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Dialogwerkstatt zum Tempelhofer FeldMehrheit gegen Randbebauung

Das Votum der Dialogwerkstatt ist eindeutig: Die Mehrheit ist gegen die Randbebauung des Tempelhofer Felds. Die Koalition bleibt bei ihren Plänen.

Noch ist der Blick auf den Sonnenuntergang auf dem Tempelhofer Feld frei. Geht es nach dem Senat, stehen da bald Baukräne Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | Die Teil­neh­me­r*in­nen der zweiten Dialogwerkstatt zur Zukunft des Tempelhofer Feldes lehnen die Randbebauung mehrheitlich ab. In ihren Empfehlungen sprachen sie sich erneut für eine Weiterentwicklung des ehemaligen Flughafengeländes als Naherholungsgebiet aus, etwa mit Sport-, Kultur- und Bildungsangeboten.

Die erste Dialogwerkstatt war Anfang September zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Insgesamt nehmen 275 unabhängig ausgeloste Ber­li­ne­r*in­nen unterschiedlicher Herkunft an dem Bürgerbeteiligungsformat teil. Ihre Empfehlungen fließen in einen internationalen Ideenwettbewerb zum Tempelhofer Feld ein.

Die Opposition kritisierte den Beteiligungsprozess als Farce. Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linksfraktion, forderte den Senat dazu auf, den Ideenwettbewerb abzusagen. Dass der Senat das Verfahren weiterführe, zeuge von erheblicher Realitätsverweigerung und zeige, wie sehr SPD und CDU den Profiten der Baulobby verpflichtet seien.

Ähnlich der Umweltverband BUND. Die „von Ideologie getriebenen Bebauungspläne“ gehörten endgültig eingestampft, sagte Geschäftsführer Tilmann Heuser angesichts des eindeutigen Votums der Werkstatt-Teilnehmer*innen. „Jetzt noch weiteres Geld in einen Bebauungswettbewerb zu versenken, wäre nicht nur eine mehrfache eindeutige Missachtung des Bürgerwillens, sondern auch angesichts der Berliner Haushaltsnot verantwortungslos.“

Koalition plant „behutsame Randbebauung“

Grünen-Fraktionschef Werner Graf verwies zudem darauf, dass die Bebauung des Feldes Berlins Wohnungsmarktprobleme nicht lösen werde. Der Senat versuche, mit der Diskussion um das Feld davon abzulenken, dass er mit seinen laufenden Bauvorhaben nicht vorankomme und die Neubauziele verfehle, so Graf.

Die schwarz-rote Koalition hatte 2023 im Koalitionsvertrag angekündigt, „die Möglichkeiten einer behutsamen Randbebauung“ des Tempelhofer Feldes ausloten zu wollen. Die Stimmung dazu habe sich in der Stadt geändert, betonte Senatschef Kai Wegner (CDU) immer wieder. In Umfragen spricht sich eine Mehrheit der Ber­li­ne­r*in­nen für eine Bebauung aus, anders als vor zehn Jahren. Damals hatte ein Volksentscheid das Feld freigehalten.

Die Koalition argumentiert, dass durch die Randbebauung rund 5.000 Wohnungen in Berlin entstehen könnten. Die Stadt verfügt allerdings auch ohne das Gelände des früheren Flughafens über Platz für Wohnungen. Rund 249.000 davon wären möglich, das zeigt der Stadtentwicklungsplan Wohnen des Senats. Sein eigenes Ziel von 6.500 öffentlich gebauten Wohnungen pro Jahr verfehlt der Senat derzeit deutlich, 2023 waren es nur 4.348.

Die Empfehlungen der Dialogwerkstätten haben faktisch erst einmal keine großen Konsequenzen, sie fließen lediglich in den internationalen Ideenwettbewerb zum Tempelhofer Feld ein, der im November starten soll. Im Sommer 2025 soll eine Jury über die Vorschläge abstimmen, auch aus den Dialogwerkstätten werden Teil­neh­me­r*in­nen entsandt.

Ergebnisse sind nicht bindend

Die Ergebnisse des gesamten Beteiligungsprozesses sind für die Politik ohnehin nicht bindend. Die Bebauung des Feldes kann eine einfache Mehrheit des Abgeordnetenhauses möglich machen, wenn diese das Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes ändern möchte.

Christian Gräff, der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, sieht den Ergebnissen der Dialogwerkstätten gelassen entgegen. „Es ging dabei nicht um die Frage, ob gebaut wird, sondern darum, was“, sagte Gräff am Montag zur taz.

Es gelte weiterhin der Koalitionsvertrag, der die Randbebauung vorsieht. Man wolle sich außerdem nicht auf die Empfehlungen einer kleinen Gruppe verlassen, sondern im Zweifel eher noch mal alle Ber­li­ne­r*in­nen befragen, so Gräff.

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16 Kommentare

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  • 1.000000qm Bürofläche stehen in Berlin leer! Ja, kaum zu glauben, nicht wahr. Ist es nicht möglich diese Flächen umzunutzen? Ich denke es wäre kostengünstiger, da die Infrastruktur vorhanden. Baumaterial ist wahnsinnig teuer geworden. Und besser fürs Klima wäre es allemal! Berlin wird mit seinen vorhandenen Baustellen nicht fertig. Das Tempelhoferfeld soll aber unbedingt bebaut werden und man ahnt für wen. Noch schlimmer ist es, dass es die Regierung nicht interessiert, was die Bevölkerung braucht und möchte - es gab eine Volksabstimmung! die klar besagte: Keine Bebauung. Die Regierung interessiert sich nicht für die Volksstimme, die Regierung traut dem Volk nicht (DSA und andere Maßnahmen der Kontrolle und Zensur). Wie kommen "die da oben" dazu, zu erwarten, dass das Volk ihnen trauen sollte und sie ernst nehmen sollte???

  • Leider haben auch die Grünen und die Linke seinerzeit mächtig beim Neubau gebremst, aus den verschiedensten Gründen. Dass etwa 100.000 laut Studie in Berlin prekär lebten, hat sie nicht interessiert. Die sollten offenbar aus der Stadt verschwinden. Und wenn es genügend Platz für den Neubau gibt, warum haben sie dort nicht bauen lassen? Und lasst mich raten: Die Leute, die im Forum gegen eine Teilbebauung waren, haben alle eine Wohnung.

    • @Ray No:

      Nicht nur das: am Abend des Volksentscheides knallten bei den Maklern in Neukölln und Tempelhof die Korken. Unter dem Verweis auf die ach so tolle, ach so einzigartige "Freifläche" in der Nähe kann man nämlich hohe Mieten für die Wohnungen rund ums Feld verlangen.

  • Dialog, Dilaog-Box, etc. die Namen für die Einbindung von Bürgern bei Bauprojekten sind vielfältig.



    Sie sind meist Brotsamen, die Bürgern hingeworfen werden, damit die privaten Interessen der Investoren nicht gefährdet werden.



    Private Bauträger und Architekten stecken schon lange vor den Bürger-Foren Claims für die Randbebauung des Temelhofer Feldes ab.



    Die dabei verwendete Sprache ist verräterisch.



    Hier ein Beispiel für diese Architektenprosa aus einem Architektenwettbewerb für die Randbebaunung mit einem Hochhaus in der Worte wie raumhaltige Grenze, Mobility Hubs und Diversität pseudocool daherkommen, um zu verbergen, dass sich dahinter die maximale Profitorientierung verbirgt, die nicht einmal Bezug nimmt zu den Problemen derjenigen, die durch die entstehende Aufwertung und Spekulation in Tempelhof, Neukölln und Kreuzberg betroffen sind.

    Zitat

    "Der private nach außen gerichtete Raum wird nicht als Luxus, sondern als Notwendigkeit gesehen" preist der Text das zu entstehende Hochhaus und verbirgt, dass Gewerbefächen hinter den Wohnungen zum Temelhofer Feld das eigentlliche Geschäft sind.

    www.bda-bund.de/aw...of-feld-in-berlin/

    • @Lindenberg:

      Die Aufwertung und Verdrängung wird durch das Feld massiv befeuert!

      Was meinen Sie denn, was sich besser verkauft und höher vermieten lässt? Eine Wohnung irgendwo in Neukölln oder eine Wohnung in der Nähe einer "einzigartigen" "Freifläche"?

  • "Die Stadt verfügt allerdings auch ohne das Gelände des früheren Flughafens über Platz für Wohnungen. Rund 249.000 davon wären möglich"

    Und warum sollte das gegen 5.000 weitere (10.000, wenn man doppelt so hoch baut) Wohnungen sprechen? Jede Wohnung auf dem Markt dämpft den Preisdruck.

    Im übrigen: sehr manipulative Überschrift. Man liest's und denkt, es ginge hier um die Mehrheit der Berliner. Dabei dürfte sich die öffentliche Meinung mittlerweile mehrheitlich geändert haben. Das schwant offenkundig auch den konservativen Bebauungsgegnern.

    • @Suryo:

      die vollständige (!) überschrift lautet:

      "Dialogwerkstatt zum Tempelhofer Feld – Mehrheit gegen Randbebauung"

      um hier manipulatives vorgehen unterstellen zu können, bedarf es schon einer ausgeprägten phantasie. oder aber einer gezielten auslassung.

    • @Suryo:

      "Jede Wohnung auf dem Markt dämpft den Preisdruck."

      es wäre so schön einfach, entspricht aber leider nicht der wirklichkeit, sondern ist ausdruck eines wunschdenkens ohne empirische basis.

      auch in hamburg, wo es in den vergangenen 15 jahren durchgängig hohe erstellungszahlen gegeben hat, steigen die mieten weiter. um eine stagnation der wohnkosten oder gar eine reduktion herbeizuführen, müsste ein enormer angebotsüberhang errichtet werden, der sich u.a. aus logistischen, infrastrukturellen und finanzierungstechnischen gründen nicht realisieren läßt und an dessen erstellung sich die private immobilienwirtschaft nicht beteiligen würde, da sie dadurch ihre profitraten massiv beschädigt sähe.

      ein guter überblick über die datenlage und eine einigermaßen nachvollziehbare einordnung der problematik findet sich hier: www.zeit.de/wirtsc...hland-grossstaedte

      • @Pflasterstrand:

        Ach so, na dann lassen wir’s eben.

        Selbst bei niedrigen Mieten bräuchte man aber doch mehr Wohnungen.

        • @Suryo:

          "Ach so, na dann lassen wir’s eben."



          das haben Sie gesagt, aber mir in den mund gelegt. ich habe auch an keiner stelle bestritten, dass es in berlin mehr wohnungsbau braucht. ich habe darauf hingewiesen, dass es den von Ihnen behaupteten "trickle-down-effekt" so nicht gibt. das ist etwas anderes.

          durch plumpes "bauen, bauen, bauen" läßt sich die krise bezahlbaren wohnens nicht lösen. es muss sichergestellt werden, dass dauerhaft bezahlbarer wohnraum entsteht. das läßt sich angesichts von hohen zinsen, hohen baukosten und hohen bodenwerten momentan nur durch eine ausweitung der öffentlichen förderung bewerkstelligen. und die sollte an gemeinwohlorientierte bauträger gehen, deren ziel es ist, häuser dauerhaft zu kosten- und nicht zu profitmieten zu bewirtschaften. sonst entstehen nämlich nur teure wohnungen und die braucht nur derjenige, der damit reicher wird.

      • @Pflasterstrand:

        Ich finde ohnehin sehr interessant, wie speziell beim Wohnungsbau so getan wird, als würden nicht innerhalb der nächsten Jahrzehnte die Außentemperaturen in Deutschlands Innenstädten regelmäßig die 50°C im Schatten reißen.

        Für Köln liegen Daten vor: um die Innentemperaturen nicht mittelfristig regelmäßig in den tödlichen Bereich steigen zu lassen, wäre ein Abriss von rund 1/3 der Innenstadtbebauung notwendig.

        Wie sieht es für Berlin aus? Wieviele der "Rund 249.000" neubaubaren Wohungen wären in Wirklichkeit Todesfallen für Alte und chronisch Kranke?

        • @Ajuga:

          Okay: würden Sie also wegziehen aus Berlin und Ihre Wohnung zum Abriss freigeben?

          Oder sind es irgendwie doch bitteschön immer die anderen, die Verzicht üben sollen?

  • Hach ist das schön !



    Man fordert die Bürger auf mitzuwirken, mitzugestalten.



    Man ist ja schließlich Bürgernah.



    Eine Demokratie quasi.

    Dann scheißt man d'rauf.



    Entweder weil nicht die erhofften Ergebnisse raus kamen oder des Bürgers Wille dem der Obrigkeit zuwider läuft.

    Augenwischerei.

    Ganz CDU - wie sie leibt und lebt.

    • @Bolzkopf:

      auch nicht das erste mal in Berlin. Es gab mal eine Bürgerbefragung zur Benennung des Lehrter Bahnhofs.



      Dort wollte eine Mehrheit, dass der Name bleibt. Aber Politik und Bahn wollten unbedingt Hauptbahnhof und deshalb hängt jetzt beim S-Bahnteil im Bahnhof Lehrter Bahnhof drunter.



      ausserdem ist die Politik nicht einmal willens und in der Lage im Quartier rund um den alten Lehrter Güterbahnhof die vom Bauherr zugesagten und jetzt abgesagten Sozialwohnungen einzufordern.



      Den Druck auf den Wohnungsmarkt würden aber die Luxuswohnungen die am Tempelhofer Feld entstehen nicht nehmen. Und das steht ja wohl auch zu befürchten.

    • @Bolzkopf:

      Die andere Seite macht's doch genauso. Vor Jahren einen Volksentscheid durchsetzen, um sich den Freizeitpark zu sichern, und jetzt so tun, als habe das Votum von damals Ewigkeitsgarantie und könne und dürfe auch durch das gewählte Parlament niemals geändert werden.

  • Es gibt ein gutes Buch über diese Verfahrensweise: Strategische Einbindung. Es ist wichtig weiter kritisch zu bleiben

    .www.edition-av.de/...he_einbindung.html