„Die Rechte, das ist die Hölle“

■ Marguerite Duras wirft sich für Mitterrand ins Zeug

Berlin (AFP/taz) – Drei lange Tage hat es nach dem sensationellen Abschneiden der Rechten im ersten Durchgang der Parlamentswahlen gedauert, bis die französischen Intellektuellen ihre Sprache wiederfanden. Marguerite Duras, die große alte Dame der Literatur (heute 78), war die erste. Gestern meldete sie sich in der linken Wochenzeitung Globe Hebdo mit der Äußerung: „Die Rechte, das ist die Hölle“, zu Wort.

Den Gewinnern der Wahl attestierte sie, keine Ideen und keine höheren Prinzipien zu haben. „Das einzige, was sie im Kopf haben, ist die Macht.“ Ihr Zusammenhalt sei nicht der einer Partei, sondern der eines Clans. „Sie könnten ebensogut Karten miteinander spielen.“

Der einzige Konservative, der Gnade vor ihren Augen findet, ist der Gaullistenführer und gegenwärtige Pariser Bürgermeister Jacques Chirac, der auf das Amt des Staatspräsidenten schielt. „Er ist sympathisch, anständig, ehrbar“, betont Duras.

Sich selbst tröstet Duras, für die Linkssein ein „Glückszustand“ ist, damit, „daß dieser Sieg der Rechten keine wirkliche Niederlage der Linken ist. Ihre Arroganz von Reichen wird das Volk nicht gleichgültig lassen.“ Jetzt will sie abwarten, bis die „rechte Welle“ vorüber ist. Ihre Hoffnung gilt „dem Proletariat“ und Mitterrand.

Dem Proletariat – von dem Millionen Vertreter am vergangenen Sonntag für die Rechte gestimmt haben – hält die Schriftstellerin zugute, daß es die Wahlen „nicht ernst genommen hat“. Mitterrand hingegen gilt ihre Bewunderung. „Ich verehre ihn. Er weiß alles und wird nichts sagen. Ich glaube nicht, daß er entbehrlich ist.“ Mitterrand werde „durchhalten“, denn er sei ein Widerstandskämpfer. „Er wird vielleicht den Eindruck erwecken, daß er geht, aber er wird nicht gehen. Er ist unersetzlich.“

Am Sonntag hat die Autorin von „Der Liebhaber“, „Heiße Küste“, „Der Schmerz“ und anderem ihre Stimme den Kommunisten gegeben. Nicht aus Liebe zur Partei und ihrem Chef – „Die KP und Marchais interessieren mich nicht“ – sondern aus alter Verbundenheit zur Linken.

Von der KPF wurde das Mitglied Duras zweimal ausgeschlossen. Duras' Aufruf, kommunistisch zu wählen, ignorierten Marchais' Stalinisten komplett. Doch an ihrer Stimmabgabe „aus Liebe“ änderte das nichts. Das „war meine Art, für Mitterrand zu votieren“, sagt Duras jetzt. Mitterrand sei ein „Poet der linken Politik“. Sie selbst hingegen eine „vorstalinistische Kommunistin“, eine Art Fossil, wie die frühen Kommunisten.

Duras' Zuneigung zu Mitterrand war nicht immer so eindeutig. Nach dem Ende ihrer Militanz in der kommunistischen Partei hatte sich die Schriftstellerin zur Fürsprecherin von Frauen gemacht und die condition feminine auch in ihre literarische Tätigkeit einbezogen.

Vor einem Jahr führte dieses Engagement zu einem öffentlichen Konflikt mit ihrem langjährigen Vertrauten. Nach nur einjähriger Amtszeit hatte Mitterrand die erste weibliche Regierungschefin Frankreichs, die Sozialistin Edith Cresson, abgesetzt. Cresson war das Bauernopfer nach der schweren Niederlage, die die Sozialisten bei den Regionalwahlen erlitten hatten. Duras drohte Mitterrand daraufhin, sie werde nie wieder mit ihm sprechen.

In besseren Zeiten habe Mitterrand ihr einmal gesagt, er sei eigentlich nur ein „Unfall“ in der französischen Politik. In Wirklichkeit stehe Frankreich rechts. Die Wahl vom Sonntag scheint ihm nachträglich recht zu geben, nicht jedoch Duras. Die meint unbeirrt, Frankreichs Zukunft liege links.