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Die PDS hat ihr Wahlziel erreicht

■ Gysi bedauert Ausscheiden der Grünen und sieht gewachsene Verantwortung/ PDS will Fraktionsstatus im Bundestag notfalls einklagen/ Parteichef erzielt Direktmandat in Berlin

Berlin (ap/dpa/taz) — Gregor Gysi zeigte sich hochzufrieden. Die PDS, so ihr Vorsitzender, habe ihr Wahlziel, als „moderne sozialistische Oppositionspartei“ in den Bundestag einzuziehen, erreicht. Gysi präsentierte gestern in Bonn gleich noch ein neues Attribut für die SED-Nachfolgepartei: „liebenswürdig“. Trotz ihres Stimmenverlustes von rund fünf Prozent gegenüber den Volkskammerwahlen in der ehemaligen DDR sagte Gysi, seine Partei habe sich gut behauptet. Beachtlich sei das Ergebnis vor allem auch vor dem Hintergrund der „massiven Angriffe“ aus der SPD und der „Selbstbelastung“ durch die Finanzaffäre. Allerdings sei der erhoffte Stimmenzuwachs im Westen ausgeblieben. Das deprimierende Ergebnis von 0,3 Prozent wertete Gysi als Zeichen dafür, daß die PDS noch nicht als „gesamtdeutsche linke Partei“ angenommen worden sei. Er kündigte in den westlichen PDS-Landesverbänden für die Zukunft eine „viel offenere Aufnahmepolitik“ an. Verstärkt werden solle auch der Dialog mit linken außerparlamentarischen Gruppen, um die parlamentarische Arbeit auf eine „breitere Basis“ zu stellen. In den Landesverbänden Westdeutschlands muß nach Auffassung Gysis nun eine „viel offenere Aufnahmepolitik“ betrieben werden. Dabei dürfe es keine Doppelmitgliedschaften in anderen Gruppierungen geben. „Die inhaltliche Auseinandersetzung gehört in die Partei hinein, nicht außerhalb.“ Verstärkt werden sollte aber der Dialog mit linken außerparlamentarischen Gruppen, um die parlamentarische Aufgabe auf eine breitere Basis zu stellen.

Die PDS wird voraussichtlich 17 Parlamentssitze erhalten. Gysi selbst konnte im Ostberliner Stadtteil Marzahn mit 31,8 Prozent ein Direktmandat erzielen. Er kündigte an, die PDS werde keine Behinderung ihrer parlamentarischen Arbeit hinnehmen. Gysi kündigte Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an, falls der PDS kein Fraktionsstatus im Bundestag gewährt werden sollte. Analog zum Wahlrecht, das den Parteien im Osten durch eine getrennte Stimmenauszählung Chancengleichheit eingeräumt habe, müßten nun auch fünf Prozent der Stimmen in den neuen Bundesländern ausreichen, um den Fraktionsstatus zu erreichen.

Der Parteichef erklärte, die Verantwortung als Opposition sei für die PDS durch das Ausscheiden der West-Grünen noch größer geworden. Die Bedingungen linker parlamentarischer Arbeit hätten sich durch den „evidenten Rechtsruck“ erheblich verschlechtert. Er bedauerte das Ausscheiden der Grünen und kündigte an, die politischen Gespräche mit Grünen-Vertretern fortzusetzen. Gysi nannte es gleichermaßen bedauerlich, daß vor allem die SPD, besonders in Berlin, mit allen Mitteln der Verleumdung einen Wahlkampf gegen die PDS geführt hätte. Die SPD bekäme jetzt die Quittung dafür, „besser sein zu wollen als die CDU“. Die Zielsetzung der SPD und der bürgerlichen Parteien, die PDS unter fünf Prozent zu drücken, sei gescheitert.

Als erste inhaltliche Initiative kündigte die neue Bundestagsabgeordnete Andrea Lederer an, die PDS werde auf Streichung des Abtreibungsparagraphen 218 drängen und sich gegen eine Grundgesetzänderung für den Einsatz deutscher Soldaten außerhalb des Nato-Gebietes einsetzen.

Über Konsequenzen aus dem Wahlergebnis wird ein Parteitag der PDS im Januar beraten. Gysi hat sich noch nicht entschieden, ob er wieder für den Vorsitz kandidieren wird.

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