piwik no script img

Die Jagd nach dem fehlenden TeilchenGottes Teilchen und Higgs Beitrag

Vor 47 Jahren entwarf Peter Higgs eine Theorie, was das Universum im Innern zusammenhält. Doch bislang fehlte der Beweis, dass seine Überlegungen richtig sind.

Peter Higgs: Zum Beweis für seine Theorie fehlt noch ein winziges Teilchen. Bild: ap

Das Higgs-Teilchen ist der Superstar unter den Kleinteilen. Fast fünfzig Jahre suchten Wissenschaftler in aller Welt fieberhaft danach. Manche verklärten es gar zum Gottesteilchen. Das Cern, das Europäische Kernforschungszentrum Nahe der Stadt Genf, hat sich zuletzt die Suche nach dem Teilchen zur Hauptaufgabe gemacht.

Denn das Higgs-Teilchen ist das letzte unentdeckte Element einer Theorie aus der Teilchenphysik: dem Higgs-Mechanismus. Dieser beschreibt, wie all die Elemente in unserem Universum zu ihrer Masse gekommen sind. Warum also alles Greifbare - Lebewesen, Wasser, Pflanzen, Menschen - überhaupt existiert.

Vor 47 Jahren prophezeite ein damals kaum bekannter Physiker aus dem schottischen Edinburgh die Existenz dieses Teilchens: Peter Higgs.

Auf knapp anderthalb Seiten formulierte er im Jahr 1964 eine Theorie, mit er zu erklären versuchte, wie die Teilchen im Universum zu ihrer Masse gekommen sind. Seine Theorie: Es muss ein Feld geben, das gleichmäßig im gesamten Universum verteilt ist. An diesem Feld würden sich alle Teilchen mit Masse quasi vollsaugen.

Wühlen im Haufen

So soll es beim Urknall vor mehr als 13 Milliarden Jahren gewesen sein: Mit einem Mal luden sich viele der schwerelosen, schwebenden Teilchen im Weltall mit Masse auf, so entstanden unsere heutigen Elemente, aus denen sich alles zusammensetzt.

Zunächst bekam Peter Higgs für seine Theorie nicht allzu viel Aufmerksamkeit. In den siebziger Jahren entdeckten jedoch theoretische Physiker die Idee. Sie hielten sie für plausibel, und bauten sie in das sogenannte Standardmodell der Teilchenphysik ein, einer Formel, die präzise das Verhalten von Kleinteilen in diesem Universum beschreibt. So wurde der Higgs-Mechanismus zur wissenschaftlichen Lehrmeinung. Doch beweisen konnte man dessen Existenz bisher nicht. Dafür brauchten man das Higgs-Teilchen.

Denn sollte dieses Feld wirklich existieren, schrieb Peter Higgs 1964, muss es darin auch ein besonderes, wenngleich kurzlebiges Teilchen geben. Es ist nicht direkt dafür verantwortlich, dass alle anderen Teilchen ihre Masse erhalten.

Doch für Physiker ist es der Beweis schlechthin: Könnten sie die Existenz des Higgs-Teilchens tatsächlich zeigen, hieße das, dass die Theorie stimmt - und damit wäre klar, wie alle Teile in diesem Universum einst zu ihrer Masse gekommen sind. Man hätte geklärt, wie alles im Universum entstand, was das Innerste zusammenhält.

Hoffen auf etwas Glück

So wurde die Suche nach dem letzten fehlenden Stück des Higgs-Mechanismus zu einer Jagd der Teilchenphysiker: Im Large Hadron Collider (LHC), dem größten Teilchenbeschleuniger der Welt am Europäischen Kernforschungszentrum Cern, ließen sie stetig kleinste Teilchen aufeinanderkrachen, in der Hoffnung, dass dadurch neue, zuvor unbekannte Teilchen entstehen - und mit etwas Glück auch das Higgs-Teilchen.

Allein der Bau des LHC hat mehr als drei Milliarden Euro gekostet, der Teilchenbeschleuniger verläuft in einem 27 Kilometer langen Ring kreisförmig etwa hundert Meter unterhalb des Forschungszentrums in Genf.

Zwei Messgeräte, die Detektoren Atlas und CMS, die so groß sind wie Kirchen, untersuchten nach dem Krach die Bruchstücke. So durchwühlten tausende Physiker in aller Welt jahrelang die Daten und hofften, inmitten der Teilchenhaufen Hinweise auf das Higgs-Teilchen zu finden.

Eine der wichtigsten Fragen dabei: Welche Masse wird das Higgs-Teilchen, sofern es überhaupt existiert, wohl haben? Zuletzt vermuteten die Forscher, dass es irgendwo zwischen 115 und 145 Gigaelektronenvolt (GeV) liegen müsse. Mit dieser Einheit geben Physiker die Masse von Elementarteilchen an.

Alles, was darüber oder darunter liegt, hatten sie bereits durchsucht. Es wurde also eng für das Higgs-Teilchen. So eng, dass viele zweifelten, ob es überhaupt noch gefunden werden würde. Das wäre wohl für Physiker der größte Schock gewesen: "Wenn dieser Grundbaustein nicht existiert", sagte kürzlich der Chef des Cern, "dann hätten wir 40 Jahre nach Einführung dieses schönen Modells zum ersten Mal einen echten Bruch entdeckt. Was bliebe, wäre ein großes Loch, und wir müssten etwas anderes finden, um es auszufüllen."

Ein Higgs oder viele?

"Es würde bedeuten, dass ich Dinge nicht mehr verstehe, die ich bisher geglaubt habe zu versehen", sagte Peter Higgs im Gespräch mit der sonntaz vor wenigen Wochen. Nun scheint es jedoch so, als ob er darüber nicht nachdenken müsste.

Aber selbst wenn das Higgs-Teilchen nun tatsächlich gefunden ist, heißt das noch lange nicht, dass die Teilchenphysik ihre Aufgabe vollständig erledigt hätte. Nein. Abgesehen davon, dass man testen muss, ob sich die Anzeichen aus dem Cern bewahrheiten, bleibt die Frage: Welches Higgs-Teilchen ist es denn? Denn in der Teilchenphysik gibt es im Wesentlichen zwei konkurrierende Theorien, die das Verhalten der kleinsten Teilchen beschreiben: das Standardmodell und die Supersymmetrie. Beide enthalten Higgs-Teilchen.

Wäre das Standardmodell richtig, gäbe es genau eines. Stimmt aber die Theorie der Supersymmetrie, müsste es mindestens fünf Higgs-Teilchen geben. Physiker würden dann erst mal die Eigenschaften des entdeckten Higgs-Teilchens untersuchen müssen.

Zwar wäre es für die Forscher einfacher, wenn es nur ein Higgs-Teilchen gäbe. Denn bis auf das Higgs-Teilchen haben Physiker bereits alle im Standardmodell enthaltenen Bausteine nachgewiesen. Die Theorie wäre somit komplett.

Das Problem ist jedoch: Das Standardmodell beschreibt nicht all die anderen neu entdeckten Phänomene wie die Dunkle Materie. Wie diese besonderen Teilchen in das Universum reinpassen, was sie zusammenhält, darüber dürfen Teilchenphysiker nun die nächsten fünfzig Jahre grübeln.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • F
    Franz

    @Jan,

    Danke, sie den Überaus sinnlosen Kommentar von Herrn Dipl. Ing. schon kommentiert haben.

    Wobei mich dieser überaus lange Satz in schon fasziniert hat.

    Wie kann man nur einen solchen Unsinn schreiben?

    :-)

  • J
    JanG

    @Dipl.-Ing. Norbert Derksen

    Ich habe lange nicht mehr einen solch dummen Kommentar gelesen. Ich empfehle Ihnen dringend, sich mal damit auseinanderzusetzen welche Leistungen seitens der von Ihnen kritisierten Forscher, Physiker und Fachleute erbracht wurden, damit sie mittels Computer diesen Unfug in die Welt setzen können.

  • DN
    Dipl.-Ing. Norbert Derksen

    Den vernunftresistenten Teil der Menschheit, der sich auf unsere Kosten äußerst lukrativ mit „masselosen Teilchen“ beschäftigt, ähnlich übrigens wie es die Betrüger in Andersens Märchen mit den unsichtbaren Stoffen taten, bewegt erneut die alberne Frage „Higgs oder nix?“, also das dem vernunftbegabten Rest der Bevölkerung keinerlei Probleme aufwerfende „Sein oder Nichtsein“ des sogenannten „Higgs-Bosons“. Man kann nur immer wieder den Kopf schütteln und sich fragen, wie so etwas möglich ist. Gänzlich masselos können doch auch die Gehirne derjenigen Gemüter nicht sein, die sich hochtrabend und wenig realitätskonform als „Physiker“, „Wissenschaftler“, „Forscher“ bzw. in der Mutationsform bloßer Schreiberlinge, die seit jeher auch das dümmste Zeug eifrig nachplappern und auf einen Albert Einstein und die nicht einmal originär von ihm stammende und bereits an der zu fordernden Transitivität der Lorentz-Transformation scheiternde Relativitätstheorie hereinfallen, als „Journalisten“ bezeichnen. Andererseits ist ja längst bekannt. daß die Masse des Gehirns allein noch nichts über die Intelligenz aussagt. Besonders schlimm wird das Ganze dadurch, daß besagte Spezies den geistig und charakterlich gesunden Teil der Menschheit nicht etwa bloß belästigt, sondern massiv schröpft.

  • P
    Physiker

    "Dieser beschreibt, wie all die Elemente in unserem Universum zu ihrer Masse gekommen sind. Warum also alles Greifbare - Lebewesen, Wasser, Pflanzen, Menschen - überhaupt existiert. "

     

    Dieser Absatz hat mich zum Schmunzeln gebracht, der Sinn des Lebens wäre dann wohl geklärt. Ich halte es da eher mit dem berühmten Physiker Feynman: "Shut up and calculate!"