Die Linke im Parlament (I): Hat's gewirkt?

Ein Jahr Linksfraktion im niedersächsischen Landtag. Nach holprigem Start wollen sie im Parlamentsalltag angekommen sein. Der politische Gegner hält die Linken für "Pausenclowns".

Freuen sich über ein "interessantes Jahr": Kreszentia Flauger und Manfred Sohn, die niedersächsischen Fraktionsvorsitzenden der Partei Die Linke. Bild: DPA

Es war nicht gerade ein Traumstart. Wenige Tage nach der Wahl hatte sich Christel Wegner in der ARD-Sendung "Panorama" nicht von der Stasi distanziert und den Mauerbau sogar gerechtfertigt. Noch hatte die Linke ihr Plätze im ersten Landtag eines westdeutschen Flächenlandes gar nicht eingenommen, da hagelte es Kritik. Die Krankenschwester, die auf dem Ticket der DKP ins niedersächsische Landesparlament gekommen war, wurde aus der Linksfraktion ausgeschlossen. Fast genau ein Jahr später bereiten sich die zehn verbliebenen Landtagsabgeordneten auf ihr einjähriges Jubiläum vor. "Es war ein erfolgreiches und sehr interessantes Jahr", sagt Fraktionschefin Kreszentia Flauger.

Das will der politische Wettbewerber nicht so sehen. Für "teuer bezahlte Pausenclowns" hält der gestern ins Amt gewählte FDP-Fraktionschef Jörg Bode die Linken. "Sie finden in der Landespolitik praktisch nicht statt", urteilt der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Heiner Bartling. "Teile trauern immer noch vergangenen Ideologien nach", kritisiert sein CDU-Kollege Bernd Althusmann. Die Anträge der Linken hält er für "populistisch" und "nicht nachhaltig finanziert".

Darin ist er sich sogar in etwa mit der Grünen Fraktionsvizin einig: Auch Ursula Helmhold findet, die Linke sei "blass geblieben". Viele ihrer Initiativen zu Hartz IV oder Mindestlohn seien "nur durchbuchstabierte Bundesgeschichten".

Wenig schmeichelhaft. Und aus Sicht der Parlamentsnovizen auch kaum gerechtfertigt. Die schreiben sich dagegen das Einknicken der Landesregierung beim Konflikt um die Lehrerarbeitszeitkonten auf die Fahne: "Das waren Anträge, die wir zusammen mit Grünen und SPD eingebracht haben", sagt Flauger. Einen Antrag auf eine soziale Fortschrittsklausel auf EU-Ebene habe die SPD unlängst sogar einfach kopiert. Auch die geplante Untersuchung zur NS-Vergangenheit einstiger Abgeordneter finde auf die Initiative ihrer Fraktion statt.

Als "Krawallbrüder" und "Kommunisten" waren sie zu Beginn der Legislaturperiode häufig vor allem von der CDU in die Zange genommen worden. So häufig, dass Beobachter schon den Eindruck hatten, die Linke würde als Aussätzige behandelt. "Ich weiß nicht, ob ich mich mit einer 7,1-Prozent-Partei in diesem Umfang abgeben würde", sagt Flauger in Richtung CDU. Immerhin: Inzwischen wünscht sich auch CDU-Politiker Althusmann einen "gelasseneren Umgang" mit der Linken.

Dennoch bleibt bei ihm der Verdacht, dass einige Abgeordnete der Partei noch ostalgische Ressentiments hegen. Ältere Schriften des Ko-Fraktionschefs Manfred Sohn, selbst einst DKP-Funktionär, hatten für Furore gesorgt: Er hatte den DDR-Propagandisten Karl-Eduard Schnitzler einst als "unendlich wertvoll" und die DDR als den "besten Staat auf deutschem Boden, den es bisher gab" bezeichnet. Sohn hat das inzwischen als Verirrungen abgetan. Zitate von ihm seien oft aus dem Zusammenhang gerissen worden, beschwert sich Flauger. Und kündigt gleichzeitig an, demnächst gegen die Überwachung durch den Verfassungsschutz Klage einlegen zu wollen.

Für einen gelasseneren Umgang mit den Linken plädiert der Deutsche Gewerkschaftsbund. "Dass die anderen Parteien sich mit ihnen auseinandersetzen müssen, finden wir gut - vor allem, wenn es um Arbeitnehmerinteressen geht", sagt DGB-Landeschef Hartmut Tölle. Er hält es für falsch, die Linksparteiler als "Extremisten" anzufeinden. "Sinnvoll", betont Tölle, "ist es doch, sich mit ihnen in der Sache zu streiten."

Dagegen hat die Fraktionsvorsitzende nichts. "Die sollen sich warm anziehen", sagt Flauger. "Wir sind nun richtig eingearbeitet und legen demnächst noch mal eine Schippe drauf."

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