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Deutschland verdient in der KriseBRIC-Staaten stehen bereit

Europa ist in der Krise. Na und? Exportweltmeister Deutschland sucht sich neue Gefilde und profitiert vom billigen Eurokurs und den boomenden Schwellenländern.

Freudige Abnehmer: Die BRICS-Handelsminister beim Frühjahrstreffen. Bild: Reuters

BERLIN taz | Deutschland hat im vergangenen Jahr so wenig wie seit 20 Jahren nicht mehr in andere EU-Länder exportiert. In den letzten fünf Jahren ist der Export von 64,6 Prozent auf 59,2 Prozent gesunken, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit.

Insgesamt bleibt Deutschland immer noch führender Exporteur in der Europäischen Union. Die Verschiebung der Exporte ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes dadurch bedingt, dass neue Märkte erschlossen wurden, am weltweiten Handel nehmen nun regelmäßig weitaus mehr Staaten teil, als früher.

Deutschland exportiere nun vermehrt in die sogenannten BRIC-Staaten, also nach Brasilien, Russland, Indien und China – bevölkerungsreiche Länder mit schnell wachsenden Märkten. Mechthild Schrooten, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Bremen und Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik sagt: „Dies ist auf jeden Fall ein Anzeichen einer neuen Orientierung und Beispiel einer sehr natürlichen wirtschaftlichen Entwicklung.“

Dabei profitiert Deutschland vom geringen Wert des Euro. Die Euro-Krise hat den Kurs der Währung gedrückt – dadurch sind deutsche Waren günstiger geworden und somit auch beliebt auf dem Weltmarkt. Vor allem in China wächst die Nachfrage nach deutschen Waren: von 2007 bis 2011 ist der Anteil der Exporte von drei Prozent auf sechs Prozent gestiegen.

Exportüberschüsse schaden der Gemeinschaft

Der Anteil der Exporte nach Russland stieg um 0,3 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent, der Anteil Brasiliens um 0,4 Prozentpunkte auf 1,1 Prozent und der Anteil Indiens um 0,2 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent. Allein anhand der prozentualen Zahlen lasse sich allerdings nicht herauslesen, inwieweit der leichte Export-Rückgang in die anderen EU-Länder mit der Euro-Krise zusammenhänge, sagt Mechthild Schrooten.

Während Deutschlands Wirtschaft laut Statistischem Bundesamt mit 0,5 Prozent Wachstum im ersten Quartal dieses Jahres prosperiert, stecken viele andere EU-Staaten in einer Rezession. Wie zum Beispiel Spanien mit minus 0,3 Prozent oder Italien mit minus 0,8 Prozent Wachstum. „Auf Dauer sind Deutschlands Exportüberschüsse sehr ungesund“, so Schrooten mit Blick auf die Europäische Gemeinschaft weiter. Deutschland hatte im Jahr 2011 einen Ausfuhr-Überschuss von 158 Milliarden Euro.

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3 Kommentare

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  • J
    jenny

    Der ganze Schwllenländerhype hängt an der Ent-

     

    wicklung in China.

     

    Wenn dort die Wachstumsraten sich normalisieren u.

     

    die Überinvestitionen in Infrastruktur u. Gebäude

     

    zurückgehen ( Immoblase China ), dann schwindet

     

    auch der Rohstoffhunger u. die Preise für Erz,Öl,

     

    Kupfer etc. werden massiv einbrechen, zumal sehr

     

    viele neue Lagerabbaustätten errichtet wurden mit

     

    Milliardeninvestitionen.

     

    Dieser Preisverfall wird vor allem Brasilien aber

     

    auch Russland, Südafrika u. andere südamerikanische

     

    "Boomländer" massiv treffen ; durch die einseitige

     

    Rohstoffwirtschaft gekoppelt mit hohen Konsumimporten

     

    sind diese Staaten für einen Abschwung prädestiniert,

     

    zunächst abgefedert durch Devisenreserven u. über-

     

    höhte Währungen können dort mittelfristig starke

     

    Verwerfungen auftreten u. das dtsch. "Exportwunder"

     

    steht dann ohne Kunden da !!

     

    Deshalb ist es so wichtig, dass die EURO-Zone bald

     

    wieder ans laufen kommt - mit oder ohne Gr. !

  • R
    Rechenschieber

    Bitte solche Zitate etwas sorgfaeliger hinterfragen und nicht als Tatsache stehenlassen. Die Ueberschuesse sind, gerade in Zeiten steigender Binnennachfrage, begruessenswert, weil sie deutsche Auslandsinvestitionen ermoeglichen. Einzig andere europaeische "Exportnationen", die im Wettbewerb zu Deutschland aufgrund des Euro nun nicht einfach ihre Waehrungen abwerten koennen, um ihre Güter billiger darzustellen, duerften sich beklagen. Mit anderen Worten zeigt der momentane Ueberschuss vor allem, wie viel erfolgreicher Deutschland wirtschaftet als seine Nachbarn/Konkurrenz auf dem Weltmarkt.

     

    Grund fuer ein Bierchen mehr am Vatertag!

  • JZ
    jan z. volens

    Jetzt BRICS mit Suedafrika ! Die Idee war von Lavrov/Russland welcher 2008 mit Brasiliens Celso Amorin darueber gesprochen hatte. Dann haben beide mit den Chinesen gesprochen - welche erst zoegernd waren. Indien - Brasilien - Suedafrika waren schon vorher IBAS Vereinigung - der geopolitische "Sueden". Putin, Hu, Singh fliegen fuer Rio20 nach Brasilien im Junie. Obama und Merkel haben abgesagt. (Pst: Europa ist jetzt nur Handelspartner No. 3 fuer Lateinamerika - nach Nordamerika und Asien. Bye, bye Europe!)