlich gehe davon aus das sich erheblich mehr Männer als Frauen umbringen, weil die gesellschaftliche Rolle der Männer extrem belastend ist und Männern lediglich eine Täter-, jedoch niemals eine Opferrolle zugestanden wird. Wenn die Selbstmordrate der Frauen dermassen hoch wäre, würden sämtliche Feministinnen Sturm laufen und es wäre Dauerthema im Bundestag.

    Insgesamt begrüße ich jedoch den mutigen Vorstoß der TAZ sich überhaupt einmal dieses Themas anzunehmen. Ich gehe auch nicht davon aus das die Presse allgemein nicht über Suizide berichtet um Nachahmung zu vermeiden, denn die Presse ist sonst auch nicht so zimperlich. Ich gehe dagegen davon aus, dass Suizid a) nach wie vor ein Tabuthema ist zu dem niemand hinschauen möchte und b) betrifft es eben hauptsächlich Männer und Männer die sich verzweifelt umbringen passen nicht in das gesellschaftliche Bild der Männer. Denn dann wären Männer ja Opfer und das kann nicht sein. Männer sind keine Opfer sondern Täter und selbst wenn ein Mann sich umbringt, dann kann man diese Verzweifungstat ja immer noch als "Machtinstrument und als letzte Waffe" definieren und schon stimmt das gesellschaftliche Bild wieder.

  • A
    anke

    Selbstmord als Provokation? Die Gesellschaft reagiert darauf jedenfalls wie die berühmte beleidigte Leberwurst. Mit der Behauptung nämlich, es könne gar nicht sein, dass unter Millionen von Mitmenschen nicht einer war, der wirklich helfen wollte, tatsächlich helfen konnte. Aber damit macht es sich die Gesellschaft zu leicht. Sie nämlich stellt die Regeln auf, nach denen Hilfe gewährt wird. Wer diese Regeln nicht akzeptiert, ist zwar "selbst Schuld", tot ist er aber trotzdem.

     

    Der Suizid als Machtinstrument? Aus Sicht der Gesellschaft mag er das sein. Macht meint schließlich die Fähigkeit, auf das Verhalten und Denken anderer einzuwirken, und zwar im eigenen Sinn und Interesse. Die Gesellschaft sieht sich von Selbstmördern gezwungen, zu denken bzw. sich zu verhalten, und sie empfindet das als Zumutung. Deswegen fragt sie auch gar nicht, ob sie im Sinne oder im Interesse des Selbstmörders denkt bzw. handelt. (Fragen kann man ihn ja ohnehin nicht mehr.) Die Gesellschaft betrachtet sich als Opfer eines Missverständnisses, wenn nicht gar als Opfer eines Machtmissbrauchs. Aus Sicht des Selbstmörders ist der Freitod mit Sicherheit kein Machtinstrument. Wer sich selbst tötet, gibt nämlich genau die Fähigkeiten, die Macht per Definition ausmachen, für immer auf. Nie wieder wird er falsche Aussagen anderer richtig stellen, nie wieder eigene Erklärungen abgeben, nie wieder aktiv handeln können. Das einzige, was ein Selbstmörder erreichen kann, ist Vergessen.

     

    Dass Frauen seltener Selbstmord begehen, weil sie eher in der Lage sind, Hilfsangebote zu erkennen und wahrzunehmen, halte ich im Übrigen für eine Schutzbehauptung. Frauen finden sich mit gänzlich fehlenden bzw. unzureichenden Hilfsangeboten womöglich einfach "leichter" ab. Sie haben schließlich seit Jahrtausenden gelernt, ihre Ansprüche den Realitäten zu unterwerfen, nicht umgekehrt. Männer fassen ein derartiges Verhalten wohl eher als zusätzliche Demütigung auf, der sie sich im Ernstfall einfach nicht aussetzen wollen.

     

    Mitgefühl? Ist gewiss keine ganz schlechte Idee. Vorher.

  • C
    CB89

    Ein Artikel auf den ich nach den Meldungen der letzten Tage schon gewartet habe.

    Und ich muss sagen, er fasst die Situation rund um den Suizid angenehm gut zusammen.

     

    Einzig und allein der letzte Absatz ist zumindest mir persönlich ein Dorn im Auge und will meiner Meinung nach nicht ganz zum Gesamtbild des Artikels passen.

     

    Dem Individuum bleibt nichts anderes übrig? Der Mensch hat keine Wahl?

    Will der Autor dem Mensch hier etwa den "freien Willen" absprechen? Die Fähigkeit auf Kontrolle über das eigene Schicksal verweigern? (Ich gebe ja zu, dass diese nur bis zu einem gewissen Maße vorhanden ist, aber sie ist das!)

    ...

    ich bin verwirrt....