Deutschlands ängstliche Kinder: Niedriglohn-Karrieren gefürchtet

Nirgends blickt der Nachwuchs ängstlicher in die Zukunft als in Deutschland. Laut eines Unicef-Berichts fürchtet sich jedes vierte deutsche Kind vor der Zukunft.

Sprösslinge von Alleinerziehenden sind überdurchschnittlich oft von Armut betroffen. Bild: dpa

BERLIN tazWer heute in Deutschland aufwächst, hat zwar vergleichsweise gute Entwicklungschancen, macht sich jedoch überdurchschnittlich große Sorgen um seine berufliche Zukunft. Dies ist eines der Ergebnisse des zweiten Unicef-Berichts zur Lage von Kindern in 21 Industrieländern, die am Donnerstag vorgestellt wurde.

Regine Stachelhaus, die Geschäftsführerin von Unicef Deutschland, sagte: "Die Jugendlichen in Deutschland sehen heute ihre Zukunftsperspektive deutlich pessimistischer als ihre Altersgenossen in allen anderen Industrieländern." Laut der Studie erwarten knapp 25 Prozent der Heranwachsenden, "dass sie nach Beendigung der Schule und der Ausbildung nur Arbeiten mit niedriger Qualifikation ausüben werden". Damit liegt Deutschland auf dem 21. und letzten Platz der untersuchten Staaten.

Aus Sicht des Co-Autors der Studie, Hans Bertram, ist diese schlechte Selbsteinschätzung "eigentlich überraschend". Im internationalen Vergleich, der sechs Lebensbereiche umfasst, kommt Deutschland bei der neuen Studie insgesamt auf Platz 8. Bei der ersten Vergleichsstudie 2007 lag die Bundesrepublik auf Platz 11. Politik, Öffentlichkeit und Medien müssten sich daher fragen, "ob wir Leistungserwartungen in die Kinder projizieren, die sie gar nicht erfüllen können", so der Soziologe von der Humboldt-Universität in Berlin.

Ein großes Problem ist aus Sicht der Studien-Macher, dass Sprösslinge von Alleinerziehenden überdurchschnittlich oft von Armut betroffen sind: "Von rund 2 Millionen Kindern und Jugendlichen, die mit nur einem Elternteil aufwachsen, müssen 34 Prozent oder fast 700.000 Kinder mit weniger als 60 Prozent des Äquivalenzeinkommens auskommen", so die Studie. Rund 350.000 Kinder verfügten sogar nur über weniger als 50 Prozent des statistischen Durchschnittseinkommens.

Familienministerin Kristina Köhler (CDU), die bei der Studien-Vorstellung einen ihrer ersten öffentlichen Auftritte im neuen Amt absolvierte, urteilte: "Das Fehlen eines Elternteils darf kein Armutsrisiko sein." Deshalb wolle sie das Beantragen des gesetzlichen Kinderzuschlags "unbürokratischer machen". Zudem bewahre die jüngste Erhöhung des Kindergelds zu Jahresbeginn "zusätzliche 130.000 Kinder vor Armut". Mit Blick auf jüngste Warnungen von Kommunen, die Wirtschaftskrise mache es unmöglich, den gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige bis 2013 umzusetzen, sagte Köhler: "An dem Anspruch wird nicht gerüttelt."

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