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Die PDS setzt 1998 auf fünf Prozent

Der PDS-Parteichef Lothar Bisky stellte in Berlin das Wahlprogramm für 1998 vor. PDS will den Kanzler einer rot-grünen Koalition mitwählen. Überspringen der Fünfprozenthürde wird für realistisch gehalten  ■ Aus Berlin Severin Weiland

In der Infobox am Potsdamer Platz, wo nebenan die Neubauten von Daimler und Sony in den Himmel wachsen, wagte PDS-Parteichef Lothar Bisky einen optimistischen Blick in die Zukunft. Bei der Bundestagswahl im September seien „knapp über fünf Prozent“ und sieben Direktmandate für seine Partei durchaus realistisch.

In der Nacht zuvor hatte der Bundesvorstand in Berlin einstimmig für das Wahlprogramm votiert. Im April soll es auf einem Bundesparteitag in Rostock endgültig verabschiedet werden. Deutlich grenzt sich die PDS von der SPD ab. Oder, wie es Bisky gestern formulierte: Eine mögliche rot-grüne Koalition in Bonn brauche „Druck von links“. Ein Tolerierungsangebot wie in Sachsen- Anhalt sei auf Bundesebene unwahrscheinlich. Dagegen sprechen die Erfahrungen mit dem Ritual der PDS-Ausgrenzung in der alten Bundesrepublik. Der Wahl eines rot-grünen Kanzlers werde sich die PDS „nicht verweigern“, so Bisky.

Konkret schlägt die PDS in ihrem Programm vor, den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer bei 53 Prozent zu belassen. Die Vermögenssteuer solle wiedereingeführt, Spekulationsgewinne besteuert und eine einmalige Abgabe auf „große Vermögen, für Versicherungsgesellschaften und Kreditinstitute“ erhoben werden. Die Mehrwertsteuer dagegen soll für Güter des täglichen Bedarfs und Handwerksleistungen auf sieben Prozent gesenkt und für Luxusgüter auf 21 Prozent angehoben werden. Eine Definition, die unklar blieb. Bisky sprach von einer Luxusteuer ab der „Mercedes- S-Klasse“ und für bestimmte teure Antiquitäten. Mit einem – finanziell nicht näher definierten – öffentlich geförderten Beschäftigungssektor will die PDS die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Dazu soll ein föderal gegliederter Fonds für soziale und ökologische Gemeinschaftsaufgaben gebildet werden.

Im Grundgesetz will die PDS neben dem Recht auf Arbeit auch das auf einen Ausbildungsplatz festschreiben. Bisky relativierte die Zielsetzung Vollbeschäftigung aber, in dem er darauf verwies, daß schnelle Lösungen auch die PDS nicht versprechen könne. Man halte aber an dem „Ziel“ einer „existenzsichernden Erwerbsarbeit für alle, die es wünschen“, fest. Im sicherheits- und außenpolitischen Teil fordert die PDS die Auflösung der Nato und den Aufbau nichtmilitärischer Sicherheitssysteme. Die Wehrpflicht soll abgeschafft werden. Ein Spagat wird beim Thema Euro vollzogen: Dessen Einführung sei „solange“ abzulehnen, wie sie nicht an eine Erhöhung des Beschäftigungsniveaus sowie sozialer und ökologischer Standards gebunden sei.

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