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Die MeldungFriedenspreis für Friedländer

Pathetischer Quatsch von der Jury

Der israelische Historiker Saul Friedländer erhält den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Das ist gut. Weniger gut jedoch ist die Begründung der Jury: "Saul Friedländer hat den zu Asche verbrannten Menschen Klage und Schrei gestattet, Gedächtnis und Namen geschenkt." Was für ein unglaublich prätentiöser Quatsch! Aus Holocaust-Opfern werden mit Hilfe eines Überwältigungspathos, das eher ans Action-Kino erinnert, "zu Asche verbrannte Menschen", und Friedländer hat den Toten "Schrei gestattet". Warum muss eigentlich eine deutsche Jury, wenn es um den Holocaust geht, sprachlich derart auf die Tube des Pathos drücken? Weil es beim Holocaust nicht mehr drunter geht? Steckt dahinter nicht vielmehr der Wille, selbst so etwas wie ein literarisch wertvolles Wort zu schaffen? Allerdings wird aus dem Griff zum hohen Pathos des Klagelieds ein Griff ins Klo der Rhetorik. Das Pathos ist das bevorzugte Sprachmittel der Täter gewesen, mit dieser deutschen Großspurigkeit aber sollte man die Opfer und einen analytischen Wissenschaftler wie Friedländer nicht belästigen.

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