Die Berliner Republik führte sich im Fernsehen selbst vor: Wie man Haider siegen lässt
Sabine Christiansen ist sogar noch dümmer als sie selbst. Für Sonntag letzter Woche lud sie den Nazi Jörg Haider ein – und dann, zu ihrem eigenen öffentlich ausgestellten Bedauern, wieder aus. Wenn ein Heimmannschaftstrainer in der Bundesliga die Punkte dem Gegner kampflos schenkt, wird er entlassen. Nicht so Christiansen. Sie machte dasselbe gleich noch einmal – und bat sich die Schüssel herbei, aus der Haider sich ab nun bedienen wird. Kann man Sabine Christiansen nicht zu Egon Krenz in die Zelle packen? Krenz sitzt schließlich, entgegen der offiziell Begründung für seine Haft, völlig zu Recht im Knast: wegen erwiesener hartnäckiger Dummheit, die auf sich selbst so stolz ist, dass sie sich permanent ausstellt und repetiert.
Auch Jörg Haider durfte nach Berlin einreisen, eingeladen von Erich Böhme, der Haider „entzaubern“ wollte. Wieso? Hat Haider Zauber? Und wenn: für wen? Unfassbar ist die Selbstüberschätzung von Leuten wie Erich Böhme, Freimut Duve und Ralph Giordano, deren mediale Notschlachtung mittlerweile so überfällig ist, dass sie wohl nie mehr kommen wird. Gegen solche angeblichen Gegner hat Haider leichtes Spiel und kann frohlocken. Doch auch weniger wirre, matte, eitle und grenzsenile Diskutanten hätten hier nichts ausgerichtet. Man kann ü b e r Haider reden, m i t Haider redet man nicht – es sei denn, man will ihm nützen. Der einzige Tisch, an dem man sich mit Haider sehen lassen kann, ist der Obduktionstisch, auf dem er liegt. Alles andere ist fiesestes Appeasement.
Das besorgte perfekt der CSU-Funktionär Glos, der Haider von Böhme quasi als Kritiker aus dessen eigenem Lager zugeteilt worden war. Solange man in Deutschland Nazis mit der CSU bekämpft, braucht es keinen Haider. Edmund Stoiber reicht durchaus. Der saß zeitgleich bei Christiansen, mit dem Fliegenfänger Schüssel, der noch viel mehr zu Gunsten Haiders arbeitet als alle, die mit ihm reden.
Man kann gar nicht oft genug unter die Leute bringen, was Bernd Eilert bereits 1980 letztgültig über Österreich schrieb: „Schade, dass man dieses kotelettförmige Land nicht in der Pfanne braten und aufessen kann.“ Wiglaf Droste
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