■ Die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer ist gescheitert: Kleinliches Gezerre
Das seit zwei Jahren andauernde Hickhack um die Gewerbekapitalsteuer zeigt, wie handlungsunfähig die hiesigen Parteien sind. Ihr Schicksal bleibt ungewiß, obwohl sich im Prinzip alle seit langem einig sind, daß diese Steuer abgeschafft werden muß. Es leuchtet ein, daß sie die Existenz von Firmen gefährden kann, weil sie unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg gezahlt werden muß. Deshalb wurde diese Steuer im Osten ja auch nicht eingeführt.
Die Bündnisgrünen haben sich am Freitag ausdrücklich für die Abschaffung der Steuer ausgesprochen – und doch dagegen gestimmt. Die SPD ist bereit, auf die Steuer zu verzichten, stellt aber Bedingungen. Dieses Verhalten muß sich die Koalition zum Teil selbst zuschreiben. In Herrschaftsmanier hat sie sich über die Bedenken der Opposition hinweggesetzt, die Gemeindefinanzen vernünftig zu regeln. Erst im November 1996 wurde eine Vorlage eingebracht, die zeigte, daß es keine wirkliche Kompensation für die Kommunen geben soll. Zudem hat die Koalition bis vor kurzem keinen Kabinettsbeschluß zur Gewerbekapitalsteuer hinbekommen. Selbst die eigenen Abgeordneten aus dem Osten hatten sich übergangen gefühlt und für eine Verzögerung gesorgt.
Doch auch die Opposition muß sich Kritik gefallen lassen. Die SPD stimmt allein deswegen gegen die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer, weil sie nicht auf Verhandlungsmasse verzichten will. Im vergangenen Jahr hat sie ihre Entscheidung davon abhängig gemacht, daß die private Vermögensteuer erhalten bleibt. Nun verlangt sie eine Garantie dafür, daß nicht auch noch die Gewerbeertragsteuer abgeschafft wird. Der Öffentlichkeit will sie ihre Ablehnung damit verkaufen, daß sie als Hüterin der Verfassung auftritt. In der Tat ist eine Grundgesetzänderung notwendig, um die Verluste der Gemeinden aus dem Wegfall der Gewerbekapitalsteuer über eine Beteiligung an der Umsatzsteuer kompensieren zu können. Doch dieses Argument ist nur vorgeschoben. Das Gesetz muß erst noch durch den Bundesrat. In der Zwischenzeit ist eine Grundgesetzänderung möglich, wenn es alle Parteien nur wollen.
Die Gewerbekapitalsteuer bringt lediglich vier Milliarden Mark. Die Koalition übertreibt daher, wenn sie ihre Bedeutung für den Arbeitsmarkt herausstellt. Aber wenn den Parteien selbst kleine Schritte mißlingen, wie wollen sie dann erst die großen Reformen bewältigen? Markus Franz
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