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Die Körnigkeit der Stoffe

■ Die Doku-Collage Unzipped montiert eine Herbstkollektion des New Yorker Modemachers Isaac Mizrahi mit Filmklassikern

Es kommt nicht oft vor, daß ein Dokumentarfilm seinen Weg auf die Kinoleinwand findet. Und auch Unzipped, der die Arbeit des New Yorker Modedesigners Isaac Mizrahi zeigt, war als eher kleines Projekt geplant. Mitproduziert von dem Modemagazin Elle, lief es im Sommer 1994 in Los Angeles und New York an, weitere Stationen waren nicht geplant. Doch die Presse überschlug sich. Es sei „absolut vergnüglich“ und würde alles in sich vereinen, „was Robert Altmans Prêt-à-Porter eben nicht hatte“, schwärmte die New York Times. Die „off“-Kinos waren ausverkauft – und schließlich landete der Film sogar auf den Festivals.

Was den Charme, und damit auch den überraschenden Erfolg, von Unzipped ausmacht, ist, daß er eigentlich gar keine Dokumentation ist. Zwar verfolgte eine Kamera den Entstehungsprozeß von Mizrahis Herbstkollektion 1994, doch nicht die Mode stand dabei im Vordergrund, sondern ihr Designer. Mizrahi ist allgegenwärtig und erweist sich als äußerst kameratauglich. Liebenswert überspannt, frech und eitel turtelt er mit Topmodels, plaudert mit seiner Mutter, tänzelt durch New York und umgarnt Moderedakteurinnen. Seine Beobachtungsgabe beeindruckt und seine Weltsicht amüsiert.

Er ist so überzeugend, daß man ihm in Cannes für seine schauspielerische Leistung gratulierte. „Natürlich war ich gut“, empörte Mizrahi sich, „denn schließlich war ich ja ich selbst.“Das konnte er auch sein, denn Regie führte sein damaliger Liebhaber Douglas Keeve. Und der renommierte Modefotograf scherte sich nicht um die trockenen Regeln des Dokumentargenres.

Auf der Jagd nach unkonventionellen Bildern stand ihm hinter der Kamera Ellen Kuras bei, die schon Jim Jarmuschs Coffee and Cigarettes fotografierte und demnächst mit I Shot Andy Warhol in die Kinos kommt. Sie filmte in 16 und 35 mm, in schwarzweiß und Farbe, die Linse mal grobkörnig aufgezogen, mal aalglatt fokussiert. Keeves spickte das Material mit Ausschnitten aus Filmklassikern und montierte es zu einem herrlich virtuosen Fa-shionclip – so bunt, kurzlebig und amüsant wie die Modewelt selbst.

Sabine Danek

Abaton, Zeise

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