piwik no script img

INTERVIEWDie 160 Bio-Höfe sind erst ein kleiner Anfang

■ Interview mit Thomas Zidek, Direktor für biologische Landwirtschaft im tschechischen Agrarministerium

taz: In der tschechischen Teilrepublik soll die Umbruchphase genutzt werden, um eine biologische Landwirtschaft in großem Stil aufzubauen.

Zidek: Ja, wir wollen versuchen, biologischen Anbau auf großen Flächen zu betreiben. Die meisten unserer Staatsfarmen und Kooperativen umfassen Tausende von Hektar. Sie sollen jetzt in kleinere Kooperativen und private Höfe mit Flächen bis zu maximal 1.000 Hektar umgewandelt werden. Dies ist jedoch immer noch relativ viel Land. Ein Teil davon wird schon biologisch bebaut. Wir haben zur Zeit 160 Bio-Höfe, die zwischen 20 und 80 Hektar bewirtschaften.

In der Bundesrepublik produzieren noch nicht einmal ein Prozent aller Höfe biologisch. Trotzdem fürchten Öko-Bauern wie der Euro-Grüne zu Bahringdorf bereits die tschechische Konkurrenz. Ist dies gerechtfertigt?

Nein, nicht wirklich. Einige unserer Bauern hoffen zwar, in die westlichen Länder exportieren zu können, doch vor allem private Betriebe haben noch Mühe, ihre Produkte auf den heimischen Märkten loszuwerden. Denn unsere staatlichen Lebensmittelfabriken besitzen ein Vertriebsmonopol, das erst noch durchbrochen werden muß. Das Problem ist aber nicht der Export, sondern daß unsere Bio-Bauern überhaupt etwas verkaufen können. Deshalb helfen wir, Abnahmeverträge mit Schulen, Hotels und Krankenhäusern zu vermitteln. Außerdem bauen wir gerade mit Staatshilfe ein Vermarktungssystem für Nordböhmen auf, wo die ökologische Situation dramatisch ist. Dadurch sollen vor allem Mütter und Kinder mit gesunden Nahrungsmitteln versorgt werden. Zudem sind unsere Bauern erst dabei, auf biologische Landwirtschaft umzustellen. Vor 1993 werden sie nicht in der Lage sein, Bio-Etiketten für ihre Produkte zu bekommen. Deswegen erwarte ich auch nicht, daß in den nächsten vier bis fünf Jahren nennenswerte Exporte in die Nachbarländer gehen. Danach allerdings könnte der Westen durchaus mit etwas Konkurrenz rechnen.

Wie wollen Sie denn das Problem des Absatzes für ihre massenhaft produzierten Bio-Produkte lösen? Das Einkommen der tschechischen Bevölkerung sinkt, die Leute werden sich also diese teureren Lebensmittel gar nicht leisten können.

Es ist schwierig vorherzusagen, wie sich das Preisverhältnis zwischen normalen und Bio-Lebensmitteln entwickeln wird. Denn unsere konventionellen Farmen geben viel Geld für teure Pflanzenschutz- und Düngemittel aus. Deswegen denke ich, daß bei bestimmten Produkten wie Weizen, Milch und Fleisch die organische Landwirtschaft im Vorteil sein wird, weil ihre Investitionen niedriger sind. Sie setzt statt dessen billige Arbeitskräfte ein. Außerdem versuchen wir durch Direktvermarktung die Preise niedrig zu halten. Interview: Michael Bullard

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen