piwik no script img

■ Das PortraitDie Bescheidene

Olga Havlova Foto: AP

„Ich habe mit Olga genau das gefunden, was ich brauchte“, schrieb der Schriftsteller und jetzige tschechische Präsident Václav Havel einmal über seine Frau. Am vergangenen Samstag ist Olga Havlova an einem Krebsleiden gestorben. Als ihre Krankheit Anfang Januar in Prag bekannt wurde, war die Anteilnahme der Tschechen groß: Tausende von Blumen und Genesungswüche erreichten den Präsidentenpalast. Denn für die Tschechen war die zierliche, aber energische Frau mehr als nur eine First Lady.

Anders als ihr drei Jahre jüngerer Ehemann Václav Havel, der aus bürgerlichen Verhältnissen stammte, wurde sie 1933 im Prager Arbeiterviertel Žižkov geboren. Mit 15 Jahren brach sie ihre Schulausbildung ab und arbeitete unter anderem in einer Schuhfabrik. 1956 lernte sie in dem Intellektuellen- Café „Slavia“ ihren zukünftiegn Mann kennen, den sie acht Jahre später heiratete. Über ihn fand sie Anfang der 60er Jahre den Kontakt zu dem bekannten Prager „Theater am Geländer“, wo sie bis 1969 arbeitete. Später war sie Redakteurin einer tschechischen Theaterzeitschrift.

In der Folgezeit engagierte sich Olga Havlova für Demokratie und Menschenrechte. Sie war Mitunterzeichnerin der „Charta 77“, in der tschechische Dissidenten von der kommunistischen Führung die Einhaltung internationaler Menschenrechtserklärungen einforderten. Mehrmals wurde Havel inhaftiert und jedesmal setzte sich Olga Havlova mit voller Kraft für ihn ein. Im Ausland bekannt wurde die spätere Präsidentengattin vor allem durch die philosophischen Briefe, die ihr Mann 1979 bis 1982 an sie aus dem Gefängnis schrieb und die später in Deutschland unter dem Titel „Briefe an Olga“ erschienen.

In der Öffentlichkeit wirkte Olga Havlova bescheiden und natürlich; so heißt es, daß sie von der Vorstellung nicht begeistert war, das Land als Präsidentengattin zu repräsentieren. Andererseits galt sie als eine entschlossene Frau, die ihre Meinung gegebenenfalls auch wortgewaltig äußerte. So ergiff sie in den 90er Jahren häufig die Partei von Umweltschützern, wenn es darum ging, Naturschutzgebiete gegen wirtschaftliche Interessen zu schützen. Ihre Hauptaufgabe sah sie in der Hilfe für Behinderte, Kranke und bedürftige Kindern. Zu diesem Zweck gründete sie 1990 die Stiftung „Komitee des guten Willens“. Für ihr Engagement wurde ihr der norwegische Titel „Frau des Jahres 1991“ verliehen. Marc Engels

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen