Deutschlandbild in den britischen Medien: Angela und die Wichszwerge
Bei ihrer Berichterstattung über die Neonazi-Terroristen hat die britische Presse mal keinen Schaum vor dem Mund. Der ist für Kanzlerin Merkel und Volker Kauder reserviert.
Die konservative Daily Mail hatte es natürlich sofort gemerkt: "Befehl: Alle EU-Mitglieder müssen Berlins Vorgaben folgen", titelte das Blatt zu den jüngsten Eurokrisen-Äußerungen von Volker Kauder.
Natürlich sind die Gemüter erhitzt, wenn Premier David Cameron seine deutsche Amtskollegin trifft. Der Guardian veröffentlicht seit Tagen Comicstrips des begnadete Karikaturisten Steve Bell, in dem schlumpfblaue Zwerge, die den Regierungschefs der Euro-Staaten verdammt ähnlich sehen, vor Angela "Schneewittchen" Merkel kuschen, Englisch mit deutschem Akzent brabbeln und sich lieber unterm Tisch einen runterholen ("Now zat ve've all had our vanks, ve've ideas about de banks").
Auch die Times haute drauf, den Vogel hatte aber noch vor Kauders leicht überheblichen Sätzen ("Nur den eigenen Vorteil suchen zu wollen? Das kann nicht die Botschaft sein, die wir den Briten durchgehen lassen.") die Sun abgeschossen: Schon am Montag schrieb da Rechtsaußen-Kolumnist Trevor Kavanagh, nicht die Griechen seien Schuld an der unmittelbar bevorstehenden Katastrophe - sondern Deutschland und Frankreich.
Denn Paris habe den Deutschen aufgenötigt, "ihre geliebte Mark für den unseligen Euro einzutauschen". Dafür gab's die Einheit, und Maggie Thatcher hatte es natürlich als einzige durchschaut, so Kavanagh: Sie "warnte davor, dass so Deutschland erreichen würde, was es in zwei Kriegen nicht erreicht hat: Die Herrschaft über Europa". Herrschaften, geht's auch ne Nummer kleiner?
Die Storys über die Neonazis made in Zwickau kommen dagegen ganz ohne hämische Seitenhiebe auf die braune Vergangenheit aus, sondern zeugen, wie die deutsche Berichterstattung, eher von geschockter Ratlosigkeit. Und wer die ganz alte Nummer braucht wird dieser Tage von Guardian bis Mail ebenfalls bedient: Gestern wurden in Shropshire nämlich Postkarten versteigert, die ein gewisser Heinrich Himmler an seine Mama heim ins Reich schickte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?