Die Inszenierung der Berliner Grünen: Plakative Aussagen en masse
Ab dem Wochenende hängen überall in Berlin die neuen Wahlplakate der politischen Parteien. Auch die Grünen präsentierten der Presse schon ihre erste „Großfläche“.
Nun beginnt sie wieder, die Zeit der plakativen Slogans und politischen Kurzinszenierungen, der steilen Thesen und bitte nicht zu hinterfragenden Aussagen. Ab dem Wochenende dürfen die politischen Parteien ihre Werbeplakate für die Wahl am 18. September aufstellen und -hängen. Die Grünen präsentierten ihre erste „Großfläche“, wie das im Werberdeutsch so schön heißt, am Mittwoch und hielten demonstrativ fürs Foto ein paar Klebebürsten in die Höhe.
Und natürlich ist das, was auf dem Poster gezeigt wird, nicht wirklich stimmig, zumindest für die klassische grün-affine Klientel. „Berlin geht nur zusammen“ steht da über einem rüstigen Senior mit Schiebermütze im Gegenlicht, der ein wohl sechsjähriges Mädchen auf dem Fahrrad anschiebt. In der Wirklichkeit würde das Mädchen mit dem Opa schimpfen: „Lass das, das kann ich schon lange allein!“ Zu Recht: Die meisten Mädchen in der Innenstadt in dem Alter fahren locker-lässig, manchmal auch mutig-forsch selbst mit dem Rad in die Kita. Zusammen gerne. Aber eben auch allein.
Vielleicht wollen die Grünen ja neue Wählerschichten erschließen, also solche, wo kleine Kinder statt Laufrad eher einen Laufstall bekommen?! Dazu würde passen, was sie mit diesen insgesamt rund 350 Großplakaten eigentlich anprangern wollen: die soziale Schere, die in der rot-schwarz regierten Stadt stetig weiter aufgeht. Das ist ein Thema, mit dem die Ex-Alternativen, deren Wählerinnen gern den SUV von Volvo und nicht den von Mercedes oder Honda fahren, bisher nicht unbedingt direkt in Verbindung gebracht werden.
„Wohnen und Mieten ist die soziale Frage in Berlin“, betonte dann auch Daniel Wesener bei der Präsentation des Plakats zwischen den Ostplattenbauten an der Leipziger Straße und den vielen teuren Neubauten direkt dahinter. Rot-Schwarz und auch bereits Rot-Rot davor, so der Landeschef und Mit-Spitzenkandidat, habe eine „desaströse Bilanz“ hinterlassen.
Bauen, bauen, bauen
Aber weil das – zumindest in dieser Frage – inzwischen alle erkannt haben und „bauen, bauen, bauen“ (O-Ton Frank Henkel) wollen, stellen die Grünen neben die wachsende Stadt die Forderung nach einer „funktionierenden Stadt“, wobei sie das miese Image der Berliner Verwaltung aufgreifen. Gerade jene, die nicht vom wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt profitierten, brauchten zum Beispiel regelmäßig ansprechbare Jugendämter, sagte Ramona Pop, die Fraktionschefin und eine weitere Spitzenkandidatin. Oder ein preiswerteres Sozialticket für den Nahverkehr.
Zudem wollen die Grünen für gerechtere Bezahlung sorgen und etwa das Gehalt von Lehrerinnen an Grundschulen jenem von Lehrerinnen an Oberschulen gleichstellen, erklärte Bettina Jarasch, ebenfalls Parteivorsitzende und Spitzenkandidatin (die vierte Spitzenkandidatin weilte noch im Urlaub). Die Komplettumsonstkita wie die SPD sie durchgesetzt hat, lehnte Jarasch ab – vielmehr sollte das Geld für bessere Betreuung verwendet werden.
Natürlich kamen einige der in solchen Zeiten nicht so gern gehörten Nachfragen. Was denn die Gleichstellung der Lehrerinnen kosten würde? „Das würde ja nicht von heute auf morgen kommen“, erklärte Pop – ohne Zahlen zu nennen. Wobei die Aussage stimmt. Schließlich werden die Grünen nach dem 18. September wenn, dann in einer Koalition regieren. Da gibt’s noch weitere Plakate und Slogans zu beachten. Etwa die der SPD. Sie stellt ihre Poster am Freitag vor.
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