: Die Anderen
■ Il Manifesto: Zum Rücktritt der SED-Führung / Liberation: Moskau und die deutsche Frage
Il Manifesto
Zum Rücktritt der SED-Führung:
„Schluß mit der Mafia im Zentralkomitee“ war auf einem Schild zu lesen während der Protestaktion von Parteimitgliedern gegen die eigene Führungsspitze. Aber im Gegensatz zu unserer Mafia kann die der DDR gestürzt werden. Und das ist einer der großen Vorteile des „Sozialismus“, so sehr er sich auch in die Diktatur einer Clique verwandelt haben mag. Während es im Kapitalismus normal ist, daß es Reiche und Arme gibt, und sich der Erfolg eines Politikers an seiner Fähigkeit, sich zu bereichern und das Gefängnis zu umgehen, messen läßt, ist das im „Sozialismus“ eben nicht normal. Die Menschen, die zumindest in diesem Sinne tatsächlich an das „Eigentum des Volkes“ glauben, fühlen sich persönlich beraubt und betrogen.
Liberation
Moskau und die deutsche Frage:
Die Führer der Staaten des Warschauer Pakts waren gestern nicht die einzigen Besucher in Moskau. Auch Außenminister Hans-Dietrich Genscher kam aus Brüssel an. In Moskau erwartete ihn eine Überraschung: Eine Erklärung der Nachrichtenagentur 'Tass‘ kündigte die Bereitschaft der UdSSR an, mit ihm die Frage der Wiedervereinigung zu erörtern (...). Dieser entgegenkommende Ton (...) stellt einen Bruch mit der ursprünglichen sowjetischen Reaktion auf Kohls Plan zur deutschen Wiedervereinigung dar (...). Außenminister Eduard Schewardnadse hatte sogar von der Gefahr der Wiedergeburt des „deutschen Revanchismus“ gesprochen. Seitdem war der Gipfel von Malta gewesen, mit der Versicherung der USA zur „notwendigen Vorsicht“ in Mitteleuropa, sowie die plötzliche Beschleunigung der Dinge in der DDR (...). Unter diesen Bedingungen meint Moskau sicherlich, daß es besser ist zu reden. Wenn auch, wie es Gorbatschow in Malta sagte, „die Geschichte selbst entscheiden wird“.
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