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„Deutschlandfest“ der SPDWer braucht schon junge Wähler?

Peer Steinbrück kommt, Roland Kaiser auch, die Jusos sind nun doch dabei, ebenso die Prinzen. Die SPD feiert streng unpolitisch ihr „Deutschlandfest“.

Weilt am Samstag ganz zufällig am Brandenburger Tor: Peer Steinbrück. Bild: dpa

BERLIN taz | Neeeein, das „Deutschlandfest“ der SPD an diesem Wochenende ist keine Wahlveranstaltung. Das kann es ja gar nicht sein, denn für Wahlveranstaltungen wird der Platz am Brandenburger Tor grundsätzlich nicht freigegeben. Man erinnere sich nur an Barack Obama, der 2008 wegen Wahlkampf-Verdachts zweieinhalb Kilometer weiter bis zur Siegessäule verbannt wurde.

Deshalb ist das „Deutschlandfest“ – man hört es schon am Namen – einfach nur so ein Fest, bei dem „Deutschland“ den 150. Geburtstag der guten alten Tante SPD Geburtstag feiert. Hoch soll sie leben, Kuchen soll sie geben! Und außerdem, na gut, gibts auch noch Bier, Bratwurst und ein bisschen Musik.

Zu Gehör wird den Geburtstagsgästen allerlei Erwartbares gebracht. Wer halt so kommt zur Feier einer betagten Jubilarin: die Jule Neigel (die inzwischen Julia heißt), die lustigen Prinzen aus Leipzig und die unvermeidliche Nena. Also bitte, wird man sich im Willy-Brandt-Haus gedacht haben, wer braucht schon junge Wähler?!

Die Umbaupause gegen 16 Uhr nutzt der Kanzlerkandidat der SPD für eine Rede. Nein, Wahlkampf ist das nicht, das wäre ja hier nicht erlaubt. Aber Peer Steinbrück hatte am Samstagnachmittag vermutlich noch nichts vor und war eh in der Gegend. Außerdem gibt sein Auftritt vor dem Brandenburger Tor schöne Bilder fürs private Fotoalbum.

Zwei Millionen Euro kostet die Sozialdemokraten die zweitägige Sause in Berlin, „weniger als ein dreitägiger Parteitag“, erklärt SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks. Und auch die vorausgegangene Kritik der Berliner Jusos am martialischen Namen „Deutschlandfest“ sei verstummt, sagt sie. „Die Jusos nehmen völlig freiwillig teil.“ Das hört man doch gern.

Und wenn am Sonntagvormittag der beliebte Schlagerinterpret Roland Kaiser die Herzen im Dreivierteltakt schlagen lässt, hat Peer Steinbrück noch eine Verabredung. Gemeinsam mit Ehefrau Gertrud liest er im Lesezelt den hoffentlich zahlreich erscheinenden Kindern und Journalisten aus „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“ vor. Wie gesagt, Wahlkampf ist das nicht. Nur so ein Fest.

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25 Kommentare

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  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    Also, wenn man an Lügen, Betrügen, Korruption, u.a. systemrationale Symptomatik dieser Gesellschaft im nun "freiheitlich-demokratischen" Wettbewerb denkt, dann wird doch ziemlich klar, daß der Faschismus (die gepflegte Glaubens- und Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein") auch nach dem "Tausendjährigem Reich" noch längst nicht am Ende ist - ausserdem ist es den "Treuhändern" der "Demokratie" offensichtlich doch absolut recht, wenn es Sündenböcke gibt die das konfusionierte wie spaltende Chaos in den Köpfen der "braven Bürger" aufrecht erhalten!?

    • @688 (Profil gelöscht):

      Ja, alles ganz furchtbar in Deutschland. Überall sonst auf der Erde ist es natürlich viel besser. Nicht nur in Europa, sondern erst recht in Russland, Asien, Amerika und Afrika...

       

      Mensch, klar ist auch hier nicht alles 1A im Lack. Aber dennoch darf man zwischen aller eifrig einstudierten Systemkritik ruhig mal ein "Deutschlandfest" feiern, ohne gleich bei Holger Apfel in Meck-Pomm unterschrieben zu müssen. Oder?

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @Viccy:

        Mannoman, du scheinst ja schon sehr viel bewußtseinsbetäubendes (gewissensbelastendes?) für die Gesellschaft geleistet zu haben um Dankbarkeit zu bezeugen!?

         

        Mensch, wenn ich deine systemrationalen Argumentationen hier so lese, dann ist das nicht sehr weit entfernt vom herkömmlich-gewohnten "Rübe ab"!?

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @688 (Profil gelöscht):

      das habe ich bezüglich "Deutschlandfest" von Viccy geschrieben.

  • M
    Müde

    Tiefgreifende politische Analyse, taz. Fakten wären schön gewesen. Hätte vielleicht aber zu etwas weniger Die-Sozi-sind-eh-blöd-Reflexen bei der mittlerweile doch eher in die kleinbürgerliche Motzecke geneigten Leserschaft geführt. Also schon ok so ...

  • J
    Jan

    Was für ein schlechter Artikel. Die Autorin war offensichtlich nicht vor Ort. Über 300 000 Menschen vor Ort, wann hat das je eine demokratische Partei in D. geschafft? Bunt gemischt, von Jung bis alt. Passte aber nicht in die These, deshalb lieber eigene Vorurteile pflegen. Ehrlich gesagt: selbstreflektive Texte wie dieser, die wohl eher einem persönlichen Wahlkampfgehabe der "Journalistin" entsprechen als zumindest dem Versuch einer objektiven Berichterststtung, haben in mir heute den Entschluss reifen lassen, nächste Woche mein taz-Abo zu kündigen. Für so nen Blödsinn Zahl ich doch ehrlich gesagt kein Geld mehr. Sollte sich die taz dazu entscheiden, ihre Leute wieder an die Orte zu schicken, über die schreibt, konnte ich mir das ja noch einmal überlegen. Das hier ist,lieber tazler ist aber der journalistische Oberfail de luxe. Omg...

  • Wer braucht schon die SPD?

     

    Eine teure Abschiedsveranstaltung.

  • Wer beim Namen "Deutschlandfest" gleich die Hohlbratzen der NPD riecht, der sollte vielleicht mal zum Neurologen und die Geruchsnerven checken lassen.

  • B
    BeiDerWahrheitBleiben

    Um einen ganzen Artikel auf einer falschen These aufzubauen, muss man natürlich verschweigen, dass auch Künstler wie Hip Hop Academy, Poetry Slam, Flying Steps, Acoustica, Luxuslärm, Urbanatix, Glasperlenspiel, Flo Mega & The Ruffcats, Samy Deluxe als Herr Sorge, Fools Garden, Stefanie Heinzmann und Dick Brave & The Backbeats auftreten. Journalistisch nicht nur unsauber, sondern unschön!

    • @BeiDerWahrheitBleiben:

      Vielen Dank für den Hinweis.

       

      Nun würde man sich eine Reaktion von Frau Anja Maier wünschen, mit der sie die fehlende Erwähnung all der anderen Künstler erklärt.

       

      Wirklich sehr unschön! Vielen Dank für den Kommentar!

      • @Viccy:

        "Wann wir schreiten Seit an Seit".

        Das Projekt "schwatz/grün" der taz kommt voran. Seit an Seit.

        • @lichtgestalt:

          Irgendwie bezeichnend, dass Frau Maier sich keine zwei Minuten Zeit genommen hat, die Leserschaft aufzuklären.

  • Wer braucht schon die SPD?

     

    Deshalb wohl eher eine Abschiedsveranstaltung.

  • H
    Hafize

    Ja, sehr gut, wir feiern dann ein Fest und halten eine Rede - wer wird sich darüber noch in seiner politischen Einstellung ändern? Niemand. Das weiß auch die SPD, insofern ist es dieses Mal zutreffend, dass dieses Fest nur ein Fest ist. Seltsam nur mutet der Name an Deutschlandfest, das riecht nach Sarrazin und NPD, aber wenn die Berliner Jusos das freigeben - dann kann es nicht so schlimm sein ...

  • Das zeigt, wie dringend die SPD eine inhaltliche und personelle Erneuerung benötigt. Hoffnung besteht allenfalls in den Ländern: Dort hat die SPD auch Wahlen gewonnen und die scheinbar unbezwingbare Merkel-CDU zurückgeschlagen.

    • @Perdita Durango:

      Ja,Das klappt aber nur solange biss die verbliebenen SPD Wähler auch gemerkt haben wen Sie Ihre Stimme geben ( Hoffendlich noch vor Der Wahl )Nehmlich den Genossen Der Bosse. Diese SPDler werden auch Der Seeheimer Kreis genannt, und das Die EX. Kanzler Schröder anhänger mit SOZIALER-POLITIK nichts am Hut haben ist wohl hinreichend bekannt.

  • RS
    Reinhold Schramm

    Ungeschminkt.

     

    Die SPD-Führung bereitet weiterhin den Nährboden für den modifizierten Kapital-Faschismus vor.

     

    Unter anderem mit ihrer Agenda 2010 und ihren Hartz-IV-Strafmaßnahmen gegen Arbeitslose, hat die spezialliberale und rechtssozialdemokratische Führung der SPD, die spätbürgerlichen Kapitalparteien: CDU-CSU und FDP bis NPD, mit ihrer unsozialen und kapitalfaschistischen SPD-(A)Sozialpolitik und Gesellschaftspolitik, - im ausschließlichen Verwertungsinteresse des deutschen Finanz- und Monopolkapitals, der deutschen Finanz- und Monopolbourgeoisie, der DAX-Aktiengesellschaften und Großaktionäre -, weit übertroffen.

  • M
    Mathias

    "Toller" Kommentar. Schade wie ihr bewußt nur die Gäste nennt, die eurem Bild einer veralteten Partei entsprechen.

     

    Ihr hättet ja auch z.B. Dick Brave oder Sammy Deluxe erwähnen können.

     

    Aber dann hätte die Gefahr eines objektiven Artikels bestanden und Frau Maier hätte nicht so eine "schöne Klatsche" vergeben können.

     

    Eigentlich bin ich von der TAZ anspruchsvollere Berichterstattung gewohnt.

     

    Auf das es ein Ausrutscher bleibt :(

  • PS, an die Techniker: Die neue Seite geht echt mal gar nicht! Ohne Java funktionierts nicht, und selbst 100mal aktualisieren zeigt Posts nicht an, was zu Doppelpostings führt.

     

    Ich war ja zunächst durchaus aufgeschlossen und hab der Seite eine längere Übergangsphase gegönnt, in der ich ihr diese Probleme verziehen habe. Aber so benutze ich sie immer weniger, weil ich jedesmal nur genervt bin.

  • Nichts, was die SPD tut, kann man im engeren Sinne als "Wahlkampf" werten, vielmehr ist es die geordnete Abwicklung einer Organisation, die sich selbst überlebt hat, weil die Menschen ihr nicht mehr abnehmen, was sie immer behauptet, aber nie auch nur versucht hat: eine soziale Kraft zu sein.

    Egal ob Steinbrück, Sarrazin, oder zuletzt in der ZDF Debatte der angeblich "parteilinke" Kurt Beck: Das Personal der SPD hat Schwarzgelb längst rechts überholt - und das nicht etwa, weil Schwarzgelb nach links gerückt ist, wie von manchen Propagandisten gern behauptet wird. Die Chauvinisten und Sozialdarwinisten geben längst den Ton an in der alten SPD.

     

    Einigen wir uns also doch einfach darauf, es nicht "Wahlkampf, sondern "Abschiedstour" zu nennen. Und wenn die Wähler nicht allzu doof sind, wird diese Tour dann auch endlich die letzte...

  • Wenigstens haben sie die Scorpions nicht ausgegraben.

    Nur so als Warnung an Steinbrück:

    Beim Vorlesen von Kindergeschichten sind schon seltsame Dinge geschehen.

  • RW
    reine willkür

    Das ist eine Wahlkampfveranstaltung.

    Warum gelten in diesem Land nicht mehr Recht und Gesetz?!

  • G
    gast

    2 Millionen für ein Parteifest, nicht zu glauben wie Politiker das sauer verdiente Geld der wirklich arbeitenden Bevölkerung verschleudert.

  • S
    Sören

    Nun hat die SPD wirklich eine lange Geschichte, und kann auch auf einen erheblichen Teil dieser Geschichte stolz sein. Vom Einsatz für das Frauen-Wahlrecht im Kaiserreich bis zu den Reformen der sozial-liberalen Koalition, die den Muff der Nachkriegs-Zeit vertrieben haben. Das sie die Gelegenheit im Wahlkampf nutzt, kann man ihr nicht vorwerfen.

     

    Aber die Art ist typisch für den Zustand der SPD im Jahr 2013, angefangen beim lächerlichen Namen bis zu den musikalischen Gästen. Die Partei ist munter wie eine Kaffee-Tafel im Seniorenheim. Der Grund dafür ist recht einfach zu erklären. Die Partei hat schon lange den Anschluss an den Zeitgeist verloren, und ist für jüngere Menschen so interessant wie die "Lindenstraße" in der ARD.

     

    Die Überalterung ihrer Mitglieder ist eine Ursache dafür; wenn der Altersdurchschnitt deutlich über dem der Bevölkerung liegt, kann man diese auch nicht mehr in ihrer Breite abbilden und repräsentieren. Dazu kommen viele "Management"-Fehler, und schon ist man da, wo man jetzt ist.

    • F
      Franziska
      @Sören:

      Ich finde es unglaublich, wie viele hier ihren Senf abgeben, die offensichtlich überhaupt nicht dabei waren. Ich habe ein sehr gelungenes Fest erlebt, bei dem wirklich alle Altersstufen dabei waren. Und vor allen Dingen viele Jusos. Also vielleicht doch nicht Lindenstraße. Informier dich bitte. Aber danke für die einseitige Berichtersattung. Taz lesen lohnt sich auch nicht mehr.