Die CDU in Sachsen: Schnupperkurs mit der AfD
Der neue CDU-Landtagsfraktionschef in Sachsen heißt Christian Hartmann. Er hält sich künftige Bündnisse mit der AfD offen.
Statt des Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth gewann der innenpolitische Sprecher Christian Hartmann. Die Personalie ist deshalb von Interesse, weil Hartmann künftige Bündnisse mit der AfD ausdrücklich offenhält.
Der bisherige Fraktionsvorsitzende Frank Kupfer, ein konservativer Hardliner, hatte vor zwei Wochen wegen psychischer Probleme resigniert. Da Regierungsfavorit Mackenroth liberalere und streng rechtsstaatliche Positionen vertritt, war dessen Nachfolgenominierung auch als Signal der Abgrenzung zur AfD verstanden worden.
Stimmenverluste bei den Großen
Ministerpräsident Kretschmer schließt eine Koalition mit der AfD im Herbst 2019 aus, obschon dann nach derzeitigen Umfragen nicht einmal mehr die amtierende Koalition aus CDU und SPD eine Mehrheit hätte. Unterstützung erhielt er gestern von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. „Es wird keine Zusammenarbeit oder Koalition mit der AfD in Sachsen geben“, erklärte sie. Das sei Beschlusslage in Präsidium und Bundesvorstand der CDU.
An ersten Äußerungen Christian Hartmanns als neuer Fraktionsvorsitzender fällt jedoch auf, dass er eine künftige Koalition mit der AfD nicht definitiv ausschließt. Diese Öffnung begründet er mit dem „Respekt vor Wählerinnen und Wählern“. Gleichwohl sieht er die AfD als den „politischen Hauptwettbewerber“.
Zuvor ließ schon aufhorchen, dass bei der Regierungserklärung zu Chemnitz im Landtag Innenpolitiker Hartmann statt des abwesenden Noch-Fraktionschefs Kupfer sprach. Er zog sich auf allgemeine Positionen wie „Der Feind steht an allen extremistischen Rändern“ zurück und verwies auf 1.200 noch nicht abgeschobene ausländische Mehrfach-Intensivstraftäter. Hartmann ist gelernter Polizist und lebt in dem von einem wohlhabend-bürgerlichen Milieu dominierten Dresdner Villenvorort Langebrück. Überraschend kandidierte der 44-Jährige gegen Mackenroth und erreichte acht Stimmen mehr.
Für den aktuellen Koalitionspartner SPD hatte Fraktionschef Dirk Panter eher zurückhaltend auf die unterschiedliche Position seiner Partei hingewiesen. Lars Klingbeil, Generalsekretär der Bundes-SPD, wurde deutlicher. Er forderte von Kanzlerin Angela Merkel ein „Machtwort“ der deutlichen Abgrenzung ihrer Union gegenüber Rechtsextremen und Demokratiefeinden.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott