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■ Cash & CrashDie Außerirdischen und der Euro

Berlin (taz) – Es gibt Außerirdische, und ihre Wirtschaftskraft ist keineswegs überragend – sie kaufen irdische Güter. Das jedenfalls beweisen die Welthandelsstatistiken: Global wird mehr exportiert als importiert. Die Summen der weltweiten Exporte und der Importe müßten gleich hoch sein, sind es aber nicht. Würden die Zahlen stimmen, blieben nur die Wesen aus dem All als Abnehmer für überschüssige Exporte.

Unter Statistikern gibt es eine andere Deutung: Die Zählmethoden stimmen nicht, denn jedes Land hat andere Erhebungsmethoden. Deutsche Händler müssen den grenzüberschreitenden Handel erst ab einem Wert von 200.000 Mark an das Statistische Bundesamt melden, die italienischen Kollegen zählen jede Lira.

Schlimm trifft es seit 1993 die professionellen Zähler in der Europäischen Union. Damals fielen die Zollschranken zwischen den EU-Staaten, die bisherige Außenhandelsstatistik über die automatische Meldung der Zollformulare wurde durch eine Meldepflicht für die einzelnen Unternehmen ersetzt. Die reagieren jedoch zögernd. Die Folge: In den ersten Jahren nach der Umstellung herrschte Chaos in den Handelsbilanzen.

Bernard Godement vom Daiwa Institute of Research in Paris hat die Zahlen von 1994 unter die Lupe genommen. Die Deutschen haben nach eigener Statistik doppelt soviel exportiert als nach den Zahlen der jeweiligen Handelspartner. Godement schätzt den Fehler in der Außenhandelsbilanz der potentiellen Euro-Kernländer Deutschland, Frankreich, Österreich und Benelux in der International Herald Tribune auf bis zu 50 Milliarden Dollar. Der Außenhandelsüberschuß dieser sechs Staaten mit der Nicht-EU-Welt liegt aber offiziell nur bei gut 70 Milliarden, also nicht viel über der maximalen Fehlermarke. Für Godement ist klar: Verläßliche Zahlen über die globale Wirtschaftskraft der sechs liegen nicht vor. Politiker und künftige Währungshüter der Europäischen Zentralbank tappen bei der Positionierung des Euro-Kurses im dunkeln.

Auch die von Waigel angekündigte Punktlandung bei den Euro-Kriterien ist verwaschen: Maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) darf ein Staat pro Jahr Schulden machen, das Defizit darf 60 Prozent des BIP nicht überschreiten. Die Bestimmung des BIP fällt den Statistikern allerdings schwer. Die Wertsteigerung durch verbesserte Produkte oder Dienstleistungen werden von dürren Zahlenkolonnen kaum erfaßt. Untersuchungen aus den USA rechnen daher in modernen Volkswirtschaften mit einem zwei bis drei Prozent höheren BIP, als in den Statistiken ausgewiesen. Wenn diese eingerechnet würden, sind beim Euro-Beitritt ein paar Milliarden Mark Extraschulden möglich.

Das Europäische Währungsinstitut sieht hier kein Problem. Bei der Überprüfung der Maastricht-Kriterien würden allein die Zahlen aus den Handelsstatistiken herangezogen, sagen die dortigen Statistiker. Welcher Statistik Politiker folgen, ist offen. rem

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