: Die „Bremische“bremisch verkaufen
■ SPD-Sonderparteitag über Verkauf der Wohnungsbau- Gesellschaften / Kaufen die Stadtwerke die Bremische?
Auf dem letzten Parteitag am 30. Oktober habe er „mit dem Rücken zur Wand gestanden“, bekannte Bürgermeister Henning Scherf gestern vor den Delegierten des Sonderparteitages. Zur Erinnerung: Die SPD hatte mit der CDU in der Finanzdeputation am 18.10. beschlossen, daß einem privaten Anteilseigner die unternehmerische Führung der Bremischen eingeräumt werden soll, um einen möglichst hohen Erlös zu erzielen. Bei den Delegierten auf dem Parteitag zwei Wochen danach kochte die Wut, eine Mehrheit schien geneigt, die Partei auf das Wahlkampfversprechen: „Mit uns kein Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften“festzulegen. Im Schlußgetümmel kurz vor Mitternacht kam aber doch ein Antrag heraus, der nur große Hürden definiert und einen „Stichentscheid“für den Minderheitsgesellschafter beim Patt ablehnt.
Cornelia Wiedemeyer, Mitglied in der Finanzdeputation, meinte: „Wir haben damals die Situation unterschätzt.“Das bezog sich aber nicht auf eine Fehlentscheidung in der Sache, sondern eine taktische Fehleinschätzung der Stimmung in der Partei. „Wir haben die Bedenken aufgenommen“, bekannte am Dienstag abend auch Fraktionsvorsitzender Christian Weber vor den Delegierten, „einen Stichentscheid wird es deshalb mit mir und mit der Fraktion nicht geben“. Die Delegierten waren zufrieden über ihren Erfolg und bescherten ihrer Führungsspitze einen weithin sachlichen Parteitag. „Wer steht denn für diese Klarstellung“, fragte dennoch einer. „Wir alle“, antwortete der Delegierte Bertram Zwanziger schlau: Wenn die Parteispitze mit dem Verhandlungsergebnis vor die Delegierten trete, dann müßten die Delegierten eben sagen, ob sie zu ihrem Beschluß „stehen“- „wenn daran die Koalition platzt, dann platzt sie eben“. „Wir sind der Elefant, auf dem ihr reitet“, warnte der Delegierte Jürgen Maly die Parteispitze, und die Partei habe ein „großes, langanhaltendes Gedächtnis“. Durch zwei Dutzend präzise Fragen erinnerte Maly die Delegierten daran, daß der Beschluß der Finanzdeputation vom 18.10. keineswegs aufgehoben ist.
Der Verkauf der Bremischen wird derzeit doppelt ausgeschrieben: Mit dem Angebot, die unternehmerische Führung zu übernehmen, und als Variante wird gefragt, was die Bieter ohne diese Sonderrechte zahlen würden. Maly zu dem Ergebnis dieses Verfahrens: „Alle werden sagen, die Sozis wollen weniger Geld.“
Am Ende des Parteitages erklärte Weber, die Dortmunder Lösung – Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft an die Stadtwerke – könnte auch „ein Element einer bremischen Lösung“werden. Auch Gewoba und Brehoch könne er sich vorstellen, präzisierte Scherf die Idee der „bremischen Lösung“, aber dafür müsse zum Beispiel die Gewoba „ein ernsthaftes Angebot vorlegen“, oder auch die Konkurrenten Stadtwerke und Brebau.
Die Bedingungen der Partei seien klar, formulierte am Ende der Landesvorsitzende Detlev Albers: Kein Stichentscheid, keine Sonderrechte des Minderheits-Gesellschafters, möglichst „bremische“Lösung. K.W.
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