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Die KriegsreporterinSo klappt Ihr Pro-Brüderle-Artikel

Die „Bunte“, das PR-Magazin für die Herdprämie, gibt allen Redaktionen wertvolle Tipps: Auch wie sie eine Verteidigung Rainer Brüderles hinbekommen.

Unterm Dirndl wird gejodelt: Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht Bild: dpa

H allo, taz-Medienredaktion!

Es juckt. Die ganze Zeit schon. Seit der Preisverleihung letzte Woche. Da ist man einmal ohne Helm unterwegs, und schon muss man es bereuen. Hab eben sehr nah an der Bar gestanden. Überall die alten Säcke! Aber weil jetzt jeder ganz vorsichtig ist und den Anstand wahrt, juckt es zum Glück nur oben. Angeblich stirbt die Filzlaus in Ermangelung von Lebensraum ja aus. Aber wenn noch jemand struppiges Schamhaar für das Vieh bereithält, dann ja wohl die alten Säcke von der Journalistenbar.

Schön auch, dass mein Lieblingsblatt, die Bunte, gefragt hat, was „Deutschlands Männer“ zur Causa Brüderle sagen, und von den acht Herren, die sich wie der FDP-Bekenner Sky du Mont fast ausnahmslos im Sinne des Herrenwitzes äußerten, fünf über 60 Jahre alt sind. Repräsentativ für „den“ deutschen Mann eben, dessen Alter zunimmt. Bei abnehmender Potenz. Was nicht nur den Herrenwitz als solches erklärt, sondern auch die Auswahl der Bunte-Redaktion.

Bild: Eva Häberle
Silke Burmester

berichtet jeden Mittwoch von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

So klappt es nämlich, wenn man einen Pro-Brüderle-Artikel hinbekommen möchte. Und das möchte sie, die Frau Riekel. So, wie sie ihr Heft wohl auch als das PR-Magazin für die Herdprämie versteht und die Tatsache, dass die schwedische Prinzessin eine Kinderfrau sucht, hysterisch mit den Worten bekreischt: „Sie muss ihre Estelle in fremde Hände geben!“

Wo wir gerade beim Austausch von Körperkram sind: Liz Mohn, die große Frau von Bertelsmann, gibt es jetzt als Barbie-Puppe. Nicht zu kaufen, aber als Ehrung wurde ihr eine „One of a Kind“-Puppe übergeben. Weil sie wie die Barbie Mädchen zeige, dass sie unendlich viele Wahlmöglichkeiten hätten. Also heiraten. Was sich im Falle einer Liz Mohn, Friede Springer, Anne Burda und Maria Furtwängler im Laufe der Jahre zu „beruflich“ wandelt.

Bei aller Wahlmöglichkeit ist Barbie männermäßig bekanntermaßen eingeschränkt. Und Ken das Maß der Dinge. Dem, seien wir ehrlich, nur Springer-Chef Mathias Döpfner das Herrenwasser reichen kann. Denn nur er hat diesen Ken-Kopf. Diese Ken-Schultern und die Ken-Füße in Größe Welteroberer. Der aber ist ja schon an Friede Springer vergeben, was bedeutet, dass Frau Mohn einsam im Regal rumstehen wird.

Auch einsam wird es für die Wahrheit. Jener weltweit einzigen täglichen Satire-Seite, mit der die kleine taz sich schmückt. Weil nämlich keine Mitarbeiter abgestellt werden, das Gedruckte online zu stellen, wird sie ab sofort nicht mehr online stehen. Was einige der Kollegen dazu bringt, sich zu fragen, warum man dann noch was für die Wahrheit schreiben sollte, zumal bei dem Salär. Ist doch die Freude darüber, Verbreitung für das geschriebene Wort zu finden, ein schöner Anreiz. Abgesehen von den VG-Wort-Tantiemen, die es für den Stromauftritt gibt.

Auch ich werde mir vor diesem Hintergrund wohl nicht mehr die Mühe machen, in die Tagebücher von irgendwelchen Scheinpromis abzutauchen. So viele Menschen konnte ich mittels Datenübertragung mit meinen Ergüssen erfreuen! Und etliche haben der taz Geld dafür überwiesen! Soll ich für die drei Papierleser schreiben? Nö. Dann lieber Kräfte sparen und Marmelade kochen. Um die Karikaturen von ©TOM ins Netz zu stellen, reichen die Kräfte hingegen aus. Der bringt ja auch Klicks wie blöd. Was für eine Zweiklassengesellschaft!

Eilmeldung! Eilmeldung! Druckmaschinen anhalten um 16:47 Uhr! Gespräche zwischen der Wahrheitsredaktion und der Chefetage mit sensationellem Ergebnis: Die Wahrheit nun doch bald wieder auch als Stromversion zu lesen! Glücklich, beflügelt und dankbar zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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10 Kommentare

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  • KK
    Karl K

    Lost in translation? Untergepflügt? 2.0

     

    Temporär helmlose Krawallschachtel auf Höhe der Wahrheit - dufte.

     

    Das Lachen vertreibt die letzten Sackratten vulgo Filzläuse, steigert die Potenz und hellt den Nieselschnee auf.

     

    Das elektrische Foto rundet´s ab - Spitze.

     

    Dazu passend: Schavan - unchained.

  • J
    Joachim.weiss

    "... Es wäre in der Tat eine Riesentragödie, wenn die einzigartige Barbie Mohn auf dem Höhepunkt ihres strapaziösen Arbeitslebens einsam im Puppenregal vergammeln müsste. Andererseits hat der Plastikpuppenfabrikant in einer Pressemeldung annonciert, dass in den Vorjahren bereits “Kronprinzessin Viktoria von Schweden, Bundeskanzlerin Angela Merkel und im letzten Jahr Stilikone Sylvie van der Vaart” mit einem persönlichen Barbie-Unikat “gewürdigt” worden sind. Barbie Mohn, die unermüdliche Kämpferin für soziale Gerechtigkeit, die sich im Laufe ihres aufopferungsvollen Lebens einen milliardenschweren Medien-Konzern mit angeschlossenem Weltverbesserungs-Institut “erarbeitet” hat, wird daher –wie im realen Leben – punktgenau im richtigen Regal landen.

     

    Mit Sorge blicken Society-Experten jedoch dem nächsten Kaffeekränzchen der unzertrennlichen besten Freundinnen Angela, Liz und Friede (Springer) entgegen. Was tun, wenn die kichernden Puppenmütter zusätzliche Gedecke für ihre Barbies auffahren lassen, während die Dritte mit leeren Händen dasteht? Womöglich wünschen die Damen nach dem Kaffee über Fragen der Weltpolitik zu plauschen, doch Barbie Mohn hat sich Schwarzwälder Kirschtorte in die Betonfrisur geschmiert und Merkel-Barbie nörgelt über die Kakaoflecken auf ihrem neuen Bundeshosenanzug. Falls es dann heißt, “Friede, du bist doch gelerntes Kindermädchen, kümmere dich doch mal”, wäre der Eklat wirklich perfekk..."

     

    -> Die Charity-Queen aus der Puppenstube

    -> www.gegen-stimmen.de/?p=19822

  • CT
    Christophe T.

    von Ernst Lehmann:

     

    "um die ausgelutschte Sache am laufen zuhalten"

    Sie lutschen ja auch weiter - ausserdem : diese Sachen laufen weiter (auch ohne die TAZ) - sexistische Bemerkungen (sorry : "Herrenwitze") hoer ich immer noch jeden Tag.

  • J
    jali

    "...gar beschämt" :D nein, er ist einfach nur zu krude geschrieben, zu bemüht clipartig, dazu zu dämlich in der Aussage und zu kalter Kaffe, um etwas anderes als Fremdpeinlichkeit auszulösen....

  • F
    frederik

    Liebe Barby-Hass-Kollegin,

    danke für die erheiternden Worte aus Ihrem zumeist latenten Groll. Aber nix gegen Tom bitte, ja? Immerhin habe ich auch diesen ihren Bunte-Bash-Artikel bis zum Schluss gelesen! Mit lieben Grüßen nach Berlin

    Fred-Erik

  • T
    Tazleserin

    @Ernst Lehmann: Sie brauchen den Artikel doch nicht zu lesen, wenn er Sie langweilt (oder vielleicht eher beschämt?) - aber torpedieren Sie nicht, dass ein für viele Frauen so wichtiges Thema fortgeführt wird! Denn nur das wird vielleicht irgendwann einmal dazu führen, dass Konsequenzen daraus gezogen werden! Weiter so, taz, danke!Nicht auf Männer wie Ernst Lehmann hören, die nur froh sind, wenn sie über sich und ihre Geschlechtsgenossen nichts schlechtes mehr lesen müssen.

  • IK
    Isolde Körting

    was für ein Wort : "Herrenwasser" ;)

    dennoch positiv starten wir in den Tag....freut die Eilmeldung,es geht weiter :)

  • EL
    Ernst Lehmann

    Jeden Tag ein taz-Artikel über Brüderle, um die ausgelutschte Sache am laufen zuhalten, doch langsam wird es wirklich langweilig, nachdem auch alle Talkshowformate sich des Themas gewidment haben. Das müsste sich auch an den click-Zahlen bemerkbar machen...

  • L
    lolli

    Hallo , taz-Medienredaktion ! Ich hoffe doch sehr , dass Sie wissen , welchen unverzichtbaren Schatz Sie mit der Silke B. haben ! Sie allein schon ist ein Grund , der taz als treuer Leser (und Zahler...) verbunden zu bleiben .

    Falls Sie meine Lobhudelei nicht erscheinen lassen wollen , stecken Sie es doch der lieben Silke bitte stickum :

    "Küsschen , Silke , ich liebe Sie !"

  • TE
    Thorsten Egenolf

    Wundervoll!