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■ SchnittplatzDie Förstermörder vom Lerchenberg

Nun gut, wir haben manchmal ein bißchen gefrotzelt, aber eigentlich haben wir sie doch heiß und innig geliebt, die Helden vom Werberahmenprogramm des ZDF. Die netten Doktors aus dem hügeligen Wald oder vom platten Land, den dicken Pfarrer mit der Seele. Und erst den Förstersbuben. Wenn der in seinen Krachledernen, ein Hütchen auf dem Kopf, in Umweltschutz und fortschrittliche Pädagogik machte – war nach unseres Arbeitstages Müh' und Plag' doch regelmäßig der Bringer.

Wo einem die private Konkurrenz zunehmend problemorientierten Teenagerschnickschnack in die Stube schickte, konnte man sich wenigstens bei den Mainzelmännchen darauf verlassen, daß da, wo ZDF draustand, ZDF drin war – und auch so aussah.

Das waren gute Zeiten. Demnächst kommen schlechtere. Die Fangemeinde des ZDF-Vorabends ist nicht nur reich an Köpfen, sondern vor allem auch an Jahren. Da droht zum einen die Gefahr, daß den Mainzern die Quote wegsterben könnte wie den Kirchen die Mitglieder. Zum anderen sind die Alten erfahrungsgemäß nur schwer zum Kauf von Slipeinlagen und Aktivdeos zu überreden. Da die Alten zwar mehrheitlich das ZDF mögen, aber die Werbung die Alten nicht mag, hat Serien-Chef Claus Beling auf dem Lerchenberg nun also zur Revolution geblasen und Werbeträger wie „neue Gesichter“, „frische Themen“, „spannende Trends“ und (schluck) „kontroverse Lebenseinstellungen“ angedroht. Und an der Umsetzung der neuen Jungborn- Philosophie wird bereits kräftig gebastelt bzw. gedreht. Im kommenden Jahr stehen dann Serien ins Haus, bei denen allein schon die Titel nach juvenilem Frohsinn klingen: „Um die Dreißig“, „Verliebt, verlobt, verheiratet“, „Girls, Girls, Girls“ oder (nochmal schluck) „Der Mond scheint auch für Untermieter“.

Nun gut, wenn vielleicht der Günter Strack den Untermieter...? Nix da, ist nicht! Frische Ware direkt aus den Schauspielschulen soll da mehrheitlich ins Rennen geschickt werden. Allein das „Traumschiff“ darf weiterdümpeln. Vielleicht mal mit dem Förster in der Karibik. Schwacher Trost.Reinhard Lüke

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