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Die Lachmacher-Wochen

■ Kräftiges Komödianteln: Wieder reiht das Festival der Komödianten im Schmidt Altbewährtes und Neues aus allen Kleinkunst-Bereichen aneinander

Sie leiden in Wilhelmsburg oder musizieren in Berlin, singen sich durch Süddeutschland oder boshafteln sich aus Ostwestfalen heraus: die Vertreter der vielfältigen Spezies der deutschen Kleinkünstlerin, des deutschen Kleinkünstlers. Im Schmidt hat diese Spezies ein überregionales Podium, und im Festival der Komödianten ein schon fast traditionelles Sammelbecken, das im Lauf von zwei Wochen die Szene mischt. Jetzt ist es wieder soweit: Ab dem 15. April komödiantelt es am Spielbudenplatz ganz kräftig. „Das Programm mischt ganz unbeschriebene Blätter zwischen Schmidt-Berühmtheiten“, heißt es aus dem Programm-Büro. „Es ist ein Konglomerat aus: Hach, den wollten wir immer schon mal wieder und: Den könnte man mal versuchen.“

Zu den Stars zählt Nessi Tausendschön mit ihren vielen Gesichtern, den aus der nicht wirklich ernsten Ernsthaftigkeit plötzlich wegrutschenden komödiantischen Einschüben und dem musikalischen Breitband von Schnulze zu Rock. Sie kann das, und ihre Stimme auch. Mit der singt sie, auch wenn sie immer meinte, das sich das doch gar nicht mehr lohne, Jetzt doch Liebeslieder. Auch Michael Kleiber gehört zu den Stars – wenn auch direkter zu den Hausstars des Schmidt. Er liefert mit Grill bei Günni eine wunderbar-ekelhafte „deutsche Provinzposse mit Gesang“ und paßt thematisch in den vielleicht mal beginnenden Frühling: Schauplatz ist ein deutscher Campingplatz, dessen Bewohner alle von Kleiber persönlich verkörpert werden.

Eine Perle auf der eher musikalischen Seite im Feld irgendwo knapp vor „wollten wir immer schon mal wieder“ ist Gayle Tufts, die in Berlin längst ist, was sie auch im heimatlichen New York schon war: ein Star. Um jetzt auch hier vollends zum Star zu werden, ist die kleine Pralle diesmal, begleitet vom schönen und wunderbaren Rainer Bielfeldt, Absolutely unterwegs. Schon der Titel ihres Programms ist Programm. Die fröhliche Mixtur aus deutsch und englisch, von ihr kurz „dinglish“ genannt, ist ihr Markenzeichen ebenso wie ihre kräftige Stimme und ihr unverwüstlicher Witz.

Ebenfalls eine musikalische Entdeckung ist Thomas Kylau, am Spielbudenplatz aus Fifty-Fifty wohlbekannt, der mit seinem Programm Lieder, die das Licht scheuen sittlich Bedenkliches auf angenehm chansonhafte Weise bringt: er hat Stimme und Ironie, und den nötigen Schalk.

Zu den unbeschriebenen Blättern gehört dagegen Sebastian Krämer, entdeckt durch den Jugend-Kulturell-Förderpreis der Vereins- und Westbank. Schon der Titel seines Abends zeigt, daß der Ostwestfale, trotz seiner 19 Jahre, kein Tim Fischer-Nachfolger ist: Gott ißt Tote. Der Vielseitige, der schreibt, Musik macht, singt, bewegt sich „auf den Spuren der Perversion unserer Idole“ und soll, so die Presse, „beängstigend weise“ sein.

Thomas Plaichinger

Vom 15. bis 29. April im Schmidt

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