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Die Lasten des Wohlstandes

Zukunft der Stadt und Quantensprung im Flugzeugbau: Mit dem A3XX kam Wirtschaftssenator Mirow in Blankenese nicht an  ■ Von Sven-Michael Veit

„Leider“, sagt der Senator, „kann ich ihrer Anregung nicht entsprechen. Ich werde nicht zurücktreten.“ Der Saal buht. Wirtschaftssenator Thomas Mirow hat keinen leichten Stand hier im Blankeneser Gemeindesaal. Über die „Zukunftstechnologie A3XX“ will der Sozialdemokrat sprechen zu den rund 300 Versammelten, deren Sorgen er ja verstehe, aber nicht teile und deshalb zu zerstreuen gekommen sei. Was ihm nicht gelingt.

Sein „Bild von der Zukunft der Stadt“ skizziert Mirow, ruhig, in wohlgestalten Sätzen, wie es seine Art ist. Von der „Kraft der Wirtschaft“ spricht er als „der Säule unseres Wohlstandes“, von der Luftfahrt als globaler Wachstumsindus-trie, vom „Prestigeprojekt A3XX“, diesem „Quantensprung im Flugzeugbau“, der in Lärm und Verbrauch, in Umweltfreundlichkeit und Betriebswirtschaftlichkeit „neue internationale Bestmarken“ aufstellen werde. Wie ein Vertreter auf einer Kaffeefahrt redet der Senator auf sein Vorortpublikum ein, doch verkaufen kann er nichts.

Sie wohne unten am Strandweg, sagt eine Anwohnerin, und wegen der Elbvertiefung lecke die Flut schon jetzt regelmäßig auf ihr Grundstück. Wenn für die Erweiterung des Dasa-Werks Finkenwerder das Mühlenberger Loch zugeschüttet würde, „ja, wo soll das Hochwasser dann noch hin? Dann kann ich ja auf dem Balkon baden.“ Es gebe „keinerlei signifikanten Auswirkungen auf die Tide“, sagt der Senator, das sei gutachterlich nachgewiesen worden. Der Saal lacht.

Der Senator lüge und betrüge die Öffentlichkeit, behaupten mehrere, die sich vors Mikrophon drängeln. Eine weitere Verlängerung der Dasa-Werkspiste bestreite er, dabei sei doch klar, dass das Örtchen Neuenfelde im Süden des Werkes samt seinen Obstplantagen plattgemacht werden müsse. Die versprochenen 4000 zusätzlichen Arbeitsplätze durch den A3XX seien auch bloß Propaganda, man wisse ja, was von solchen Versprechungen zu halten sei. Und dann noch der Lärm und der Kerosinnebel von den stundenlangen Probeläufen der Triebwerke. Und die milliardenschweren Subventionen der Stadt für Dasa, deren genaue Höhe der Senator auch jetzt zu nennen sich weigert, seien veruntreute Steuergelder.

Und das alles für einen internationalen Rüstungskonzern, der 200 Meter von Finkenwerder und 500 Meter von Othmarschen, also „mitten in der Stadt“, ohnehin nichts zu suchen habe. „Würden Sie für eine Lagerhalle auch die Binnenalster zuschütten?“, fragt ein Anwohner und liefert die Antwort gleich mit: „Da sehen Sie mal, wie absurd Ihre Politik ist.“

Der Senator gerät in die Defensive an diesem Donnerstag Abend im Vorort am Fluss, der Hamburgs Lebensader sein soll. Die Stadt „als Gesamtorganismus“ erfordere es leider manchmal, dass einzelnen Stadtteile „zusätzliche Lasten“ aufgebürdet werden müssten. „Erwägen Sie doch bitte“, sagt der Senator, „ob Sie diese nicht tragen können zum Wohle der ganzen Stadt.“

Die Blankeneser erwägen nicht.

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