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Deutscher überrascht bei French OpenMann für Geduldsspiele

Bei den French Open gelingt dem Deutschen Daniel Altmaier, 26, wieder ein Außenseitererfolg. Das Sandplatzturnier liegt ihm. Seine Ziele sind groß.

Treffsicher: Daniel Altmaier in der ersten Runde gegen den Weltranglisten-Vierten Taylor Fritz Foto: Lindsey Wasson/ap

Wenn das große Sandplatzturnier im Pariser Westen ansteht, haben nicht wenige Profis Angst und gehörigen Respekt vor den stundenlangen Zermürbungskämpfen. Vor Fünf-Satz-Matches, die nicht selten an die körperlichen Grenzen gehen, bis zur völligen Erschöpfung. Daniel Altmaier indes kann es Jahr für Jahr kaum erwarten, gerade hier aufzuschlagen, auf einer der vier Grand-Slam-Bühnen seines Sports. „Ich weiß, dass ich richtig fit bin für die French Open. Ich liebe die langen Spiele“, sagt Altmaier, „es sind immer die größten und schönsten Emotionen in der Saison.“

Am Montag ist dem Deutschen gegen den Weltranglisten-Vierten Taylor Fritz (USA) wahrlich eine große Überraschung gelungen. Wobei der 26-Jährige nach seinem 7:5, 3:6, 6:3, 6:1-Erstrundenerfolg gegen den erstaunlich formschwachen Amerikaner dieser Bewertung nicht folgen wollte. „Ich habe mir das zugetraut. So verblüfft bin ich jetzt nicht.“

Es war nicht der erste Außenseitererfolg für Altmaier an diesem ganz besonderen Schauplatz, der bei ihm stets „Extrakräfte“ freisetzt. 2020 schlug er in der Corona-Herbstauflage der French Open den Italiener Matteo Berrettini mit dem so kraftvollen Aufschlag und rückte anschließend bis ins Achtelfinale vor. In besonderer Erinnerung ist noch Altmaiers Auftritt aus dem Jahr 2023: Im längsten Grand-Slam-Match, das je ein deutscher Tennisprofi unter dem Eiffelturm bestritten hatte, gewann Altmaier in knapp fünfeinhalb Stunden in der zweiten Runde gegen den heutigen Ranglistenersten Jannik Sinner. „Es war ein Sieg, ein Erlebnis, das bis heute für mich nachwirkt“, sagt Altmaier, „es zeigt mir, wozu ich in der Lage bin.“

Altmaiers Karriereweg ist verblüffend für den nationalen Tennisbetrieb, in dem sich viele Akteure in zu eingefahrenen Strukturen und Bahnen bewegen. Schon früh verlegte der Emporkömmling aus dem Rheinland seinen Trainingsschwerpunkt nach Argentinien. Dort stehe die Arbeit noch mehr im Vordergrund, man brauche viel Durchhaltewillen, um sich dort auch im Trainingsbetrieb durchzusetzen. „Da wird dir Tag für Tag nichts geschenkt“, sagt Altmaier, der zuvor einige Jahre – ebenso außergewöhnlich – als Stipendiat des TV-Senders Sky gefördert worden war.

„Ausbalancierter Typ“

Altmaier hat klare Ziele und Ambitionen für seine Laufbahn. Immer schon, nicht erst jetzt rund um die French Open, wo er als Vorhaben formuliert, „spätestens bis zu den nächsten Australian Open“ im Januar 2026 zu den gesetzten Spielern zu gehören. Und längerfristig gedacht will er „irgendwann mal in Reichweite eines Grand-Slam-Sieges“ kommen. Viele Verletzungen, ewige Zwangspausen bremsten ihn unterdessen regelmäßig aus. Aber an seinen Träumen hielt er dennoch unbeirrt fest. Er sagt: „Man muss groß denken, um Großes zu erreichen.“

DTB-Chefcoach Michael Kohlmann jedenfalls traut Altmaier noch einiges zu in näherer und mittlerer Zukunft: „Er hat sehr klare Vorstellungen, wie er sein Tennisleben führen will. Er ist ein sehr ruhiger, ausbalancierter Typ.“ Von großem Vorteil ist gewiss auch, dass er von seinem Trainerteam mit dem ehemaligen Top-Ten-Mann Alberto Mancini (Argentinien) und dem Uruguayer Martin Cuevas perfekte Unterstützung erfährt.

Als deutsche Nummer 2 hat sich Altmaier etabliert. „Wenn Daniel so richtig auf Touren kommt, wird es für jeden da draußen gefährlich“, sagt der ehemalige Tennisprofi ­Boris ­Becker. Altmaier profitiert beim einzigen Sandplatzturnier des Jahres, das über drei Gewinnsätze geht, von seinen Ausdauerqualitäten und von starker Mentalität. „Ich weiß, dass ich in diesen langen Duellen immer eine Chance kriege. Du kannst immer was drehen und wenden“, sagt der Weltranglisten-Sechsundsechzigste, der in Runde zwei nun auf den Tschechen Vit Kopriva trifft.

Beim Deutschen Jan-Lennard Struff läuft es derzeit dagegen überhaupt nicht gut. Auch in Paris konnte der 35-Jährige nicht überzeugen und verlor zum Auftakt gegen den Österreicher Sebastian Ofner. Es war bereits die dreizehnte Saisonniederlage (bei nur vier Siegen). Es droht der Sturz aus den Top 100.

Altmaier, der Mann der Stunde beim Tennisturnier in Paris, schöpft im Übrigen auch beim Angeln Kraft für seine anstrengenden Marathon­einsätze in der Tenniswelt. Beim ­Fischen brauche es genau das, was auch „beinahe zwingend“ Erfolg auf dem Centre Court garantiere: „Ruhe und Geduld.“

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