Deutsches Davis-Cup-Team: Kohlschreiber fliegt raus
DTB-Trainer Carsten Arriens schmeißt Philipp Kohlschreiber aus dem Tennis-Nationalteam. Arriens beruft sich auf „teaminterne Gründe“.
FRANKFURT/MAIN dpa | Die Davis-Cup-Karriere von Reizfigur Philipp Kohlschreiber ist wohl für immer zu Ende. Nach 24 Einsätzen in Einzel und Doppel wird der umstrittene Tennisprofi aus Augsburg zumindest unter Teamchef Carsten Arriens nie wieder für Deutschland spielen. „Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich in Zukunft nicht mehr mit ihm plane“, sagte Arriens am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Ausschlaggebend seien „teaminterne Gründe“ und die sich zuletzt häufenden „körperlichen Probleme“ Kohlschreibers gewesen, erklärte Arriens.
Nach wochenlangen Querelen und immer wieder neuen Auseinandersetzungen mit dem streitbaren Profi hatte der Bundestrainer bereits am Wochenende bei der Viertelfinal-Niederlage in Frankreich angedeutet, dass er für Kohlschreiber keine Zukunft mehr sehe. Anfang der Woche teilte er dem Bayern den Entschluss dann auch in einem Telefonat mit.
„Er war zuletzt immer ein Unsicherheitsfaktor und hat immer wieder gesagt, dass der Davis Cup für ihn eine Zusatzbelastung sei“, sagte Arriens. In dem „sehr guten und professionellen“ Telefonat habe er Kohlschreiber nur noch von seinem Entschluss informiert. Die Entscheidung hatte er bereits zuvor gefällt.
Kohlschreiber wollte sich am Donnerstag nach Auskunft seines Managers Stephan Fehske noch nicht zu seinem Rauswurf äußern. Allerdings kündigte eine mögliche Reaktion seines Schützlings für die kommenden Tage an. In einem Interview mit dem ZDF hatte er am Wochenende noch einmal „mangelnde Wertschätzung beklagt“.
Eklat in Frankfurt
Ausschlaggebend für Arriens' künftigen Verzicht auf seine Nummer zwei war Kohlschreibers Verhalten beim Erstrunden-Spiel in Frankfurt gegen Spanien. Dort hatte sich die aktuelle Nummer 25 der Welt ebenso wie Tommy Haas geweigert, am Schlusstag zum bedeutungslosen Einzel anzutreten. Da der verletzte Florian Mayer ebenfalls nicht spielen konnte, bekamen die Zuschauer für ihr Eintrittsgeld nur eine Partie zu sehen.
Dass Kohlschreiber danach den sogenannten Versöhnungstag schwänzen wollte und erst nach vielen öffentlichen Diskussionen nach Frankfurt reiste, stellte ihn weiter ins Abseits. Zum endgültigen Bruch mit Arriens kam es dann bei der Wiedergutmachungsveranstaltung, wo sich beide Seiten wenige Meter voneinander entfernt der Lüge bezichtigten.
Nun geht also eine Nationalteam-Karriere voller Reizpunkte und Reibereien offensichtlich endgültig zu Ende. Immer wieder schaffte es Kohlschreiber, dem deutschen Tennis negative Schlagzeilen zu bescheren und tappte in das eine oder andere Fettnäpfchen.
Am Rauswurf von Arriens-Vorgänger Patrik Kühnen war er nicht unbeteiligt, nachdem Kühnen ihn 2012 nach einem monatelangen Zwist nicht für das Davis-Cup-Abstiegsspiel gegen Australien berücksichtigt hatte. Arriens holte Kohlschreiber für die folgende Partie in Argentinien zurück. In Erinnerung sind auch seine verunglückte Olympia-Absage per Videobotschaft oder sein Streit mit Haas.
Verzicht in Frankreich
Arriens hatte schon bei der 2:3-Niederlage in Frankreich bewusst auf Kohlschreiber verzichtet, obwohl dieser erst noch eine Untersuchung an seinem lädierten Ellenbogen abwarten wollte. Stattdessen hatte der Teamchef in Abwesenheit der ebenfalls verletzten Haas, Mayer und Daniel Brands auf die im Davis Cup unerfahrenen Tobias Kamke, Peter Gojowczyk, Jan-Lennard Struff und Andre Begemann gesetzt. Trotz des Ausscheidens verkaufte sich das Quartett in Nancy sehr gut.
Arriens informierte im Verlauf der Woche auch Mayer und Haas über seine Entscheidung in der Causa Kohlschreiber. Mit Mayer plant der Teamchef auch in Zukunft, für Haas ist die Zeit im Davis Cup dagegen abgelaufen. Angesichts der ständigen Verletzungen des Routiniers sehe er derzeit nicht, dass der 36-Jährige im kommenden Jahr plötzlich wieder vollkommen gesund auf der Tour unterwegs sein wird. „Sollte Tommy plötzlich wieder kerngesund auf dem Platz stehen, ist er natürlich immer ein Thema. Doch ansonsten muss man sagen, ist es einfach auch mal Zeit für jüngere Spieler“, betonte Arriens.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!