Die CDU nach der Bayernwahl: Merkels Dilemma
Der Sieg Seehofers bringt die Kanzlerin in Bedrängnis. Sie muss fürchten, dass Unions-Wähler jetzt eine Rettungsaktion für die FDP starten.
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BERLIN taz | Im Nachhinein kann man Horst Seehofers Fußballmetapher fast wie eine Drohung verstehen. Die Bayern würden einen Pass auf den Elfmeterpunkt spielen, den die „liebe Angela“ nur noch verwandeln müsse, hatte der CSU-Chef seiner Bundeskanzlerin Ende Juni vorhergesagt. Den Pass, das muss man Seehofer lassen, hätte er genauer nicht flanken können.
Die CSU erobert im Freistaat die absolute Mehrheit zurück, mit komfortablem Abstand vor der Konkurrenz aus SPD, Grünen und Freien Wählern. Nach dem Zwischenspiel einer CSU-FDP-Regierung ist Seehofer endlich wieder allein Regierungschef. Und genau da fangen die Probleme für Angela Merkel an. Denn mit dem Verwandeln vom Elfmeterpunkt ist es so eine Sache.
Vor allem eine Entwicklung bereitet den Strategen im Konrad-Adenauer-Haus Sorge. Die FDP, die in Bayern immerhin fünf Jahre mit in der Regierung war, flog sang- und klanglos aus dem Parlament. Dies könnte Unions-Wähler bei der Bundestagswahl zu einer taktisch motivierten Rettungsaktion bewegen. Viele von ihnen könnten, so fürchten führende Christdemokraten, zu den FDP hinüberwandern, um Schwarz-Gelb im Bund zu ermöglichen.
Bereits am Sonntagabend versuchte die CDU-Spitze, diesem Effekt vorzubeugen. „Wir kämpfen für unsere Kanzlerin“, kündigte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer vorsorglich an. „Und die FDP wird mit vollem Einsatz um ihre Wähler kämpfen.“ Jeder für sich, lautet das Motto, das Merkel ihren Leuten schon vor Wochen einbimste.
Schreckliche Erinnerungen an Niedersachsen
Jeder in der CDU erinnert sich noch mit Schrecken an die Niedersachsen-Wahl. Bei dieser hatten Unionswähler vorexerziert, wie machtpolitisch sie denken. Der beliebte Exministerpräsident David McAllister hatte Signale gesendet, er könne nur mit der FDP an der Macht bleiben. Daraufhin schossen die in Umfragen zuvor niedrig gehandelten Freidemokraten auf fast 10 Prozent.
Diese verkappte Zweitstimmenkampagne ermöglichte Rot-Grün einen hauchdünnen Sieg, CDU-Mann McAllister musste sich verabschieden. Mit aller Macht werden sich Merkel und ihre CDU daher nun von der FDP abgrenzen.
Es gibt einen zweiten Effekt, der Merkel die Vorlage aus dem Süden nachhaltig vergällen könnte. Falls sie die Wahl gewinnt, wird Seehofer in dann anstehenden Koalitionsverhandlungen noch breitbeiniger auftreten als sonst. Schließlich kann er nun mit Fug und Recht behaupten, fast die Hälfte der gut 9 Millionen Wahlberechtigten hinter sich zu haben.
Dieses neue Selbstbewusstsein wurde ebenfalls am Wahlabend deutlich. Ilse Aigner, Verbraucherschutzministerin und hoffnungsvolle Aspirantin für die Seehofer-Nachfolge, meldete bei der PKW-Maut unverhohlen Ansprüche an – obwohl Merkel eine solche ablehnt. Die Kanzlerin wisse schon, dass viele Stimmen aus Bayern gut für sie seien.
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