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Die Politik der Vertriebenen

Erika Steinbach ist seit 1998 Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV). Als Bundestagsabgeordnete der CDU hatte sie gegen den deutsch-polnischen Grenzvertrag und die deutsch-tschechische Versöhnungserklärung von 1997 gestimmt. Kürzlich musste sie einen Glaubwürdigkeitsverlust hinnehmen. Die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita konnte nachweisen, dass Steinbachs Eltern nicht der deutschen Minderheit in Polen angehörten, sondern ihr Vater erst im Krieg als Unteroffizier und Besatzungssoldat nach Rahmel (polnisch Rumia) kam. Dort wurde Erika Steinbach im Juli 1943 geboren.

Der Kreis Neustadt, dem Rahmel im Krieg angeschlossen wurde, gehörte zu den Gebieten Westpolens, aus dem die polnische Bevölkerung massenhaft und besonders brutal vertrieben wurde. Anfang 1945 flohen Steinbachs vor der Roten Armee nach Hanau. Obwohl sie nur anderthalb Jahre in Rahmel lebte, kann sich Steinbach nach dem Bundesvertriebenengesetz von 1953 als Vertriebene bezeichnen, da sie ihren Wohnsitz „in Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht“, verloren hat.

Im Juni trat Steinbach mit ihren Plänen für ein Zentrum gegen Vertreibungen an die Öffentlichkeit. Eine Dauerausstellung soll den „Schicksalsweg der deutschen Heimatvertriebenen“ darstellen. Geplant sind außerdem Wechselausstellungen zu aktuellen Vertreibungsgeschehen und ein internationales Forschungszentrum. Steinbach fordert für den Bau des Zentrums die finanzielle Hilfe der Länder und des Bundes, der in „geschichtlicher und räumlicher Nähe“ zum Holocaust-Denkmal ein Gebäude zur Verfügung stellen soll. Die Einrichtung eines international besetzten Kontrollgremiums für das Zentrum ist nicht vorgesehen.

Die Vereinigten Landsmannschaften und der Zentralverband der vertriebenen Deutschen verabschiedeten am 5. August 1950 ihre Charta der Vertriebenen. Erklärt wird darin der „Verzicht auf Rache und Vergeltung“. Von der Bundesregierung verlangten sie unter anderem eine „gerechte und sinnvolle Verteilung der Last des letzten Krieges“. Die Charta beruhte stark auf der christlichen Ethik und leitete aus ihr das von „Gott geschenkte“ Recht auf Heimat ab.

Bemerkenswert ist auch, was nicht in der Charta stand. Die Vertriebenen forderten keineswegs die Rückgabe deutscher Ostgebiete, ebenso wenig Entschädigung von den Vertreiberstaaten oder ein kollektives Selbstbestimmungsrecht, was ihnen nach einer etwaigen Rückkehr in die alte Heimat die Sezession ermöglicht hätte. Diese Forderungen kamen erst auf, als die Nationalkonservativen den auf Aussöhnung bedachten Flügel weitgehend entmachtet hatten.

Die Charta war für die östlichen Nachbarn Deutschlands annehmbarer als die heutigen BdV-Forderungen.

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